Название | Der Tod des gelben Wolfes |
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Автор произведения | Sophie Wörrishöffer |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9788711487617 |
Eine dritte Meldung gelangte in das Hauptquartier. „Die Pferde können ihren Weg aufnehmen. Es regnet, Spuren verwischt, — keine Gefahr!“
Donnerwolke reichte dem Trapper die Hand. „Wir treffen uns, wo Ausläufer von Felsen beginnen, — morgen um diese Stunde.“
„Der Himmel gebe es,“ murmelte Jonathan. „Er beschütze euch!“
Der Häuptling lächelte. „Ich sah so schönen Sonnenschein,“ sagte er halb träumerisch, „so hellen Glanz! — Aber weit.“
„Das wollen wir für ein gutes Zeichen nehmen, Punkah! Auf Wiedersehn!“
Er verschwand, und nach ihm zeigte der Blitz sein schelmisches Antlitz. „Mein Plan das! — Wi-ju-jon in den Winterquartieren der Schwarzfüsse sagen, dass Blitz ein tapferer? Dass er bald Häuptling werden?“
„Wenn ich selbst je wieder dorthin komme, dann gewiss, Junge, gewiss! — Sei nur vorsichtig, tue immer, was der Häuptling befiehlt, obgleich er von anderem Stamme ist wie du.“
Blitz nickte. „Ich ihn sehr lieben. Auf Wiedersehn!“
„Alles gut!“ klang Doppelgesichts Botschaft. „Krähen flüchten, wir sie nur hören. Ganzer Raum bis Wasser frei für Pferde.“
Jonathan stand und sah in die Nacht hinaus. Zuerst Klapperschlange mit den jungen Söhnen seines Hauses, dann der Punkah und der Blitz, so zogen sie einer nach dem anderen dem ungewissen Schicksal entgegen, vielleicht, um aus den Tiefen des Waldes nie wieder hervorzugehen in das Licht und die Freude des Lebens, vielleicht teure Opfer, die schon der nächste Morgen erschlagen, in ihrem Blute schwimmend sehen würde — —
Ein Grauen rann durch alle Adern des alten Mannes. „Ich will nie,“ dachte er, „nie, so lange ich atme, wieder dem Namen nachforschen, den einst mein Vater trug.“
Der Gedanke seines bekümmerten Herzens glich fast einem Gelübde. Wenn die Pläne des kurzsichtigen Sterblichen von höherer Hand gewaltsam durchkreuzt werden, dann hält er so leicht den Wunsch selbst für sündhaft, dann glaubt er die ewigen Mächte beleidigt und will freiwillig entsagen, nicht ahnend, dass eben in der scheinbaren Heimsuchung nur der Weg zum Ziel gebahnt ist.
Jonathan sollte die Spur, welche er suchte, finden, aber auf andere als die von ihm beabsichtigte Weise. Jeder Schritt seiner Getreuen war ein solcher, der nahen Entdeckung entgegen! Und doch wähnte er verzichten zu sollen, nur um ihr Dasein nicht zu gefährden. — —
Gegen Morgen kam Doppelgesicht zurück und mit ihm Mann nach Mann, die Mönnitarier und Punkahs. Die Leute des Gelben Wolfes waren draussen geblieben, um zwischen den Vorposten der Krähen und dem Zuge der leeren, von Blitz und Donnerwolke geführten Pferde eine undurchdringliche Mauer zu bilden.
So konnte denn mit dem Erscheinen des neuen Tages die Reise vor sich gehen. Hier verstimmte kein Abschied die Herzen, denn Doppelgesicht und Hermelin zogen mit hinaus, um die Gefahren ihrer Gastfreunde zu teilen; es regnete ziemlich stark, ein kühler Wind pfiff über die Wipfel, Mr. Everett schauderte heimlich. Die Brust schmerzte ihm bei jeder Bewegung noch immer.
Doppelgesicht gab das Zeichen, und der stattliche Reiterzug setzte sich in Trab. Hinter unseren Freunden versanken die friedlichen Hütten, an deren Feuer sie so lange und so sicher gerastet, — vor ihnen lag wieder der Wald, vor ihnen lag wie ein weites trügerisches Meer das ungewisse Schicksal. — —
Von den Krähen zeigte sich keine Spur. Ein paar besonders kecke Burschen aus Donnerwolkes Schar waren unter dem Schutze der Nacht über den Fluss geschwommen und hatten das entgegengesetzte Ufer durchsucht. Sie fanden die Anzeichen eines schnell abgebrochenen Lagers, aber von den Dakotas selbst keinen einzigen mehr. Beide feindliche Heere hatten also eine ununterbrochene Verbindung miteinander unterhalten; obgleich Jonathan davon immer überzeugt gewesen war, sah er jetzt den Beweis.
„Sie warten unter den Felsklippen!“ sagte er, „und kämen wir wirklich dahin, so würde unser kleines Häuflein von der Übermacht vollkommen erdrückt werden. Aber gleichviel, — es gibt kein Zurück. Auch das schlimmste Schicksal muss sich erfüllen.“
„Meine Läufer bringen von Zeit zu Zeit Botschaft,“ tröstete Doppelgesicht, „sie stehen mit Blitz und Donnerwolke in immerwährender Verbindung.“
Nach einigen Minuten näherte sich von der vollkommen gesicherten rechtsbelegenen Seite her auch wirklich schon ein Indianer und brachte gute Kunde. „Die Pferde stehen im Versteck, etwas oberhalb der Klippe, — es ist nichts Feindseliges bemerkt worden.“
„Am Tage wird kein Angriff unternommen,“ nickte der Trapper. „Sie warten, weil sie ihrer Sache sicher zu sein glauben.“
Doppelgesicht schwang den Wurfhammer. „Bringen mehr als einen Skalp nach Hause!“ murmelte er frohlockend.
Es wurde im vollkommensten Frieden an diesem Tage zweimal Halt gemacht, um zu essen. Man konnte getrost ein Feuer entzünden, denn es unterlag keinem Zweifel, dass die Krähen jeden Schritt ihrer Feinde auf das genaueste überwachten und aus dem Hinterhalt den offen reisenden Zug fortwährend beobachteten. Jonathan seufzte, als er daran dachte. „Ob sie sich täuschen lassen? Ob sie wirklich an gar keine Kriegslist denken?“
„Das ganz einerlei. Können nicht durch Postenkette sehen. Können nichts beobachten, was rechts von uns geschieht. Knifefluss sehr nützlich, ungeheuer gut.“
Gegen Abend kam ein Indianer und meldete, dass er die Grosse Klapperschlange wohlbehalten angetroffen. Alle Fahrzeuge waren ohne Hindernis unter das Treibholz gebracht und konnten binnen einer Viertelstunde wieder flott sein. Die Klapperschlange, Bär und Moskito hatten keinen Feind bemerkt.
Und allmählich ging dies Gefühl der Sicherheit über in die Herzen unserer Freunde. Noch bis zwei Uhr nachts, — dann war, wenn die Flucht auf dem Wasser gelang, wenigstens ein ganz bedeutender Vorsprung erreicht, wenigstens der Plan des Feindes, soweit er fertig vorlag, vollkommen zerrissen.
Nach dem Abendessen ging der Ritt über die ganz baumlose, scheinbar unbegrenzte wellenförmige Prärie.
Stunde nach Stunde verrann, Meile nach Meile versank hinter den Reitern; die Herzen pochten stärker, die Augen suchten das Dämmergrau zu durchspähen, fest lag die Hand am Drücker der Waffe oder am Bogen, dessen Sehne den Pfeil hinaussenden sollte, dem Feinde entgegen — —
Nichts! — Nichts!
Durch das Halbdunkel schimmerte ein fester unbeweglicher Höhenrücken, — das war der Wald mit seinen wogenden Wipfeln!
Unter ihnen lagen die beiden kecken Männer, Blitz und Donnerwolke, mit den Pferden. Ganz allein in der schweigenden Wildnis, verlassen von aller menschlichen Hilfe, hatten sie vierundzwanzig Stunden dort verbracht, immer den Tod vor Augen, bedroht in jeder Sekunde. Zumeist auf ihren Schultern ruhte die Last der Gefahr.
Noch eine Stunde, dann hatte man sie erreicht.
Auf dem gefährdetsten Punkt am Waldessaum stand der Gelbe Wolf. Er reichte dem Häuptling und den Weissen die Hand. „Meine Leute schon ausgeschickt auf Kundschaft. Sechshundert Krähen und Dakotas liegen unter den Klippen, eine Hälfte rechts, eine links, — der Weg führt mitten hindurch.“
Jonathans Herz klopfte. „Ein Höllenplan,“ murmelte er.
„Ja, Höllenplan. Das wahr und darum Grosser Geist ihn nicht gelingen lassen. Schlagen die Räuber mit Blindheit.“ —
Jonathan wiegte den Kopf. „Das ist es ja eben, Sagamore! Sie sind es, die uns überlisten.“
Der Häuptling sah umher. „Das nicht glauben,“ antwortete er. „Wo sie versteckt liegen? — Keine Stelle da!“
„Können sie nicht von jenseits des Flusses beobachten? Können sie nicht jetzt schon genau wissen, dass und wozu die Boote unter dem Treibholz liegen?“
„Der Häuptling es nicht glauben. Ganzes Ufer besetzt.“
„Von