Gesammelte Werke von Friedrich de la Motte Fouqué. Friedrich de La Motte Fouque

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Название Gesammelte Werke von Friedrich de la Motte Fouqué
Автор произведения Friedrich de La Motte Fouque
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9788027207022



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Wonach doch mußt Du ringen,

       Hat Jedes ja sein Ziel.

      Es klingt zu Lieb' dem Sänger,

       So lang' er singen will,

       Und singt einst der nicht länger,

       Wird auch die Zither still.

      Ist dann vorbei das Klingen,

       Fällt wohl dem Wandrer ein:

       Man hört ja nicht mehr singen;

       Er muß gestorben sein.

      Einmal kam ein angeschoßner Hirsch aus dem Wald, und that sehr kläglich. Als er das Gehöffte wahrnahm, floh er wieder in das Gebüsch hinein, so schnell es ihm seine Mattigkeit verstattete. Alwin ward darüber sehr betrübt, und sang folgendes Lied:

      Hirschlein ging im Wald spatzieren,

       Trieb allda sein artig Spiel,

       Daß er stets den andern Thieren

       Als ein lust'ger Freund gefiel.

      Laufen konnt' er, konnte springen

       Ueber Graben, Heck' und Bach,

       Mit der frühsten Vögel Singen

       Ward auch er zum Spielen wach.

      Aber hinter Haselsprossen

       Barg sich Jäger und sein Hund,

       Hat nur gar zu gut geschossen,

       Schoß das arme Hirschlein wund.

      Da sich's schnell zusammenraffte,

       Bangend lief durch Thal und Hain,

       Rief der Jäger laut, und klaffte

       Phylax spottend hinterdrein.

      Hirschlein wollt's den Freunden klagen,

       Aber Alle liefen fort,

       Ließen's wunde Hirschlein zagen,

       Suchte jeder sichern Ort.

      Hirschlein kann nun nicht mehr springen,

       Thut die Wund' ihm gar zu weh',

       Wenn die Vögel wieder singen,

       Legt sich's weinend in den Klee.

       Inhaltsverzeichnis

      Es war schon Frühlingsanfang, aber eine finstre, regnige Nacht, als die Försterfamilie wie gewöhnlich ums Feuer saß, Alwin in ihrer Mitte, und sie einander ihre alten Geschichten erzählten. Der Hund, zu den Füßen des Hausvaters schlafend, fing ein Paarmal an, leise zu bellen; man dachte, es sei im Traum, aber er hob endlich den Kopf unruhig in die Höhe, und schlug lauter an. Zu gleicher Zeit sagte der Förster: mir kommt es vor, als ritte wer um's Haus herum. Wirklich glaubte auch Alwin Roßgeschnaube zu vernehmen, und gleich darauf hörten Alle ganz deutlich an die Hausthür klopfen. Es ist um diese Stunde nicht immer geheuer im Walde, sprach der Förster. Laßt Euch nichts merken, und enthaltet Euch sündlicher Gedanken. Das Schlagen an die Thür ward aber lauter, und endlich brach eine rauhe Stimme los: macht auf, in's Teufelsnamen, oder ich haue und brenne Euch das Nest über'n Kopf zusammen.

      Alwin flog blitzschnell zu seinem Stübchen hinauf, und war eben so schnell wieder, sein getreues Schwerdt in der Hand, an der Hausthür, wo der unsittige Fremdling noch immer seine Drohungen und Flüche hören ließ.

      Ruhig! sagte Alwin. Es sind bewaffnete Leute hier innen, die Euch sonst bessre Sitten lehren möchten. Was wollt Ihr?

      Das werdet Ihr zeitig genug erfahren, wenn ich drinnen bin, rief's zurück. Macht nur auf vor der Hand.

      Man könnt' Euch einen blutigen Kopf zum Eintrittsgeld abfodern, antwortete Alwin.

      Meint Ihr? lachte der Fremde draussen. Hinter der zugemachten Thüre prahlt sich's gut.

      Im Augenblick hatte Alwin den obern Thürflügel aufgestoßen, und that mit seiner Klinge ein Paar Kreuzhiebe in die Nacht hinaus. Probt mich! rief er dabei seinem Gegner zu.

      Wetter! sagte dieser, Ihr hättet mir beinah was Tüchtiges ausgewischt. Laßt doch erst ein kluges Wort mit Euch reden.

      Wenn Ihr's im Stande seid, erwiederte Alwin.

      Der Förster hatte indeß ein Licht in's Fenster gesetzt, dessen Strahlen grade auf den Fremden fielen, und auf Alwin, der sich über die halbe Thür vorgebeugt hatte. Macht Platz, rief der Förster diesem zu, und gebt Euch nicht mit dem ungeschliffnen Gesellen ab. Ich habe meine gute Büchse hier, und fasse ihn genau auf's Korn. Reitet er nicht bald seines Weges, so putz' ich ihn herunter, und scharre ihn Morgen bei der alten Rüster ein.

      Als der Fremde in Alwin's beleuchtetes Gesicht blickte, lachte er laut auf, und sagte: was zum Teufel, Kriegskamerad, wie find' ich Dich hier?

      Alwin erkannte ihn nun gleichfalls. Er hieß Warbrecht, und hatte ein Fähnlein in Adalberts Schaar geführt, wo er als ein ganz wackrer Soldat bekannt war, ohne eben sonst außerordentlich viel zu gelten. Am wenigsten hatte sich Alwin mit dem rauhen Umherstreifer zu thun gemacht, aber wie er jetzt so plötzlich vor ihm hin trat, eine Erscheinung aus der alten glücklicheren Zeit, ergriff es sein ganzes Gemüth mit lebhafter Freude. Er stieß die Thür vollends auf, half ihm vom Pferde, und fiel ihm brüderlich um den Hals. Es fand sich, daß er von Anfang nichts anders als ein Nachtquartier begehrt hatte, und nur auf eine etwas rohe Manier dabei verfahren war. Alwin söhnte ihn bald mit seinen Wirthen aus, und führte ihn nach einer heitern Abendmahlzeit mit auf sein Zimmer. Die alten Erinnrungen und was seither den andern Kameraden begegnet war, und Warbrechts letztre Begebenheiten kamen nunmehr an die Reihe. Man war unerschöpflich in Fragen und Mittheilungen, eine Flasche herzerfreuenden Weins stand zwischen den beiden Kriegsverbrüderten, und erst spät legten sie sich zu einem kurzen Schlummer nieder.

      Am folgenden Morgen verließen sie Arm in Arm das Haus, und setzten ihre gestrigen Gespräche fort.

      Was willst Du denn nun eigentlich anfangen, und worauf wartest Du hier? fragte Warbrecht.

      Alwin sah eine Zeitlang nachdenklich vor sich nieder, und rief zuletzt aus: weiß ich's selbst! Sie haben mich in der Welt herumgeneckt und betrogen nach Herzenslust. Das mag ich nicht mehr, und verlange auch von der Zukunft nichts mehr. Die Fragen, welche Du an mich thust, wären mir gar nicht von selbst eingefallen, und ich hätte hier alt und grau werden können, ohne sonst noch etwas zu denken, als mein einförmiges Leben. Und so wird es denn auch noch immer kommen, denn Deine Erscheinung wird an mir vorübergehn, wie die andern. Was bleibt, ist meine stille Betrübniß, und meine Scheu vor Allem jenseit dieses Waldes.

      Das kommt von der verfluchten Gelehrsamkeit her! rief Warbrecht. War so ein schmucker, kecker Soldat, und will hier zum halben Klaus'ner versauern!

      Mit Deiner Gelehrsamkeit! antwortete Alwin lächelnd. Du siehst vielleicht gar meinen wackern Förster für einen verkleideten Magister an.

      Ich verstehe davon nichts, sagte Warbrecht. Aber es lagen doch in Deiner Stube drei oder vier große Bücher umher, und ausserdem eine Zither.

      Die Zither laß mir in Ehren, fiel ihm Alwin in's Wort, und meine Bücher auch. Was sie mir gemeinschaftlich vorerzählt und geklungen haben, könnte mir alle Herrlichkeit der Welt nicht ersetzen. Ja, ich sage Dir, ich würde ohne sie, schon lange in den ersten, besten Waldbach gesprungen sein.

      Halte das wie Du willst. erwiederte Warbrecht. Ich lasse mich auf nichts weiter ein, als daß Du mit mir mußt, in die Welt, in den Krieg hinaus. Die Zither und Bücher magst Du mitnehmen oder daheim lassen; nach Belieben! Aber mit fort sollst Du und mußt Du.

      Ich glaube beinah, daß Du mich erschrecken willst mit Deinen bestimmten Ausdrücken, sagte Alwin. Nur daß ich gewiß weiß: kein Gott und kein Teufel wird mich dahin zwingen, wohin mich nicht der eigne Wille treibt.

      Aber der treibt Dich ja eben, närrischer