Dornröschen und der Mettsommernachts-Traum. Nina MacKay

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Название Dornröschen und der Mettsommernachts-Traum
Автор произведения Nina MacKay
Жанр Языкознание
Серия Hipster-Märchenreihe
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783959919883



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an Snows erste Zauberversuche zurück. Eigentlich würde ich mir zu gern ihren Hexenzauberstab ausleihen, seit ich den Feenzauberstab nicht mehr habe. Nur leider hört das verdammte Ding nicht auf mich. Nichts bekomme ich damit gezaubert. Er scheint nur Snow dienen zu wollen. Wahrscheinlich weil sie halb Hexe ist. Mein Blick schweift zu Snows Tante: Rexia, die genauso verkniffen dreinschaut wie Snow.

      »Ja, nun dann.« Rose fährt sich mit der Hand über das nun schnurrbartfreie Gesicht. »Flavia, wir brauchen deine Hilfe.«

      »Flavia?«, raunt mir die Grinsekatze zu. »Ist das nicht ein Pferdename?«

      »Wir müssen die Dreizehnte Fee austricksen«, fährt Cinder fort. »Ihr im besten Fall den Feenzauberstab abnehmen.«

      »Abnehmen? Ihr meint, sie verurteilen?« Die kleine Fee schnappt nach Luft. »Flügel abschneiden, Strafarbeit, Müll aufsammeln?«

      »Ähm …« Eigentlich gar keine so schlechte Idee. Wieso bin ich da nicht früher drauf gekommen?

      Quinn räuspert sich. »Wenn es so einfach bei diesem gerissenen Miststück wäre.« Sie zieht sanft am Schwanz eines Äffchens, das auf ihrer Schulter herumturnt und sie zu lausen beginnt.

      Mir wird ein bisschen schlecht. Aber sie hat recht. Die Dreizehnte Fee hat es über Hunderte von Jahren geschafft, ungestraft mit allem davonzukommen. Wieso sollte die Entführung und Bedrohung meiner Großmutter eine Ausnahme sein? Also sind wir wie immer auf uns allein gestellt.

      »Die Jäger anrufen schadet doch nicht?«, fragt Rapunzel mit Piepsstimme. »Oder?«

      Wieder ein Räuspern der Herzkönigin. »Erzähl das mal Prinzessin Swanley, die die Jäger antextete und dann von Fear reingelegt wurde, sodass die Jäger Swanley verdächtigten, ihr eigenes Baby gegessen zu haben.«

      Fear bedenkt sie mit einem bösen Blick. »Das ist ungefähr zwei Millionen Jahre her.«

      Vor ihrer Therapie, zumindest. Immerhin scheint Asher nicht zugehört zu haben. Er ist auf ihrem Schoß eingeschlafen.

      »Also gehen wir hin?« Fast traue ich mich nicht, es auszu­sprechen. Aus Angst vor der Antwort.

      Die Luft im Raum flimmert. Genauer gesagt sind es die Staubflocken.

      »Wir müssen Zeit schinden«, sagt Jaz, nachdem wir lange genug geschwiegen haben, und greift nach meiner Hand. »Cinder und Pan regeln das. Mit Flavia. Mach dir keine Sorgen.«

      »Korrekt.« Snow dreht sich auf ihrem Stuhl zu mir um, indem sie die Beine anzieht. »Red würde die Dreizehnte Fee mit ihrem Anblick nur zu sehr aufregen.«

      Aufregen? Ich atme einmal tief durch. Gut, irgendwie hat sie recht. Die Dreizehnte Fee glaubt immer noch, dass ich diejenige wäre, die versucht hat, sie zu töten, die den Tod der anderen Märchen­antagonisten verursacht und damit alles Unglück über den Märchenwald gebracht hat. »Ich vertraue dir, Cinder. Du wirst das Richtige tun.« Für meine Großmutter und uns alle.

      Und Charming würde kein Leben riskieren, nicht wahr? Er würde nichts tun, was Cinder verärgern könnte.

      »Das ist eine großartige Meinung.« Snow zieht einen Spiegel aus ihrer Lederjacke. »Würde Red in dieser Hütte auftauchen, wäre ihre Großmutter direkt tot.«

      Ich höre Spieglein kichern.

      Tief atme ich ein und aus.

      Im gleichen Moment lehnt sich Rose zu mir herüber. »Du kennst doch deine Großmutter. Ich bin sicher, sie hat alles im Griff und plant bereits ihren nächsten Spa-Urlaub.«

      Dankbar lächle ich sie an.

      Bevor ich einmal blinzeln kann, springt die Grinsekatze auf den Tisch und linst über Snows Schulter in Spiegleins Gesicht. »Ah, der Piraten-Stalker findet das witzig.«

      Darauf herrscht eingeschnapptes Schweigen seitens des Spiegels.

      »Komm.« Ich ziehe Jaz hinter mir her. Wir haben keine Zeit zu verlieren.

      »Ich begleite euch«, bietet die Herzkönigin an.

      Aber ehe Cinder annehmen oder ablehnen kann, fliegt die Tür auf und herein stürmen die Prinzen.

      »Oh, wie schön, dass ihr eure lange Vormittagspause auskosten konntet«, begrüßt Snow sie.

      »Du mich auch, Schatz.« Prinz Philip küsst sie auf die Wange, lässt sich dann vor ihr auf der Tischplatte nieder. Als Snow schnaubt, nimmt er sich eine Handvoll Trauben aus der Schale. »Wir haben nun einen Plan.«

      Aha. Interessant. Ich verschränke die Arme vor der Brust. »Ach ja? Was wollt ihr denn machen? Rap-Battle gegen Charming und die Dreizehnte Fee?«

      Jaz gluckst.

      »Nein. Aber wir werden die Schneekönigin aufsuchen und sie bitten, aus der Wüste eine Oase zu machen. Ihr wisst schon. So ein bisschen Eis und Schnee für Morgenland und alle sind happy.« Er fuchtelt mit der freien Hand in der Luft, als könnte er es schneien lassen. »Dann wird Aladin nicht mehr wütend auf uns sein. Problem gelöst.« Philip wirft sich in einer dramatischen Geste eine Traube in den Mund. Seine Kumpels straffen den Rücken.

      »Was für ein wasserdichter Plan«, presst Snow zwischen ihren geschlossenen Lippen hervor.

      »Mensch, dass ihr da ganz von allein drauf gekommen seid.« Von Rexia gibt’s für diese Ankündigung einen Applaus.

      In diesem Moment erkenne ich, was da genau vor Snow auf dem Tisch ausgebreitet liegt. Eine Ausgabe des Tapferen Schreiberleins. Der Zeitung, in der Ever seine Kolumne hat. Hatte. Ich schlucke schwer, möchte nach der Zeitung greifen, über ihr Titelblatt streichen, doch ich reiße mich zusammen. Ach, Ever, mein Ever. Obwohl ich meine Hände zu Fäusten balle, kann ich nicht verhindern, dass meine Sicht vor mir verschwimmt. Tränen brennen an meinen Augenwinkeln. Ever. Warum nur, warum nur? Ich konnte ihn nicht retten und bin sogar schuld daran, dass er überhaupt erst gestorben ist. Meinetwegen hat er den vergifteten Kamm gewählt und ist nicht mehr erwacht.

      Relativ unauffällig schiebt sich Jaz näher an mich heran. Seine Schulter berührt meine.

      »Haben wir Besuch?« Erst jetzt scheint Prinz Cedric, der nur seine Hose trägt und kein Oberteil, die Zwölfte Fee zu bemerken. Seine Finger, die er auf Rose’ Schulter gelegt hat, zittern. »Oh, nee. Echt jetzt? Das ist doch … ist doch … is das nicht …?«

      »Der Grinch?«, versucht die Fee auszuhelfen.

      »Die Fee, die es vermasselt hat. Wegen dir hat Rose hundert Jahre geschlafen.« Cedric presst die Lippen aufeinander, wodurch er wie ein Surfer aussieht, dem das Meer heute viel zu ruhig erscheint. Seine Schultern beben.

      »Ähm.«

      Oh. Nicht verarbeitete Wut auf Flavia? Auf kleinster Flamme gekocht? Fantastisch.

      »Ging es nicht noch etwas kreativer?«, fügt Cedric hinzu. »Fünfundzwanzig Jahre als Huhn leben, oder so?«

      Hektisch sieht sich Flavia um. An ihrem Selbstbewusstsein muss sie wirklich noch arbeiten. Ein wenig erinnert sie mich an Cinder. An die frühere Version von ihr. Von vor vier Wochen.

      »Ich, äh …« In einer Art verzweifelten Geste, so kommt es mir vor, steigt die kleine Fee erneut in die Luft und hebt ihre Arme ein Stück weit an. Hinter ihr schüttelt die Herzkönigin den Kopf. Genau wie Prinz Cedric, dessen Gesicht inzwischen ganz grau angelaufen ist. Mit seinen Stirnfalten wirkt Rose’ Ehemann plötzlich doppelt so alt, wie er tatsächlich ist.

      »Warte doch, Flavia.« Rose streckt eine Hand nach der Fee aus. Bei dieser Geste rutschen ihr die Hälfte ihrer dunkelblonden Haarsträhnen über die Schulter, verheddern sich in dem Rüschenausschnitt ihres Kleides.

      Aber bevor sie ausreden oder die Fee gar antworten kann, niest Flavia zum zweiten Mal. Dabei wird sie gut zwei Armlängen zurückgeschleudert.

      Quinn kann gerade noch so ausweichen. Das Äffchen auf ihrem Kopf kreischt entrüstet.

      O nein. Das kann nichts Gutes bedeuten, denke ich noch, da