Helmut Schön. Bernd-M. Beyer

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Название Helmut Schön
Автор произведения Bernd-M. Beyer
Жанр Сделай Сам
Серия
Издательство Сделай Сам
Год выпуска 0
isbn 9783730703175



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des großen Stürmers in sich vereinigt: Ballführung, Kopfspiel, Schuß, Zusammenspiel und Führereigenschaften sind gleichmäßig entwickelt. Dabei ist er immer ritterlich.«

      Zum Endspiel gegen den FV Saarbrücken konnten die Dresdner eine starke Elf aufbieten, mit Kreß im Tor, Pechan und Hempel in der Verteidigung sowie der bewährten Läuferreihe Pohl, Dzur und Schubert. Im Sturm stellten Kugler, Schaffer, Hofmann und Schön bewährte und eingespielte Kräfte dar. Auch der ehemalige Stammspieler Fritz Machate wäre dank Fronturlaub einsetzbar gewesen, doch als Linksaußen tauchte an seiner Stelle ein ungewohnter Name auf: Franz Erdl. Der Gastspieler aus Wien, ein dreifacher österreichischer Nationalspieler, war der einzige Neuzugang in der Dresdner Stammelf dieser Saison. Der Soldat war nach einem Jahr Ostfront nach Dresden versetzt worden, und sein Stammverein Vienna Wien hatte Helmut Schön brieflich darum gebeten, sich um ihn zu kümmern. Nun brachte Erdl das Kunststück fertig, zwei Meisterschaftsendspiele hintereinander für verschiedene Vereine zu bestreiten: 1942 für Vienna, 1943 für den DSC.

      Der Wiener Stürmer war es auch, der in der 55. Minute die Dresdner in Führung brachte, nach einer Vorlage von Schön. Danach hatten die Saarbrücker der klaren Überlegenheit des DSC nichts anderes entgegenzusetzen als extreme Härte, die sie beim Publikum Sympathien kostete. Schubert und Kugler erzielten die weiteren Tore, und »das Ergebnis hätte schließlich noch höher ausfallen können«, wie Beobachter Nerz urteilte. Die knapp 90.000 Zuschauer pfiffen nur einmal empört: als der Schiedsrichter gegen Pohl auf »Handspiel« entschied. Den kriegsversehrten Spieler hatte der Lederball am verbliebenen Armstumpf getroffen.

      Von den Kriegsumständen ist in den Zeitungsberichten über das Spiel ansonsten nicht die Rede. Doch das Frontgeschehen war auch im Stadion präsent, als vor dem Anpfiff des verstorbenen Reichssportführers Hans von Tschammer und Osten sowie der gefallenen Soldaten gedacht wurde. »90.000 erheben den Arm zum stummen Gruß, während das Musikkorps das Lied vom guten Kameraden spielt«, berichtete der »Dresdner Anzeiger«.

      Zu Hause in Dresden gab es einen großen Empfang für die siegreiche Mannschaft mit ihrer Meistertrophäe, der großen »Viktoria«. »Eine erwartungsvolle, nicht zu übersehende Menschenmenge« (so der »Dresdner Anzeiger«) drängte sich erst vor dem Bahnhof und später vor dem Rathaus; dazwischen marschierten die Spieler »unter Vorantritt eines SA.-Musikzuges« durch die Prager Straße. »Vereinsführer« Weinhold, Oberbürgermeister Dr. Nieland sowie diverse SS-und SA-Größen hatten sich eingefunden, Reichsstatthalter Martin Mutschmann ließ Glückwünsche übermitteln. Viel war die Rede von »eisernem Willen« und einer »in sehr schweren Kämpfen zusammengeschmiedeten Einheit«.

      Die Fachzeitschrift »Kicker/Fußball« sah wiederum den »klugen Taktiker« Schön als Kopf der Meisterelf: »Wir freuen uns, Helmut Schön und seine Kameraden zum wundervollen, so lange ersehnten Erfolg beglückwünschen zu können.« Schön selbst betonte später, »daß wir diesen großen Triumph besonders einem Manne schuldeten: Richard Hofmann«, den er als »spielerisches und moralisches Rückgrat« der Dresdner Mannschaft ansah. »König Richard«, nunmehr seit 15 Jahren in den Diensten des DSC, galt auch immer noch als dessen populärster Spieler; ihn feierten die Zuschauer am lautesten, er (und nicht Kapitän Hempel) bekam den mächtigen Meisterkranz umgehängt, und ihm war es vorbehalten, in den wichtigsten Momenten die »Viktoria« durch die Gegend zu schleppen.

       Titelverteidigung statt Double

      Viele erwarteten nun vom Dresdner SC, dass er den Erfolg schaffte, der vor ihm nur dem FC Schalke 04 gelungen war: das Double aus Meisterschaft und Pokal. Beinahe wäre es dazu auch gekommen, die Dresdner gelangten im Pokal bis ins Halbfinale, das am 17. Oktober 1943 gegen den »Luftwaffensportverein« LSV Groß-Hamburg ausgetragen wurde. Der LSV hatte sich mehrere prominente Spieler gesichert, darunter den Ex-Dresdner und Ur-Paulianer Karl Miller, den 41-maligen Nationalspieler Reinhold Münzenberg, dessen Heimatverein eigentlich Alemannia Aachen war, sowie den sechsfachen Nationaltorhüter Willy Jürissen, der ansonsten für Rot-Weiß Oberhausen spielte.

      Das Spiel fand in Hamburg statt, das durch alliierte Bombenangriffe bereits verheert war. Anfang August hatte die »Operation Gomorrha« einen Feuersturm ausgelöst, dem über 30.000 Menschen und ein Großteil des alten Häuserbestandes zum Opfer gefallen waren. Von einer Busrundfahrt durch die schwer getroffenen Stadtteile kehrten die Dresdner verstört in ihr Hotel zurück, der entsetzte Heiner Schaffer musste sich übergeben. Die Verwüstungen waren so enorm, dass Schön in seinen Erinnerungen später der Überzeugung war, der Bombenangriff habe wenige Tage vor dem Spiel stattgefunden – es lagen jedoch über zwei Monate dazwischen.

      Das Halbfinale ging 1:2 verloren, das Double gab es nicht, doch ist anzunehmen, dass die meisten Spieler dem keine größere Bedeutung mehr zumaßen; zu sehr prägte der Krieg das Geschehen. In den »Feldpostbriefen«, die der Verein den an der Front stehenden DSC-Mitgliedern zuschickte, musste er schließlich auch den »Heldentod« des Herbert Pechan mitteilen, Mitglied der 1943er-Meisterelf.

      Der Spielbetrieb wurde immer mehr zur absurden Lotterie. Spiele mussten abgesagt oder wegen eines Luftangriffs unterbrochen werden, an eine geordnete Aufstellung von Mannschaften war kaum noch zu denken. Wie stark der Zufall regierte, zeigen zwei Resultate aus der Gauliga Sachsen: Als der DSC im November 1943 beim Chemnitzer BC antrat, fehlte neben Schön die gesamte Läuferreihe Dzur, Pohl, Schubert. Das Spiel ging 1:3 verloren. Beim Rückspiel im Januar 1944 dagegen konnte der DSC mit den meisten Stammspielern antreten und gewann 7:0.

      Für die Endrunde um die Deutsche Meisterschaft 1944 qualifizierten sich Vereine, die zu regulären Zeiten nie dort gelandet wären – STC Hirschberg beispielsweise, der FC Mühlhausen oder Borussia Fulda. Eben diese Borussen wurden prompt zum Opfer der Dresdner, die mit 9:2 Toren siegten; sieben Treffer gingen auf Schöns Konto. Weitere Gegner des DSC auf dem Weg ins Finale waren der First Vienna FC sowie der Nürnberger »Club« mit dem jungen Max Morlock. Wieder einmal hoben die Zeitungskommentatoren hervor, dass die Siege vor allem Schöns Verdienst waren. »Als Sabeditsch Schön vernachlässigte, siegte DSC«, überschrieb der »Kicker/Fußball« seinen Spielbericht zum Viertelfinale gegen Vienna. Und über das Halbfinale gegen Nürnberg hieß es: »Schöns Regie macht das DSC.-Spiel. Seine ausgeklügelte, doch auch zögernde Spielweise prägt den Stil der Elf. Überraschende Kombinationen und explosive Einzelleistungen warten auf ihre Gelegenheit, und dass sie gelingen, zeigt eben den Deutschen Meister.«

      Als Favorit für den 1944er-Meistertitel galt allerdings die Retortentruppe des LSV Groß-Hamburg, die ebenfalls das Endspiel erreichte. Gegen den LSV hatten die Dresdner nicht nur im Vorjahr das Pokal-Halbfinale verloren, sondern im Frühjahr zudem ein Freundschaftsspiel im Ostragehege mit einem frustrierenden 1:5. Nach der Begegnung hatten die Gäste ihre Gastgeber zum Abendessen eingeladen – aus ihren reichhaltigen Luftwaffenbeständen hatten sie eine üppige Auswahl mitgebracht.

      »Uns allen«, so Schön, »war klar, dass diese Spielsaison die letzte vor dem Zusammenbruch sein würde«. Der Noch-immer-Zivilist setzte alles daran, seine Kameraden noch einmal für den gemeinsamen Erfolg zu motivieren: Raucher sollten den Tabakkonsum einschränken (»ab Donnerstag keine Zigarette mehr«), vor Punktspielen ausreichend geschlafen werden (»um halb elf ins Bett«).

      Ob es an diesen Mahnungen lag oder doch eher an der Tatsache, dass der DSC noch einmal einen Großteil seiner Stammelf zusammenbringen konnte – jedenfalls wurde das Finale am 18. Juni 1944 in Berlin sportlich zu einer klaren und einseitigen Angelegenheit. Acht Spieler der Dresdner Finalmannschaft von 1943 waren auch dieses Mal dabei. Den an der Front gefallenen Verteidiger Pechan ersetzte Fritz Belger, seit zwei Spielzeiten beim DSC. Rudi Voigtmann, der ein Jahr zuvor vom Planitzer SC gekommen war, spielte für Heiner Kugler als Rechtsaußen. Und mit Fritz Machate war für den Wiener Erdl ein alter Dresdner in die Mannschaft zurückgekehrt.

      Mit einer Mannschaft, die sich im Ganzen ziemlich gut und lange kannte, überfuhren die Dresdner ihre Luftwaffen-Gegner mit einem klaren 4:0. In seinem Kommentar für den »Kicker/Fußball« hob Otto Nerz auch für dieses letzte große Spiel die Rolle von Helmut Schön hervor: »Technisch waren beide Mannschaften durchaus auf der Höhe und wohl auch beinahe gleichwertig. Wieder mit der Einschränkung, daß nur ein Schön auf dem Felde