Zimmer mit Mord. Группа авторов

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Название Zimmer mit Mord
Автор произведения Группа авторов
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783870623432



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wäre günstiger als diese? Mit Monsieur Gisbert als Komplizen?

      »Und das hat er geglaubt?« Benedict runzelte die Stirn.

      »Selbstverständlich. Würden Sie meine Worte bezweifeln?« Monsieur Gisbert neigte den Kopf und wirkte trotz seiner Jugend wie ein Geistlicher. Bis er erneut an seiner Zigarette zog. »Ist der Inhalt der Kiste denn zu Ihrer Zufriedenheit?«, fragte er beiläufig.

      »Ja. Doch.«

      »Also werden Sie imstande sein, die Rechnung zu begleichen?« Er hob die Brauen.

      »Gewiss«, sagte Eva.

      Der Concierge zog an seiner Zigarette, und nachdem er sie alle in eine dichte Rauchwolke gehüllt hatte, nickte er. »Sagen Sie mir denn, worum es sich handelt?«

      »Wenn Sie sich bis morgen gedulden, dann werden wir alles gesichtet haben.«

      »Nun gut, ausnahmsweise will ich …« Eine Stimme vom Ende des Korridors unterbrach ihn. »Monsieur Gisbert? Eine Frage zum Menü heute Abend.«

      »Entschuldigen Sie, mein Rat ist offenbar in der Küche vonnöten. Was unsere Angelegenheit betrifft, werde ich mich bis morgen gedulden.«

      Zurück in der Suite wandte sich Benedict erneut der Kiste zu. Eva beobachtete ihn bei einem weiteren Versuch, den Deckel zu heben.

      Ein Geräusch von der Tür ließ sie innehalten. Besorgt drehte sich Eva um. Die Tür stand offen, im Dämmerlicht des Flures erkannte sie nur einen Schemen, der auf der Schwelle verharrte.

      »Eva, Chérie! Da bin ich.« Yanns vertrauter bretonischer Zungenschlag. »Du weißt, so leicht gebe ich nicht auf.«

      »Yann!«

      »Du hast es mir schwer gemacht, euch zu finden. Sehr schwer.«

      Erst jetzt nahm Eva wahr, dass der Franzose eine Waffe in der Hand hielt.

      »Komm nicht auf dumme Gedanken, Engländer!« Er wedelte mit seiner Pistole, während er eintrat und die Tür hinter sich schloss. »Ah! Da ist ja die Kiste!«

      »Du Schurke!«, rief Benedict. »Ich werde meine Schulden schon begleichen; Spielschulden sind Ehrenschulden.«

      Yann nickte Benedict zu. »Ich nehme an, durch den Verkauf von Odilons Artefakten? Amüsant, seine Schulden aus der Tasche des Gläubigers zu begleichen. Hat es den kleinen Lord nicht gewundert, dass die Kiste so zufällig im Weg stand? Ich wusste doch, er würde nicht widerstehen können.« Zu Eva gewandt fragte er: »Habt ihr schon die Diamanten in der Statue entdeckt?« Sein Blick streifte die verschlossene Kiste. »Ah, ihr habt sie noch gar nicht geöffnet? Eva, glaubtest du wirklich, Odilon interessierte sich für den alten Krempel? Er schmuggelt Edelsteine auf diese Weise. Als ich es herausfand, wusste ich, das ist der Schlüssel für unser neues Leben. Was hältst du von Amerika?«

      Yanns Lächeln verursachte Eva eine Gänsehaut.

      »Wir lieben uns schon seit Jahren!«

      Benedict starrte Eva ungläubig an. »Was sagt er da? Was hast du mit diesem Kerl zu schaffen?«

      »Nichts, Darling!«

      Yann trat einen Schritt auf sie zu. »Was soll das, Eva? Du wolltest doch von Odilon weg, warst seine Avancen leid. Gejammert hast du, dass er dich nicht gehen ließe, hast mir ständig in den Ohren gelegen, mit dir zu fliehen.«

      Eva wich zurück. »Yann, du warst mir wie ein Bruder, ein vertrauter Freund. Nie habe ich dir Hoffnung gemacht. Ich liebe Benedict. Und jetzt steck die Waffe weg, der Concierge kann jeden Augenblick heraufkommen.«

      »Der ist beschäftigt. Aber du hast recht, hier erregen wir Aufmerksamkeit. Also raus hier!« Yann trat zurück, winkte sie zur Tür und drückte Benedict seine Pistole in den Rücken. »Los jetzt, runter in den Park!« Er trieb sie vor sich her den Korridor entlang Richtung Treppe.

      Der Concierge! Er würde ihnen helfen. Doch Evas verzweifelte Hoffnung erstarb, die Halle war leer, Monsieur Gisbert offenbar noch in der Küche.

      Ungesehen kamen sie in den Park.

      »Gehen wir ein paar Schritte«, forderte Yann sie auf und schob Benedict vor sich her einen Pfad entlang, der zwischen den Bäumen verschwand.

      Eva blieb nichts anderes übrig, als ihnen zu folgen. Was konnte sie tun? Sie musste Yann aufhalten … »Yann, bitte! Es hat doch keinen Sinn!«, rief sie verzweifelt.

      Benedict stolperte über eine Wurzel, Yann geriet ins Straucheln. »He!«

      Eva registrierte, wie Benedict in die Tasche des Jacketts griff und eine Pistole herauszog. Seit wann besaß Benedict eine Waffe …?

      Ein Schuss fiel, fast gleichzeitig ein zweiter … Dann war es still.

      Eva schlug die Hand vor den Mund und starrte fassungslos auf ihren Mann, der zu ihren Füßen auf dem Boden lag, die Pistole noch in der Hand. Blut quoll aus einem Loch in seiner Brust. Drei Schritte entfernt lag Yann. Sonnenlicht fiel durch die Baumwipfel und legte sich wie eine goldene Decke über die beiden leblosen Körper.

      Eine große Leere breitete sich in Eva aus. Tränen stiegen ihr in die Augen, als sie neben Benedict auf die Knie sank. »O mein Gott!«

      Was sollte sie jetzt nur tun?

      Die wenigen Habseligkeiten hatte sie schnell gepackt. Die Tasche warf Eva aus dem Fenster. Nur gut, dass noch keine weiteren Gäste im Hause waren. Und einen Gärtner hatte Eva auch nicht gesehen. Gute Aussichten, dass so schnell niemand die beiden Leichen entdeckte. Jetzt hieß es nur noch, die Dunkelheit abzuwarten.

      Der Concierge war in seine Lektüre vertieft und nickte kurz, als Eva an ihm vorbeiging. »So ein herrliches Wetter! Ich gehe ein wenig spazieren«, informierte sie ihn mit belegter Stimme.

      Die Tasche lag noch unter dem Fenster, die beiden reglosen Körper unter der Baumgruppe. Sie konnte die beiden doch unmöglich so zurücklassen. Sollte sie eine Grube ausheben? Unschlüssig sah sie sich um, überall fester Boden, aussichtslos. Aber was war das da? Auf einer Lichtung abseits des Pfades war ein Haufen aus Totholz, Zweigen und Laub aufgeschichtet. Bei ihnen zu Hause wurde das Grün immer verbrannt. Ob das auch hier so war? Einerlei, sie hatte keine andere Wahl.

      Anna, das Erste Zimmermädchen, lief rascher, als es in der distinguierten Atmosphäre des Bellevue üblich war, zur Rezeption, auf die das noch blasse Licht der Morgensonne fiel.

      »Monsieur Gisbert, die Herrschaften aus der Kaisersuite sind offenbar abgereist!«

      Der Concierge zuckte zusammen. Wie sollte er der Direktion erklären, dass er bei einem zwielichtigen Paar eine Ausnahme bei der Bezahlung der Rechnung gemacht und keine Vorkasse verlangt hatte? Aber er bewahrte seine Contenance. »Dann richten Sie die Räume bitte für die neuen Gäste her«, sagte er ruhig zu Anna.

      Mit sich selbst hadernd, verließ Monsieur Gisbert die Rezeption, um einige Minuten frische Luft im Park hinter dem Hotel zu atmen. Er zündete sich eine neue Zigarette an und ging ein paar Schritte den Pfad zur Lichtung entlang. Dann kniff er die Augen zusammen. Unter den hohen Bäumen am Ende bemerkte er noch immer den Totholzhaufen von den Gartenarbeiten in der letzten Woche. Anscheinend war er inzwischen deutlich größer geworden. Seltsam. Wie auch immer, er hätte längst verbrannt gehört. Er würde mit dem Gärtner ein ernstes Wort reden müssen.

      In der Kaisersuite stand einsam die verlassene Kiste. Der Deckel war verschlossen. Jemand klopfte.

       1913 – Vor dem Krieg

       Die Stimme aus dem Jenseits

      VON SABINE TRINKAUS

      Im letzten Moment wich der Chauffeur der Droschke aus, die in halsbrecherischem Tempo aus der Einfahrt zum Bellevue bog. Der Motor erstarb mit einem