Humboldts Innovationen. Группа авторов

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Название Humboldts Innovationen
Автор произведения Группа авторов
Жанр Документальная литература
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Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783940621542



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der Jurisprudenz oder der Linguistik. Daher ist es lohnend, auch innerhalb einer Universität den Forscherinnen und Forschern Mut zu machen, nach Innovationen Ausschau zu halten.

      Das Ihnen hier nun vorliegende Buch „Humboldts Innovationen“ mit seinen sehr unterschiedlichen Beispielen aus der Geschichte der Humboldt-Universität belegt dies aufs Nachdrücklichste und eben nicht nur für die Naturwissenschaften oder die Medizin. Faszinierende Geschichten von ehemaligen Studenten und Lehrenden dieser traditionsreichen Universität aus allen möglichen Wissenschaftsfeldern zeigen die verschlungenen Wege, auf denen Forschung Ergebnisse hervorgebracht hat, die schließlich zum Wohle der Gesellschaft bis heute wirken – eben wirkliche Innovationen. Die nicht geplant oder vorhergesehen waren, sondern die sich ergeben haben. Letzteres allerdings ist kein Zufall, sondern das Erkennen einer möglichen Innovation muss geübt, gefördert und – vielleicht – gefordert werden, zum Wohle der Gesellschaft, der Universität, der beteiligten Wissenschaftler und auch als Inspirationsquelle für weitere Forschung. Das Lesen der Geschichten in diesem Buch soll Lust darauf machen einmal praktisch zu denken, wenn pure Wissenschaft gemacht wird, soll anregen nach grundlegenden Fragen Ausschau zu halten, wenn eigentlich gerade Anwendungen ausgearbeitet werden und soll beweisen, dass beides geht.

      Und, natürlich, das Lesen dieses Buches soll auch einfach nur Spaß machen.

      Einleitung

      Innovative Unternehmerpersönlichkeiten an der Humboldt-Universität und ein Alumnitreffen, das so nie stattfinden konnte

      von Daniel Klink / Aexander Schug

      Emil von Behring: „Mir war die Theorie nie genug. Ich wollte mehr wissen und verstehen, um da draußen zu helfen. Haben Sie einmal ein Kind sterben sehen? Als Arzt konnte ich die Hilflosigkeit nicht ertragen. So viele Kinder starben an den Folgen der Diphtherie. Vor meinen Augen. Wir mussten einfach ein Gegenmittel finden und es unter die Menschen bringen, damit dieser Sinnlosigkeit des Sterbens ein Ende gesetzt wird. Heute kann sich das ja glücklicherweise kein Mensch mehr vorstellen.“

      Rudolph Virchow: „Mein lieber Behring, das ging mir ja zeitlebens ganz ähnlich. Die „soziale Frage“ brannte und wir gingen für unsere Überzeugungen auf die Barrikaden. Da braucht man durchaus auch Mut und Durchsetzungsfähigkeit. Das Risiko habe ich mit Freude getragen. Wissen Sie noch als Bismarck mich zum Duell herausforderte? Ja. Das meine ich. Aber wenn man dann sieht, dass die eigenen Ideen zum Bau der ersten kommunalen Krankenhäuser führen, weiß man doch, dass sich die Beharrlichkeit gelohnt hat.“

      Theodor Mommsen: „Wem sagen Sie das? Für verrückt haben sie mich gehalten, als ich meine Idee von der Sammlung aller lateinischen Inschriften bis zum sechsten Jahrhundert in einem internationalen Großprojekt zusammenzutragen vortrug. Und was höre ich? Heute wird noch immer an meiner Sammlung gearbeitet. Das zeigt doch: Wenn Sie die richtigen Menschen für Ihre Unternehmung finden, für Ihre Idee werben, um die nötigen Mittel zusammenzubringen, und wirklich an die Umsetzung glauben, haben Sie gute Chancen, aus der Idee Wirklichkeit werden zu lassen. Innovation nennen das die Leute heute.“

      Wer steckt hinter der Innovation

      Nicht die Idee oder Erfindung allein ist eine Innovation. Entscheidend ist ihre Durchsetzung in gesellschaftliche Realität – in neue Produkte, Dienstleistungen oder auch innovative Werte. Die Durchsetzung als das entscheidende Kriterium für eine Innovation zu sehen, bedeutet gleichsam den Personen dahinter eine besondere Rolle zuzuschreiben. Innovationen brauchen Persönlichkeiten, die in der Lage sind, Ideen Wirklichkeit werden zu lassen, Personen mit eigener Problemlösungsfähigkeit, Risikobereitschaft, Leistungsmotivation, einem starken Realitäts- und Eigensinn, Eigeninitiative, Unabhängigkeitsstreben und natürlich der Kreativität, die erst den Grundstein für die Ideen darstellt. Das schließt eine große Experimentierfreudigkeit und eine überdurchschnittliche Beobachtungsgabe mit ein. Ergänzt werden diese Eigenschaften durch soziale Fähigkeiten:

      Durchsetzungsvermögen, emotionale Stabilität, Einfühlungsvermögen und der Fähigkeit zur Zusammenarbeit in Netzwerken. Die Aufzählung der Eigenschaften innovativer Unternehmerinnen und Unternehmer hört sich natürlich großartig an – und man ist leicht versucht, diesen Typ Mensch zu überhöhen, wenn es nicht auch einige weitere motivationstreibende Faktoren gäbe, die das Superheroenbild wieder durchkreuzen würden. Unabhängigkeitsstreben, Eigensinn, Kreativität sind manchmal auch nur der Ausdruck sozialer Isolation und Außenseitertums. QuerdenkerInnen sind oft auch unbeliebt. Sie durchkreuzen die gängigen Denkformen, Konventionen, Glaubenssätze – all das, was uns Halt zu versprechen gibt. Innovatoren sind demgegenüber jedoch auch Umstürzler, kreative Zerstörer, die gerade durch ihre Opposition zum glatten Mainstream erst erneuernd wirken können.

      Wilhelm Julius Förster: „Unternehmertum und Wissenschaft schließen sich ja nicht aus. Ich war immer der Überzeugung, dass wir Wissenschaftler unser Wissen dem Volk verständlich vermitteln müssen. Warum sollten wir das nicht mit unternehmerischen Mitteln wagen? Mein Freund Werner von Siemens war mir da sicher auch Vorbild, als ich in Berlin die einzigartige Urania gründete. Die Menschen liebten sie und kamen. Sie tun es noch heute. Meine Kollegen fühlten sich da auf den Schlips getreten. Ich sei unwissenschaftlich. Das ist natürlich Unsinn. Diese selbstverliebten Starrköpfe wollen nur nicht zugeben, dass sie sich allzu gern hinter ihrer akademisch-sprachlichen Unverständlichkeit verstecken.“

      Heinrich Barth: „Das ist aber jetzt reichlich übertrieben, mein lieber Kollege Förster, manchem ist diese Gabe nun einmal nicht gegeben. Das hat mit Arroganz nichts zu tun. Ich liebte meine Afrikaexpeditionen und die ausführlichen Dokumentationen waren nun einmal für die wissenschaftliche Exaktheit notwendig. Und als ich mit meinen aufregenden neuen Erfahrungen aus dem afrikanischen Kontinent in diese von sich selbst eingenommene Gesellschaft zurückkam, kämpfte ich gegen Windmühlen, als ich für die Akzeptanz und Würde der afrikanischen Völker eintrat. Manchmal kommen neue Gedanken eben auch zu früh.“

      Stephan Bayer: „Ich finde das wirklich ermutigend. Das Internet ist zwar kein lebensgefährlicher Trip durch die afrikanische Wüste, aber wir betreten mit Sofatutor ja auch Neuland. Ich bin mir sicher, dass unsere Onlinelernplattform vielen Schülern aus ärmeren Schichten helfen wird, günstig ihre schulischen Leistungen zu verbessern. In Zukunft wird die Onlinenachhilfe für mehr Bildungsgerechtigkeit führen. Das ist eine soziale Innovation, wir bei Sofatutor setzen sie unternehmerisch um.“

      Es geht nicht nur ums Geld: Soziale, kulturelle, wissenschaftliche Unternehmungen

      Gemeinhin wird der Begriff der Unternehmerin und des Unternehmers, ebenso der „Innovation“, mit „wirtschaftlicher Schaffenskraft“ assoziiert. Aber wenn wir das Unternehmerische nicht nur auf das Wirtschaftliche und auf monetäres Gewinnstreben in unserer Gesellschaft beziehen, ergibt sich eine neue Perspektive auf das Unternehmertum. Unternehmertum kann als Haltung gegenüber der Gesellschaft verstanden werden, etwas zu wagen, zu verändern, Neuland zu betreten. Der unternehmerische Geist, den wir hier vorstellen wollen, ist getragen von grenzenloser Neugier – und die findet sich in allen Bereichen einer Gesellschaft. Es geht nicht darum, einen Konzern zu gründen, reich zu werden, Tausende von Mitarbeitern zu haben. Es geht um die Lust zu gestalten, die wir auch an der Universität, in Sozialeinrichtungen oder in Kulturbetrieben finden.

      Jürgen Kuttner: „Ich habe zu DDR-Zeiten an der Humboldt-Universität studiert. In Philosophie promoviert über den ,Begriff der Masse in der ideologischen Auseinandersetzung‘. Die Zeit dort hat mich natürlich geprägt. Aber ich bin ein Selbständiger – Freigeist. An der Universität war ich dauerhaft nicht gut aufgehoben. Bei der Gründung der taz-Ost nach dem Fall der Mauer passte das dann alles sehr gut. Geschäftsführer Jürgen Kuttner‘ klang echt spießig und dann ging es los: GmbH gründen, Räume und Telefonanschlüsse besorgen. Man sagt mir nach, ich könne Menschen für Ideen begeistern. Hat ganz gut geklappt, mit zwanzig Mitarbeitern hatten wir bald eine Auflage von 45.000 Exemplaren.“

      Wagniskapital – was die Universität mitgibt

      Am Anfang einer Innovation steht eine Idee. Der Prozess