Die Clique. Mary McCarthy

Читать онлайн.
Название Die Clique
Автор произведения Mary McCarthy
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783869152363



Скачать книгу

und verschwand in der Kammer, und Dottie saß im Sessel und bemühte sich, nicht zu lauschen. Das Buch auf dem Schoß, betrachtete sie eingehend das Zimmer, um mehr über Dick zu erfahren. Zimmer konnten einem eine Menge über einen Menschen erzählen. Dieses hatte ein Oberlicht und ein großes Nordfenster, für ein Männerzimmer war es ungemein ordentlich. Da war ein Zeichenbrett mit einer Arbeit, die sie brennend gern angesehen hätte, da war ein einfacher langer Tisch, der aussah wie ein Bügeltisch, an den Fenstern hingen braune Wollvorhänge, auf dem schmalen Bett lag eine braune Wolldecke. Auf der Kommode stand die gerahmte Fotografie einer blonden, auffallenden Frau mit kurzem strengen Haarschnitt, wahrscheinlich Betty, die Ehefrau. Ein Foto, vermutlich Betty im Badeanzug, sowie einige Aktzeichnungen waren mit Reißzwecken an der Wand befestigt. Dottie hatte das bedrückende Gefühl, dass sie ebenfalls Betty darstellten. Sie hatte sich bisher alle Mühe gegeben, nicht an Liebe zu denken und kühl und unbeteiligt zu bleiben, weil sie wusste, dass Dick es nicht anders haben wollte. Es war rein körperliche Anziehung, hatte sie sich immer wieder vorgesagt, im Bemühen, trotz ihres Herzklopfens kühl und beherrscht zu bleiben, aber jetzt plötzlich, als sie nicht mehr zurück konnte, war es um ihre Kaltblütigkeit geschehen und sie war eifersüchtig. Schlimmer noch, ihr kam sogar der Gedanke, Dick sei vielleicht pervers. Sie schlug das Buch auf ihrem Schoß auf und sah wieder Akte vor sich, signiert von irgendeinem modernen Künstler, von dem sie noch nie gehört hatte. Sie wusste nicht, was sie, nur eine Sekunde später, eigentlich erwartet hatte, aber Dicks Rückkehr erschien ihr im Vergleich weniger schlimm.

      Er kam in kurzen weißen Unterhosen, hatte ein Handtuch mit eingewebtem Hotelnamen in der Hand, schlug die Bettdecke zurück und breitete es über das Laken. Er nahm ihr das Buch fort und legte es auf einen Tisch. Dann sagte er Dottie, sie solle sich auf das Handtuch legen, forderte sie wieder mit freundlicher, dozierender Stimme auf, sich zu entspannen. Während er eine Minute lang, die Hände in die Hüften gestützt, dastand und lächelnd auf sie hinunterblickte, bemühte sie sich, natürlich zu atmen, dachte an ihre gute Figur und rang sich ein zaghaftes Lächeln ab. »Es wird nichts geschehen, was du nicht willst, Baby.« Die sanfte Nachdrücklichkeit, mit der die Worte gesprochen wurden, verrieten ihr, wie angstvoll und misstrauisch sie wohl aussah. »Ich weiß, Dick«, erwiderte sie mit einer kleinen, schwachen, dankbaren Stimme und zwang sich, seinen Namen zum ersten Mal auszusprechen. »Möchtest du eine Zigarette?« Dottie schüttelte den Kopf und ließ ihn auf das Kissen zurückfallen. »Also dann?« – »Ja. Gut.« Als er zum Lichtschalter ging, durchzuckte sie dort unten wieder das erregende Pochen, wie schon im italienischen Restaurant, als er sie gefragt hatte: »Willst du mit mir nach Hause kommen?« und dabei seinen tiefen, verhangenen Blick auf sie heftete. Jetzt drehte er sich um und sah sie, die Hand am Schalter, wieder unverwandt an. Ihre Augen weiteten sich vor Staunen über das merkwürdige Gefühl, das sie an sich wahrnahm, als stünde die Stelle dort im Schutz ihrer Schenkel in Flammen. Sie starrte ihn, Bestätigung suchend, an, sie schluckte. Als Antwort löschte er das Licht und kam, seine Unterhose aufknöpfend, im Dunkeln auf sie zu.

      Diese Wendung versetzte sie einen Augenblick lang in Angst. Sie hatte niemals diesen Teil des männlichen Körpers gesehen, außer an Statuen und einmal mit sechs Jahren, als sie unverhofft Papa in der Badewanne erblickt hatte, doch sie hatte damals den Verdacht, es sei etwas Hässliches, dunkelrot Entzündetes, von borstigen Haaren umgeben. Darum war sie dankbar, dass ihr dieser Anblick erspart wurde. Sie hätte ihn, meinte sie, nicht ertragen können, und hielt, zurückzuckend, den Atem an, als sie den fremden Körper über sich spürte. »Spreiz deine Beine«, befahl er. Gehorsam öffnete sie ihre Schenkel. Seine Hand berührte sie da unten, reibend und streichelnd. Ihre Schenkel öffneten sich immer weiter, und sie gab jetzt schwache stöhnende Laute von sich, fast als wollte sie, dass er aufhöre. Er nahm seine Hand fort, Gott sei Dank, und fummelte einen Augenblick herum. Dann fühlte sie, wie das Ding, vor dem sie sich so fürchtete, in sie eindrang; gleichzeitig verkrampfte sie sich in Abwehr. »Entspann dich«, flüsterte er. »Du bist so weit.« Es war erstaunlich warm und glatt, aber sein Stoßen und Stechen tat fürchterlich weh. »Verdammt«, sagte er, »entspann dich. Du machst es nur schwieriger.« In diesem Augenblick schrie Dottie leise auf, es war ganz in sie eingedrungen. Er hielt ihr den Mund zu, legte ihre Beine um sich und bewegte es in ihr hin und her. Anfangs tat es so weh, dass sie bei jedem Stoß zusammenzuckte und sich ihm zu entwinden suchte, aber das machte ihn anscheinend nur umso entschlossener. Dann, oh Wunder, während sie noch betete, dass es bald vorüber sein möge, fand sie so etwas wie Gefallen daran. Sie begriff, worauf es ankam, auch ihr Körper antwortete jetzt den Bewegungen Dicks, der es langsam und immer wieder in sie hineinstieß und langsam wieder zurückzog, als wiederhole er eine Frage. Ihr Atem ging schneller. Jede neue Berührung, wie das Ritardando eines Geigenbogens, steigerte ihre Lust auf die kommende. Dann plötzlich meinte sie, in einem Anfall von anhaltenden krampfartigen Zuckungen zu vergehen, was sie, kaum war es vorbei, so verlegen machte wie ein Schluckauf. Denn es war, als habe sie den Menschen Dick völlig vergessen. Und er, als hätte er es gemerkt, ließ von ihr ab und presste dann jenes Ding auf ihren Bauch, gegen den es schlug und stieß. Dann zuckte auch er stöhnend zusammen und Dottie fühlte etwas Klebrig-Feuchtes an ihrem Leib herabrinnen.

      Minuten vergingen. Im Zimmer war es ganz still. Durch das Oberlicht konnte Dottie den Mond sehen. Sie lag da, Dicks Last noch immer auf sich. Wahrscheinlich war etwas schiefgegangen – vermutlich ihre Schuld. Sein Gesicht war abgewandt, sodass sie es nicht sehen konnte. Sein Oberkörper quetschte ihr so sehr die Brüste, dass sie kaum Luft bekam. Ihre beiden Körper waren nass, sein kalter Schweiß tropfte auf ihr Gesicht, klebte ihr die Haare an die Schläfen und rann wie ein Bächlein zwischen ihren Brüsten. Es brannte salzig auf ihren Lippen und erinnerte sie trostlos an Tränen. Sie schämte sich der Glücksgefühle, die sie empfunden hatte. Offensichtlich war sie ihm nicht die richtige Partnerin gewesen, sonst würde er irgendetwas sagen. Vielleicht durfte die Frau sich dabei nicht bewegen? »Verdammt«, hatte er gesagt, als er ihr weh tat, in einem so ärgerlichen Ton wie ein Mann, der sagt: »Verdammt, warum können wir nicht pünktlich essen?« oder etwas ähnlich Unromantisches. Hatte etwa ihr Aufschrei alles verdorben? Oder hatte sie am Schluss irgendwie einen Fauxpas begangen? Wenn Bücher doch bloß etwas ausführlicher wären. Krafft-Ebing, den Kay und Helena antiquarisch gekauft hatten und aus dem sie ständig vorlasen, als wäre es besonders komisch, beschrieb nur Scheußlichkeiten, wie Männer es mit Hennen trieben, und erklärte selbst dann nicht, wie es gemacht wurde. Der Gedanke an die Blondine auf der Kommode erfüllte sie mit hoffnungslosem Neid. Wahrscheinlich stellte Dick jetzt gerade schlimme Vergleiche an.

      Sie spürte seinen feuchtwarmen Atem und roch den schalen Alkoholdunst, den er stoßweise verströmte. Im Bett roch es merkwürdig penetrant, sie fürchtete, sie sei daran schuld. Ihr kam der grässliche Gedanke, Dick könnte eingeschlafen sein. Sie machte ein paar zaghafte Bewegungen, um sich von seinem Gewicht zu befreien. Die feuchte Haut ihrer aneinanderklebenden Körper machte ein leise schmatzendes Geräusch, als sie sich von ihm löste, aber es gelang ihr nicht, ihn abzuwälzen. Da wusste sie, dass er schlief. Wahrscheinlich war er müde, sagte sie sich zu seiner Entschuldigung, er hatte ja so dunkle Schatten um die Augen. Aber im Herzen wusste sie, dass er nicht wie ein Zentner Backsteine auf ihr hätte einschlafen dürfen. Es war der endgültige Beweis – sofern es noch eines solchen bedurfte –, dass sie ihm nicht das Geringste bedeutete. Wenn er morgen früh beim Aufwachen entdeckte, dass sie verschwunden war, würde er vermutlich heilfroh sein. Oder vielleicht erinnerte er sich dann nicht einmal, wer bei ihm gewesen war. Sie konnte nicht einschätzen, was er alles getrunken hatte, ehe er sich mit ihr zum Essen traf. Wahrscheinlich war er einfach sternhagelvoll. Es gab für sie nur eine Möglichkeit, sich nicht noch mehr zu vergeben, nämlich sich im Dunkeln anzuziehen und heimlich zu verschwinden. Aber vorher musste sie in dem unbeleuchteten Gang das Badezimmer finden.

      Dick fing an zu schnarchen, die klebrige Flüssigkeit überzog wie eine Kruste ihren Bauch. Sie konnte unmöglich in den Vassar-Club zurückkehren, ohne das vorher abzuwaschen. Dann durchfuhr sie ein Gedanke, der fast schlimmer war als alles andere. Wenn er nun einen Erguss gehabt hätte, während er noch in ihr war? Oder wenn er eins von diesen Gummidingern benutzt hatte und es zerrissen wäre, als sie zuckte, und er darum sich so schnell aus ihr zurückgezogen hatte? Sie wusste vom Hörensagen, dass die Gummidinger reißen oder undicht sein können, dass eine Frau von einem einzigen Tropfen schwanger werden kann. Entschlossen wand und stemmte Dottie sich, um sich endlich zu befreien, bis Dick den Kopf hob und