MUSIK-KONZEPTE Sonderband - György Kurtág. Группа авторов

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Название MUSIK-KONZEPTE Sonderband - György Kurtág
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Жанр Документальная литература
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Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783869168807



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charakterisiert wurde, lässt sich gewiss auf etliche andere Werke übertragen.

      Dass Kurtág selbst in seinem 1. Streichquartett ausdrücklich mit einem besonders charakteristischen Faktor der europäischen Tradition agiert, nämlich mit musikalischen Intervallen, steht im Lichte solcher Erkenntnisse keineswegs im Widerspruch zu seiner Offenheit gegenüber der Neuen Musik westeuropäischer Provenienz (zu der man nach dessen Emigration gemeinhin ja auch Ligeti zählte). Gehört doch bereits zur Avantgarde der 1950er Jahre, wenngleich getragen von bewusst reduzierter Expressivität, gerade die dialektische Verschränkung von konstruktivistischen mit traditionellen, affektgeladenen oder auratischen Elementen; auch für die eben genannten Werke gilt dies ja, und der Klee-Bezug ist gerade hierfür nicht unbedeutend.

      Ein wesentlicher Faktor für Kurtágs Neubeginn Ende der 1950er Jahre, der als Aufbruch im höchst emphatischen Sinne bezeichnet werden kann, war bekanntlich außermusikalischer Art: Die Psychologin Marianne Stein, die er 1957 in Paris aufsuchte, regte ihn nicht nur dazu an, sich beim Komponieren mehr Zeit zu lassen und sich dem schieren Abarbeiten von institutionellen oder gar staatlichen Aufträgen möglichst zu entwinden, sondern vor allem zum Agieren in kleinen Formen. Miniaturen höchster Intensität und Expressivität wurden fortan zu seinem Erkennungsmerkmal – und blieben es, trotz einiger längerer Werke, bis heute. Kurtág schreibt hochkonzentrierte musikalische Momentaufnahmen, die trotz des mitunter fragmentarischen Charakters auch wild auffahrende und höchst energische Akzentuierungen enthalten können.

      Die aphoristische Kürze vieler seiner Werke wird oft mit der Musik Weberns verglichen, mit der er sich seit 1956 auf Anregung von Ligeti tatsächlich intensiv beschäftigte. Was Kurtág mit Webern verbindet, ist nicht bloß die Ausdehnung mancher Werke oder Werkteile, sondern die Vorliebe für polyphone Konfigurationen sowie die Konzentration der Mittel, zudem das gleichermaßen sparsame wie feine Agieren mit Momenten von Expressivität. Letzteres schließt bei Kurtág auch theatrale, figurative Elemente und vor allem gestische Momente ein.