Gesammelte Werke von Friedrich de la Motte Fouqué. Friedrich de La Motte Fouque

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Название Gesammelte Werke von Friedrich de la Motte Fouqué
Автор произведения Friedrich de La Motte Fouque
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9788027207022



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      Berühre das nicht. unterbrach ihn Alwin. Es tönen zu viele schmerzende Fiebern mit.

      Und dennoch muß ich's, erwiederte Adalbert. Wir kämen ja sonst nimmermehr auf den alten, reinen Ton zusammen. Damals hatten wir Beide Unrecht, und waren Beide Thoren. Du etwas minder als ich, denn in Dir war doch wohl schon die Liebe wach zu Mathilden, deren Bräutigam Du bist, wie ich seit einiger Zeit erfahren habe. Aber was mich bewog, sogleich den irrenden Ritter zu spielen, und keinen andern Ausweg zu kennen, als den Zweikampf, daß kann ich bis diese Stunde noch nicht begreifen.

      Und gerade das gefiel mir an Dir, sagte Alwin.

      Ich habe meine Armwunde; fuhr Adalbert fort, ohne auf seines Freundes Einrede zu hören. Im Uebrigen ist die Sache vorbei, und ich danke dem Ungefähr, welches Dich als meinen Gast hierher geführt hat.

      Wie lebst Du denn jetzt? fragte Alwin.

      Nun, wie man so lebt, erwiederte Adalbert, wenn man Frau und Kinder hat, und seinen Kreis beschlossen um sich her sieht. Als ich hier einzog, war mir's als beträt ich nur die erste Stufe zu einer unermeßlichen Laufbahn, aber nun bin ich vollkommen zufrieden, wenn ich alle Ländereien meines Schwiegervaters vor den umherirrenden Streifparthieen schützen kann.

      Wenn Du nicht früher eine ähnliche Existenz verachtet hättest, sagte Alwin, so könntest Du jetzt eben so gut Mathilden im Arm haben, als eine andre.

      Als mein fürstliches Gänschen hier, wolltest Du wohl eigentlich sagen, rief Adalbert lachend. Nun freilich, es ist dabei nichts zu verkleiden Dir gegenüber, jedoch hast Du, glücklicher Bräutigam, kein Recht, mir Vorwürfe wegen meiner Handlungsweise zu machen, und endlich bin ich auch zum Fürsten gestiegen; immer mehr, als mir Mathilde geben konnte.

      Alwin sah seinem Freunde sehr betrübt in's Auge. Endlich bot er ihm die Hand, und sagte: leb' wohl, mein ehmaliger Heerführer! Leb' wohl, Du herrliche Erscheinung meines Jünglingslebens.

      Sei doch kein Thor, antwortete Adalbert. Du ruhst ein Paar Tage bei mir aus, wir trinken köstlichen Wein zusammen, lachen über den drolligen Papa, den alten Musikhasser – nun freilich, die Cither mußt Du verbergen. Wir reisen durch die Aemter und Gehöffte umher –

      Ich habe keine Freude dran, seufzte Alwin. Laß mich gehn.

      Du thust Dir selbst Unrecht, sagte Adalbert. Wir würden manche vergnügte Stunde feiern. Anselmo ist auch hier.

      Anselmo? fragte Alwin erstaunt. Anselmo? Und was fängt denn er ohne Zither an?

      Er schreibt hier in der Kanzlei, sagte Adalbert, und hat Hoffnung, eine ansehnliche Besitzung in der Nähe zu erwerben. Die alten Pläne von Reisen in den Süden hat er aufgegeben, und läßt sich's nun in Deutschland recht wohl behagen.

      Alwin gewann nicht einmal Freiheit genug, um vom Herzen fortzusprechen, wie sehr ihn dies drücke und schmerze, und wie es ihm in der innersten Seele zuwider sei. Er brachte kahle Entschuldigungen vor, und man schied ganz höflich von einander.

       Inhaltsverzeichnis

      In einem fruchtbaren Thale, von reichen Dörfern umgeben, lag Mathildens Schloß. Alwin blickte von der nächsten Höhe an einem stillen Abende da hinunter. Wie er nun so unmittelbar vor dem Ziel all seiner Wünsche stand, erhob sich's bang und zweifelnd in seinem Busen, und doch auch wieder so treibend, daß er keines Schrittes vor oder rückwärts mächtig war, und sich fest gebannt fühlte, fast wie er's von den Helden wunderlicher Mährchen hatte sagen hören. Zugleich kam ihm der Abend in den Sinn, wo er in sein väterliches Schloß heimgekehrt war, um Alles zerknickt zu finden: Vatergruß und Mutterliebe und Liebeshoffnung. Wenn mir's nun Heute wieder eben so ginge, sagte er zu sich selbst. Auch in diesen Gegenden hat das Kriegsfeuer getobt; warum soll denn eben dies Thal ausgenommen sein? In dem sah' er wieder aufmerksamer hin, und die Gehege standen alle friedlich da, jedes kleine und große Feld ummarkend, von den Schornsteinen zog ein blauer Rauch über die benachbarten Gärten fort, in den Kirchen läutete man eben zur Vesper, die Fenster von Mathilden's Fenster blinkten hell der Abendsonne entgegen. Nein, nein, sagte er laut; sei nicht so bang. Wie es sich anläßt, ist Alles gut gegangen. Und doch, als er die Höhe hinab ritt, scheute er den Gedanken, zuerst an's Schloßthor zu klopfen, und sprengte einen Bedienten zur Meldung voraus. Dieser kam alsbald zurück, und berichtete: die Gräfin sei nicht daheim; doch habe sie Befehle zu Alwin's Empfang hinterlassen, und der Castellan des Schlosses warte mit Ungeduld auf seinen vornehmen Gast. – Sie selbst also nicht auf ihren lieben Gast, sprach Alwin in sich hinein; auf irgend eine Weise muß mir doch Alles fehlgehn.

      Im Schloßhofe stand der Castellan, geputzt, Bücklinge machend, einen Stallknecht beinah nieder rennend, um Alwin's Bügel durchaus mit eigner Hand zu halten. Die gnädige Gräfin wird untröstlich sein, sagte er, indem er den Ankommenden die Treppe hinauf führte, fürwahr untröstlich, daß sie eben jetzt sich in der Stadt zu befinden geruhen.

      Sie hat meine Ankunft noch nicht vermuthet? fragte Alwin.

      Allerdings, gnädiger Herr, antwortete der Castellan, allerdings, und es sind mir die bestimmtesten Befehle desfalls zu Handen gekommen, auch wofern Ew. Gnaden etwa qua Poet zu erscheinen geruhten, zu Fuß und mit einer Zither in der Hand. Da ist es mir vor acht Tagen begegnet, daß ich einen fremden Lautenisten hier ganz köstlich bewirthet habe, und ihm selbst bei Tafel aufgewartet, weil ich dachte, Ew. Gnaden wären es, und wollten sich etwa den Spaß machen, meine Humanität zu prüfen.

      Es ging von einem prächtigen Zimmer in's andre: die Herrlichkeit alter Zeiten schaute von den hohen Wänden hernieder, und Alwin gefiel sich in dem Gedanken, hier mit Mathilden zu wohnen. Ein weitläuftiger Thiergarten zog sich am Fuße des Schlosses hin; die alten Buchen und Eichen rauschten feierlich zusammen; durch ihre Gänge hörte man das Rufen des Wildes. Selbst der altfränkische, devote Castellan schien mit zu diesen Umgebungen zu gehören. Wie sie sich freuen wird! sagte Alwin. Sie glaubt mich noch von jenen geheimnißreichen Schrecken bedroht, und ich bin ihr schon so nah, übersprungen alle Schranken, die unserm Glücke entgegenstanden. Ich will Alles Feindliche vergessen, Florismarte und all' seine Trügereien sollen gar nicht genannt werden. Nur in Mathildens himmlischen Augen soll mein Frieden wohnen. Und sie soll meine Ankunft vorherwissen. Ueberraschungen laufen oft so ungeschickt ab; man fällt in unerfreuliche Umgebungen hinein, man muß die ersten Stunden mit Erklärungen verderben, man betrügt den Ueberraschten um das süße Harren und Ahnen im liebenden Herzen.

      In dieser Stimmung schrieb er folgendes Sonett an Mathilden, und sandte es am nächsten Tage durch einen Diener in die Stadt voraus:

      Ein üppig Spiel, stets jugendlich entsprossen,

       Ein süß Umschlingen unter Weinbeerranken,

       Ein heißrer Durst, jemehr die Lippen tranken,

       Das hatt' auch ich im Taumelkreis genossen.

      Hohl unten donnerte mit wilden Rossen

       Pluton durch's finstre Thal. Der Mauern Wanken,

       Der Flüsse Sieden warnte – doch Gedanken

       Schwelg'rischer Wollust hielten uns umschlossen.

      Erst wehrten Deine Strahlen dem Verderben,

       Doch kaum nur sahn wir sie abscheidend tauchen

       In's ferne Meer, war Nacht und Streit begonnen.

      Nun laß vor Dir feindseelge Bilder sterben,

       Die Lippen statt unholder Fragen hauchen

       Ihr allgewalt'ges Heer von Liebeswonnen.

       Inhaltsverzeichnis

      Als gegen Abend Alwin in der Stadt ankam, leuchteten wieder Mathildens Saalfenster auf die Straße herab, wie an jenem ersten Abende in Braunschweig,