Dornröschen und der Mettsommernachts-Traum. Nina MacKay

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Название Dornröschen und der Mettsommernachts-Traum
Автор произведения Nina MacKay
Жанр Языкознание
Серия Hipster-Märchenreihe
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783959919883



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Möglichkeit, wie wir Aladin ablenken und uns mehr Zeit verschaffen können, bis es zum unvermeidbaren Angriff von ihm kommt.«

      Oh. Ich stocke kurz und meine Gedanken wandern zurück zu den Menschen aus Morgenland. Wie ich sie von meinen Besuchen dort kenne. In ihren zerfetzten Kleidern, ohne genug zu essen. Ein Grund, warum Jasemin, ihr Vater und nun auch Aladin unbedingt den Märchenwald mit all unseren Feldern und Obst­bäumen erobern möchten. Bloß ist das keine Idee, die mir bezüglich meiner Großmutter oder Ever hilft. Mit meiner Fingerspitze fahre ich über die raue Fuge zwischen den Fliesen. Aber immerhin. Gut, meine Großmutter ist tough. Kann sich wehren. Vor allem nach den Selbstverteidigungskursen bei den Jägern. Charming und die Dreizehnte Fee werden es nicht leicht mit ihr haben. Dennoch. Ich kann nicht verhindern, dass meine Schultern ein Stück nach vorn sinken. Was, wenn sie ihr etwas antun?

      Jaz wirkt auf einmal, als könnte er es nicht erwarten, mir von seiner Idee zu erzählen. Seine Brust hebt und senkt sich in schnellem Tempo.

      »Wenn wir Aladin davon erzählen, wie du beinahe Ever von den Toten zurückgeholt hast, wird er das Gleiche auch für Jasemin tun wollen. Gerade jetzt, wo er keine Konkurrenz mehr von mir zu befürchten hat.«

      Der Kampf um die drei goldenen Haare des Teufels?

      Kurz denke ich daran, wie Jaz in den letzten zwei Wochen Jasemin bezirzt und sich sogar mit ihr verlobt hatte. Und das alles nur, um uns, um mir zu helfen. Plötzlich ist er wieder da, der Knoten in meinem Magen, den ich überhaupt nicht vermisst habe. »Du meinst, er wird für sie in die Hölle gehen und erst mal beschäftigt sein? Mit einer Youtube-Challenge?«

      »Exakt. Der üblichen Es-geht-um-Leben-und-Tod-­Challenge.« Er schenkt mir sein hoffnungsvollstes Lächeln und ich kann nicht anders, als mit ihm zu strahlen. Doch dann wird mein Herz wieder schwer, als ich zu meinem üblichen Gedankenmuster der letzten Tage zurückkehre. Ich habe versagt. Weil ich die Challenge gegen den Teufel verloren habe, liegt Ever immer noch tot in Snows Glassarg.

       ~Rose~

      Was bei allen fliegenden Untertassen?«, kreischt die Herz­köni­gin. Ein Pfeil schießt durch die Luft und bleibt in ihrem Dutt stecken.

      »Upsi«, sagt Rexia.

      Mit zuckenden Ohrspitzen kommt die Grinsekatze herbeigehuscht und springt auf Rose’ Schoß.

      »Ein unidentifiziertes, morgenländlisches Flugobjekt auf zwölf Uhr! Kurz UMFO. Betrieben mit Wunschmagie. Geht in Deckung«, berichtet die Katze militärisch korrekt.

      Obwohl sie selbst nicht ganz versteht, was vor sich geht, streichelt Rose die Grinsekatze und wispert ihr beruhigende Worte zu. Dabei lässt sie die graue Drohne nicht aus den Augen, die kurz hinter der Tür auf der Stelle surrt. Ein wenig erinnert sie Rose an die Dreizehnte Fee.

      In der Zwischenzeit hat Snow einen Stuhl an der Lehne gepackt und beginnt damit nach der Drohne zu schlagen. Nicht weit entfernt von ihr zielt Rexia mit einem Pfeil auf das uneingeladene Flug­objekt, bis Gretel ihr die Waffe abnimmt und selbst das Ziel anvisiert, abdrückt und flucht, denn die Drohne weicht geschickt aus. Auch beim nächsten Schuss.

      »Eilmeldung«, trötet sie jetzt in abgehackter Maschinensprache. »Eilmeldung! Der ehrwürdige König des Morgenlands gibt bekannt: Leistet keinen Widerstand. Dann wird euch nichts geschehen. Seine Majestät Aladin, Alleinherrscher über Morgenland, beansprucht den Märchenwald als neues Hoheitsgebiet. Erkennt ihn als neuen, rechtmäßigen Herrscher an und niemand wird ver… ver… ver… letzt.«

      Die Drohne eiert etwas, da Snow sie nun doch mit einem Stuhlbein erwischt hat. »Nimm das, fettes, stinkendes Diktiergerät!«

      »Aladüüüün …« Aber was Aladin noch zu sagen hat, erfahren sie nicht mehr, denn die Drohne gerät vollends ins Taumeln und stürzt ab, zerschellt auf Snows dunklem Fliesenboden. Rose folgt ihr mit den Augen, die Stirn in Falten gelegt, während sie an einem Ohr der Katze zupft.

      Wie ein roter Blitz kommt die Herzkönigin angeflitzt, hebt ihre Röcke und tritt auf das Flugobjekt. Oder was davon übrig geblieben ist. »Hah!« Ihre roten Locken wippen.

      Die Hexen und Gretel jubeln ihr zu.

      »Und was sagst du jetzt?« Lächelnd streichelt Rose der Grinsekatze über den Kopf. »Ein identifiziertes, morgenländisches, nicht mehr flugfähiges Objekt? IMNFO?«

      Die Katze kratzt sich selbst am Kinn, zeigt dann das wohl breiteste Lächeln, das ihr je ins Gesicht gekommen ist.

      »Ein abgestürztes Wrack aus dem Morgenland ohne Flugfähigkeiten. AWMOF. Oder hatten wir für Jasemin schon denselben Spitznamen?«

      »Ähm, Leute«, meldet sich Gretel von der Fensterfront her. »Da draußen fliegen noch mehr von diesen Dingern rum. Sie werden die Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzen.«

      »So wie damals, als Snow ungeschminkt ihre Neujahrsansprache gehalten hat?«, fragt Rapunzel gut gelaunt.

      »Ich glaube, die Lage ist wirklich ernst.« Rose erhebt sich mit der Katze auf dem Arm, um sich zu Gretel zu gesellen. Auf einmal ist es ganz still um sie herum geworden. »Wenn die Märchenfiguren in diesem Wald schon wieder eine Krise durchleben müssen …« Sie wirft Snow einen Blick zu.

      »Ach, die haben das mit Pandoras Büchse doch erstaunlich gut verkraftet.« Mit ihrem Wurfmesser deutet Snow auf die vor ihr ausgebreitete Zeitung. Das Tapfere Schreiberlein. Auf der Titelseite strahlen ihnen eine große Menge Zivilisten entgegen, die Grimassen schneiden. Selbst Hans im Glück und Sterntaler in ihrer Tarnuniform sind darunter. Und natürlich Hase, der gewissermaßen Photobombing betreibt und vor die Linse gehüpft ist. Die darüber lesbare Schlagzeile lautet:

      Nicht echt – und stolz darauf!

      »Verrückte, überall Verrückte«, murmelt die Grinsekatze und rollt sich um Rose’ Hals zu einem Schal zusammen. »Können wir jetzt zum Pinguin-Flipperautomaten gehen? Ich muss meinen Highscore gegenüber der Goldenen Gans verteidigen.«

      Während Rose den Katzenkopf liebkost, schiebt sich Snow einen glutenfreien Keks in den Rachen. Dabei lungert sie wie ein Pirat auf dem Stuhl herum, die Stiefel auf den Esstisch gelegt. Zu allem Überfluss beginnt sie auch noch, ihre Fingernägel mit ihrem Wurfmesser zu reinigen.

      Rapunzel stößt ein Würgegeräusch aus.

      »Wir müssen Aladin stoppen«, sagt die Herzkönigin jetzt. »Oder der Märchenwald wird nicht mehr derselbe sein.«

      »Musst du gerade sagen«, brummt Snow. »Was willst du eigentlich noch hier?«

      Nach einem Schnauben dreht sich Quinn, die Herzkönigin, zu ihr um. »Meinst du, ich bin damals freiwillig nach Wonderland ausgewandert? Mir hat es im Bergwerk gefallen, wenn du es genau wissen willst. Die anderen Zwerge wollten mich loswerden. So war das. Das Pack hat mich vertrieben.« Sie ballt ihre Winz-Fäuste.

      Eigentlich ist diese Geschichte inzwischen bekannt, doch bevor Snow darauf etwas erwidern kann, vibriert ihr Smartphone. »Face­time-Anruf von Charming und der Dreizehnten Fee.« Sie hält den Bildschirm hoch und alle starren auf das Bild der beiden, auf dem sie sich im Arm halten und Neonstirnbänder tragen. Wie in den Achtzigern. Nur schrecklicher. »Sollen wir annehmen?« Eigentlich eine rhetorische Frage.

      »Bäh, da möchte mein Frühstück gleich noch mal Hallo sagen.« Gretel verzieht das Gesicht.

      »Könnte eklig werden.« Während Rose nickt, hebt Cinder endlich ihren Kopf vom Tisch.

      Rose macht einen Schritt auf das Smartphone zu, um besser sehen zu können. »Ja, Snow, vielleicht hörst du besser auf zu essen.«

      Snow zuckt mit den Schultern und beißt von einem weiteren Keks ab. »Ich lasse es drauf ankommen.«

      »Geht ihr jetzt ran, oder nicht?«, fragt Pain aus dem Hintergrund. Sie hat exakt wie Rapunzel beide Hände in die Hüften gestemmt.

      Da Snow selbst keinerlei Anstalten macht, schnappt sich Rose das Handy, doch die Grinsekatze stibitzt es ihr blitzschnell aus der Hand. »Selbsthilfegruppe Angstfreies Stricken,