Die Oslo-Connection - Thriller. Olav Njølstad

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Название Die Oslo-Connection - Thriller
Автор произведения Olav Njølstad
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9788726344127



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es dauerte auch so nicht mehr als ein paar Sekunden, bis sie gefunden hatte, wonach sie suchte: nach dem Nagel neben dem Türrahmen. Auf den ersten Blick konnte sie nichts Außergewöhnliches sehen. Der verrostete Nagel ragte schief aus dem Holz und schien schon seit Ewigkeiten dort zu stecken. Aber bei genauerem Hinschauen fiel ihr auf, dass der Nagelkopf silbern schimmerte, als hätte vor kurzem jemand mit einem harten Gegenstand den Rost abgekratzt. Oder mit einem Hammer darauf geschlagen.

      Sie ging nach draußen zu den anderen, die auf der Stelle traten, um sich warm zu halten.

      »Ich muss noch mal ins Haus«, sagte sie. »Würden Sie bitte mitkommen, Moe?«

      Der Polizeibeamte antwortete unlustig, dass er selbstverständlich mitkommen würde, wenn es nötig war. Es sollte hinterher niemand behaupten können, er hätte den Fall auf die leichte Schulter genommen.

      »Warten Sie so lange hier«, rief Tamber Brantenborg zu. Und als sie an dem andern Polizisten vorbeistrich, raunte sie ihm leise zu: »Bitte sorgen Sie dafür, dass wir nicht gestört werden.«

      Sobald sie das Haus betreten hatten, verlangte Moe eine Erklärung. »Was soll das Ganze? Haben Sie im Schuppen was gefunden?«

      Tamber erzählte ihm von ihrer Entdeckung.

      »Und was soll uns das sagen?«, fragte Moe.

      »Dass dort normalerweise kein Nagel ist. Ich tippe mal, Brantenborg hat ihn kurz vor unserer Ankunft dort eingeschlagen, um leichter erklären zu können, wieso er einen Schlüssel zum Haus hat. Wahrscheinlich hat er den nächstbesten verrosteten Nagel genommen, der dort herumlag, und ihn neben dem Türrahmen in die Wand geschlagen. Und was das Wohnhaus angeht: Ich könnte wetten, dass wir noch nicht den ganzen Keller gesehen haben. Es muss noch einen zusätzlichen Raum geben. Die Fläche innen stimmt nicht mit dem überein, was von außen zu sehen ist.«

      »Aber wir waren doch überall«, protestierte Moe. »Wir haben doch hinter jede verflixte Tür geguckt!«

      Tamber ließ sich nicht beirren.

      »Es fehlen ungefähr zehn Quadratmeter, wenn nicht mehr.« Sie lief die Kellertreppe hinunter. »Das hier ist nicht Akte-X, Moe. Ich weigere mich zu glauben, dass sich der Raum in Luft aufgelöst hat.«

      Tamber schritt jeden einzelnen Kellerraum ab, einen nach dem anderen. Als sie mit der Hobbywerkstatt fertig war, zeigte sie auf die Wand hinter dem Eisbären.

      »Da drinnen!«, sagte sie mit unverhohlenem Triumph in der Stimme. »Jetzt müssen wir nur noch den Eingang finden.«

      Sie brauchten exakt eine Viertelstunde – und wären wahrscheinlich bedeutend schneller ans Ziel gelangt, wenn der Eisbär nicht im Weg gestanden hätte. So vergingen einige Minuten, ehe sie entdeckten, dass die Platte, auf der er befestigt war, Rollen hatte, so dass sie sich mit einem Handgriff zur Seite schieben ließ. Unter der Platte war eine Luke in den Boden eingelassen. Als sie sie öffneten, stießen sie auf eine etwa 80 x 80 Zentimeter große Eisenplatte, die im Boden verankert war und sich keinen Millimeter bewegen ließ. Um die aufzukriegen, brauchten sie einen passenden Schlüssel und einen Türgriff.

      »Augenblick«, sagte Tamber. »Ich bin gleich wieder zurück.«

      Sie rannte die Treppe hoch und raus auf den Hofplatz. Die Rufe des frierenden Brantenborg beantwortete sie nur mit einem stummen Lächeln.

      »Kann ich nicht wenigstens ins Wohnzimmer, um mich aufzuwärmen?«, sagte er eingeschnappt. »Was geht hier eigentlich vor?«

      Es dauerte nicht lange, bis Tamber im Schuppen fand, wonach sie suchte: ein Brecheisen und einen Vorschlaghammer. Sie legte beides über die Schulter und ging zum Haus zurück. Beim Anblick der Werkzeuge geschah etwas mit Brantenborg. Er verzog den Mund und setzte sich in Bewegung. Moes Kollege konnte ihn nicht zurückhalten, Brantenborg wollte partout ins Haus!

      »Bleiben Sie, wo Sie sind!«, kommandierte Tamber von der Tür aus. »Das ist nicht Ihre Angelegenheit.«

      »O doch, ganz genau das ist es«, rief Brantenborg ihr zu. »Mehr, als Sie ahnen.«

      »Ach ja?« Sie sah ihn forschend an. »Haben Sie uns vielleicht etwas verschwiegen?«

      Brantenborg wandte trotzig den Blick ab. Aber dann kam doch eine Antwort: »Schon möglich.«

      Tamber gab dem Polizisten ein Zeichen, ihnen nach drinnen zu folgen. Dann wandte sie sich an Brantenborg.

      »Gut, dann kommen Sie eben auch mit. Aber denken Sie dran, im Haus hat die Polizei das Sagen.«

      Sie gingen schweigend die Kellertreppe hinunter. Tamber zuerst, der Polizist als Letzter, und Brantenborg wie ein Strafgefangener zwischen ihnen. Als sie in den Hobbyraum kamen, seufzte Brantenborg entmutigt und sagte mit Grabesstimme:

      »Das geht so nicht. Das kann ich nicht zulassen!«

      »Du meine Güte«, platzte Moe heraus. »Was ist denn mit unserem Südländer passiert? Ist er in der Zwischenzeit zum General befördert worden?«

      »Nicht ganz«, sagte Brantenborg. »Weiter als bis zum Oberst werde ich es wohl nicht bringen. Aber das bin ich dafür auch schon seit bald zwanzig Jahren. Sie brauchen mich also nicht über meine Befugnisse aufzuklären.« Mit einer resignierten Grimasse zückte er einen norwegischen Militärausweis. »Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Ich arbeite beim Nachrichtendienst.«

      Es wurde still im Raum. Alle sahen aus, als hätten sie plötzlich schrecklich intensiv nachzudenken. Brantenborg ergriff erneut das Wort.

      »Die Luke ist verschlossen, damit kein Unbefugter sie öffnet. Was das betrifft, muss ich Ihnen leider mitteilen, dass Sie dieser Kategorie angehören. Es ist schon schlimm genug, dass Sie die Luke überhaupt entdeckt haben, aber weiter als bis hierher werden Sie nicht kommen. Mein Auftrag diesbezüglich ist unmissverständlich, und ich möchte Sie inständig bitten, meine Loyalität nicht auf die Probe zu stellen.« An dieser Stelle schob er eine kleine Pause ein, um sich die Schweißperlen von der Oberlippe zu tupfen, die sich dort gebildet hatten. »Keinem der hier Anwesenden wird ja wohl daran gelegen sein, einen neuen Meyer-Fall zu provozieren?«

      Moe und Tamber tauschten viel sagende Blicke. Sie erinnerten sich nur zu gut an den peinlichen, ungefähr zehn Jahre zurückliegenden Zwischenfall, als die Kriminalpolizei das Haus eines norwegischen Schiffsreeders durchsuchte, der der illegalen Alkoholproduktion verdächtigt wurde. Bei der Hausdurchsuchung stießen sie auf ein geheimes Waffenlager, was zur Folge hatte, dass ein bis dahin unbekannter Tätigkeitsbereich des militärischen Geheimdienstes von Massenmedien und der Öffentlichkeit breitgetreten wurden.

      »Ich dachte, Stay Behind wäre eingestellt worden«, sagte Tamber. »Erzählen Sie mir nicht, dass Sie für die arbeiten.«

      »Nichts dergleichen. Ich bin ein ganz ordinärer Beamter des Geheimdienst-Stabes. Der Punkt ist, dass Paulsen einer von uns war. Er war für einen bestimmten Aufgabenbereich zuständig, in Friedens- wie in Kriegszeiten, und der Bunker unter diesem Kellerraum gehörte zu der Erfüllung dieser Aufgaben. Mehr kann ich dazu nicht sagen, und selbst das wenige, was Sie von mir erfahren haben, unterliegt selbstverständlich absoluter Schweigepflicht. Es geht hier um die Sicherheit des Landes.« Seine Oberlippe verzog sich zu einem siegessicheren Lächeln. »Verstanden?«

      Moe nickte. Tamber konnte sich des Gefühls nicht erwehren, dass er es gewohnt war, sich nach solchen Befehlen zu richten.

      »Und was machen wir jetzt?«, fragte Moe trocken.

      »Als Erstes: die Kellerluke wieder zumachen und den Eisbären an seinen Platz zurückschieben. Danach: das Haus versiegeln und nach Hause fahren.«

      »Sie meinen nicht im Ernst, dass wir die Untersuchung eines Mordfalles abbrechen sollen, weil das Opfer beim Geheimdienst beschäftigt war?« Tamber verdrehte die Augen. »Der Kalte Krieg ist vorbei, Kamerad. So läuft das nicht mehr.«

      »Sie irren sich, das verlangen wir gar nicht von Ihnen. Wir haben selber nicht die blasseste Ahnung, wer Enok Paulsen umgebracht haben könnte, aber uns ist genau wie Ihnen an der Beantwortung gelegen. Es gibt allerdings zwei Dinge, um die ich Sie