Название | Psychotische Reaktionen und heiße Luft |
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Автор произведения | Lester Bangs |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783862870028 |
Man könnte auch sagen, um die Fragen zu lieben, muss man auch die Antworten lieben, die das Ende der Liebe beschleunigen, die geliebt wird, um die schreckliche Ungleichheit menschlicher Erfahrungen zu lieben, die liebend gerne sagen, wir stehen über denen, die diese Liebe zu lieben verloren haben, die Liebe, die Freiheit bedeuten könnte, der Zug in die Freiheit, den wir nicht erreichen, lieber winken wir denjenigen generös Adieu, die Opfer ihrer selbst sind. Aber wer bestimmt, dass jemand, der sich selbst zum Opfer gemacht hat, nicht genauso viel uneingeschränktes Mitgefühl verdient, wie das ausgezehrteste Dritte-Welt-Waisenkind in der Anzeige einer New Yorker Zeitschrift? Nein, es ist besser, über ihre Leichen zu schreiten, vielleicht zollt man ihnen damit den Respekt, den sie einst verdient hätten. Da, wo ich lebe, in New York (ich will nicht mehr daraus machen, als es ist, was ziemlich schwierig ist), schreitet jeder, den ich kenne, schmerzfrei über Körper, die sehr gut tot oder im Sterben begriffen sein könnten. Und ich frage mich, welches Konzept eigentlich zum Inhalt hat, dass eine solche Handlung menschlichem Abfall den ultimativen Respekt, den er verdient, erweist.
Natürlich gibt es dafür eine vernünftige Erklärung – was auch sonst –, aber sie steht nur für die Angst gegenüber unserer eigenen Hilflosigkeit angesichts der endlosen Weite des Lebens, wie es wirklich ist: eine Ebene, die sich in die Unendlichkeit jenseits aller Horizonte ausdehnt, die wir gerade erfunden haben. Komm, stirb doch. Während ich dies schreibe, lese ich in der Village Voice Anzeigen von Leuten, die in Manhattan heterosexuelle S&M-Klubs eröffnen, Sachen wie: »S&M ist nur eine andere ebenso gültige Form der Liebe. Warum die Leute das nicht akzeptieren können, verstehen wir nicht.« Da springt man doch lieber aus dem fünften Stock, als so was zu lesen, aber das ist wohl kaum das Ende der Welt; es ist nicht annähernd so schlimm wie die Verletzungen, die überall jeden Tag passieren, die wir so beiläufig als Lebenswahrheiten akzeptieren. Vielleicht läuft es auch darauf hinaus, was man sich tatsächlich aufbürden will. Wenn man sich nur einen Augenblick vorstellt, jedes menschliche Leben sei so zart und wertvoll wie eine Schneeflocke und man sich dann den Penner im Eingang anschaut, dann schmerzt das, man saugt die Probleme all der anderen Arschlöcher wie ein Schwamm auf, bis man sich selbst wie ein Arschloch fühlt, also zieht man angemessene Grenzen. Man hört auf zu fühlen. Aber dann beginnt man zu sterben. Also kämpft man ein bisschen mit sich selbst. Wie viel Horror kann ich tatsächlich zulassen? Vielleicht ist der stumpfste Knirps klüger als jemand, der erlaubt, dass seine Sensibilität ihn dazu bringt, alles zu zerstören, was er berührt – aber, den Hut von Madame George zu lüften, nur um zu erkennen, dass diese Person existiert, seine Wange zu berühren und dann vermutlich zu erlöschen, weil die Feststellung, dass man die Welt mit ihm teilen muss, so ultimativ unerträglich ist, ist nur der erste Schritt. Die Feststellung, dass das Leben so gering ist und so verherrlicht und so unerträglich und so heiß ersehnt. Bitte komm zurück und lass mich allein. Aber wenn wir alle zusammen allein sind, können wir solange wir wollen über die Universalität dieses Abgrunds reden. Es macht keinen Unterschied, der höchste trifft den niedrigsten, um irgendeine verlogene Hilfe zu leisten, UNICEF für Arme, also kratzt man und spuckt und flucht in verzweifelter Resignation vor der klaren Tatsachen, dass man nichts tun kann, außer letztendlich jeden zurückzuweisen, der größere Schmerzen als man selbst hat. In einem solchen Moment ist jeder weitere Atemzug Hochverrat. Deswegen gibt man seine liberalen Beweggründe auf, lässt die leidende Menschheit in noch größerem Elend sterben, als sie es kannten, bevor man des Weges kam. Man hat ihnen Hoffnung geschenkt. Was einen noch bösartiger macht als das skrofulöseste Aas. Bösartiger als die ignoranten Jungs, die Madame George für ein paar Zigaretten nahmen. Weil man das Verbrechen begangen hat zu wissen, und deswegen nicht nur an jemandem vorbei oder über jemanden hinweg gelaufen ist, von dem man wusste, dass er leidet, sondern auch weil man seine Privatsphäre verletzt hat, den letzten Besitz der Besitzlosen.
Derartiges Wissen ist vermutlich das Schlimmste, was einem Menschen (einem glücklichen Menschen) widerfahren kann, es ist also kein Wunder, dass Morrisons Protagonist sich von Madame George abwendet, zum Bahnhof rennt und versucht, so weit wie ihn ein Leben nur bringen kann, vor dem wegzurennen, was er gesehen hat. Und es ist auch kein Wunder, dass Van Morrison nie wieder so nah dran war, dem Leben direkt ins Gesicht zu sehen, kein Wunder, dass er sich auf Tupelo Honey und sogar auf Hard Nose the Highway auf einer ganzen Seite Songs über fallende Blätter zuwandte. In Astral Weeks und »T.B. Sheets« hat er genug für das Leben eines Einzelnen gesehen. Natürlich kann man es schlecht jemandem ankreiden, der diese unglaublich aufwühlende und gleichzeitig erschreckende Gabe von Morrison entgegengenommen hat, dass er sich nicht so furchtbar sehr um Old, Old Woodstock und kleine Sermone wie »You’ve Got to Make It Through This World on Your Own« und »Take It Where You Find It« sorgt.
Auf der anderen Seite sollte man aber darauf hinweisen, dass Verzweiflung, Schmerz und Qual nicht die einzigen Dinge im Leben oder in Astral Weeks sind. Sie sind vielleicht nur die Dinge, die wir am leichtesten erfassen und erklären können, was vermutlich zeigt, auf welcher Ebene sich unsere Seelen befinden. Ich sagte, ich würde die anderen Songs auf diesem Album nicht durch den Versuch, sie zu erklären, reduzieren, und das tue ich auch nicht. Aber das soll nicht heißen, wenn man alles in Betracht zieht, dass eine Nebeneinanderstellung von Dichtern nicht in Ordnung geht.
If I ventured in the slipstream
Between the viaducts of your dreams
Where the mobile steel rims crack
And the ditch and the backroads Stopp
Could you find me
Would you kiss my eyes
And lay me down
In silence easy
To be born again
Van Morrison
Mein Herz aus Seide
so voller Lichter
mit verlorenen Glocken
mit Lilien und Bienen
Ich werde sehr weit reisen
weiter als diese Berge
weiter als die Meere
bis zu den Sternen
um Gott unseren Herren zu bitten
mir die Seele zurückzugeben
die ich hatte als ich ein Kind war,
gereift an Legenden
mit einer gefiederten Mütze
und einem hölzernen Schwert
Frederico Garcia Lorca
Stranded, 1979
Teil Zwei
Blowing It Up
Von Pop und Pies und Fun
Ein Programm zur Befreiung der Massen in Form einer
Stooges-Rezension
Oder: Wer ist der Depp? (1970)
James Taylor: Vom Tod gezeichnet (1971)
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