Dornröschen und der Mettsommernachts-Traum. Nina MacKay

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Название Dornröschen und der Mettsommernachts-Traum
Автор произведения Nina MacKay
Жанр Языкознание
Серия Hipster-Märchenreihe
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783959919883



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lächle ich zurück und reiche ihm sein Handtuch. »Was für eine Idee?«

      Er rubbelt sich zunächst die Haare trocken, dann die Arme und danach den Oberkörper.

      Als er bei seinem Bauchnabel angekommen ist, springen drei Prinzen rechts von uns ins Wasser.

      »Arschbombe!«, kreischt Prinz Philip.

      Schneller, als ich selbst eine Hand heben kann, um mich vor der Flut an Wasserspritzern zu schützen, beugt sich Jaz vor mich, das Handtuch so ausgebreitet, dass es wie ein Vorhang vor meinem Gesicht hängt.

      Ich starre ihn an.

      Er starrt mich an.

      Wir schweigen, ermahnen nicht mal die nichtsnutzigen Prinzen, die vor uns kreischen wie Mädchen. Mein Herz klopft schneller. Wie nah er mir ist. So nah, dass ich seinen Atem auf meiner Wange spüren kann. Etwas blitzt in seinen Augen, während er mich ansieht, als wäre ich sein Happy End.

      Meine Fingernägel krallen sich in die Fugen der Fliesen. Jaz ist perfekt. Ein Traum von einem Mann. Und doch ist er nicht Ever.

       ~Rose~

      Neben ihr sprüht Rapunzel ihren Mettigel mit Kühlspray ein. Mettigel Herbert sitzt in seiner Tupperdose und schaut genauso traurig drein wie seine Besitzerin. Die Olivenaugen hängen ein wenig.

      Nicht weit entfernt hinter der großen Tafel, an der Wand mit dem Geheimfach, übt Gretel mit den Hexen Rexia und Pain Bogenschießen. Die Herzkönigin ist ebenfalls mit von der Partie, misst mit ihren Minibeinchen den Abstand zwischen Zielscheibe vorbei an einem Bild von Snow bis zu Gretels Position. Die beiden grinsen sich an, dann fährt sich Gretel mit der Hand über die kurzen Haare, was Rose an eins ihrer Meerschweinchen erinnert.

      Gerade ist Rexia am Zug, streicht sich die rotbraunen Locken über die Schulter und nimmt den Bogen von Gretel entgegen, die sie mit zusammengekniffenen Augen beäugt. Noch hat die Hexe nicht den Moment der kompletten Vergebung gegenüber ihrer ehemaligen Erzfeindin erreicht. Zugegeben, Gretels Tage in der Leb­kuchenhütte müssen überaus einprägsam gewesen sein.

      »Cinder, beruhige dich. Wir lassen das nicht zu«, sagt Pan zum gefühlt hundertsten Mal.

      Doch Cinder schluchzt weiter. Sie hat ihre Arme auf der Ebenholztischplatte verschränkt und ihren Kopf zwischen ihnen vergraben. »Ich mache es, das schwöre ich. Damit dieser Albtraum aufhört. Wir finden ja keine andere Lösung.«

      »Nur über meine Leiche.« Pan tätschelt ihr den Hinterkopf.

      »O doch! Zumindest vorübergehend gehe ich zu Charming zurück.«

      Das übliche Hin und Her seit vorgestern.

      Rose tippt auf die Landkarte vor ihr. »Wie lange brauchen die Tinker, bis sie mit ihrer Golem-Armee bei uns sein können?«

      »Das ist nicht sicher. Tinkerneat sagte, sie haben einige Probleme mit der Golem-Herstellung. Der Feenstaub geht zur Neige.« Pan wirft ihr einen bedauernden Blick zu.

      Hinter ihm spielt Snow mit ihrem neuen Wurfmesser. Es blitzt im Licht der Morgensonne. Wahrscheinlich hat Charming sie inspiriert, als er sein Schwert nach Jasemin geworfen hat. Jasemin, die nun mausetot ist.

      Rose schluckt, zieht dann den Haargummi aus ihrem Zopf, um ihre Haare zu einem festen Dutt zu drehen. Sie muss nachdenken. In den letzten Tagen ist einfach so verdammt viel passiert. Und sie ist verdammt müde. Aber gerade ist keine Zeit zum Schlafen. Nicht, wenn Aladin geschworen hat, sich an ihnen zu rächen. Genau wie die Dreizehnte Fee, die Reds Großmutter gekidnappt hat. Dieses Neon tragende Miststück.

      Snow dreht das Messer schneller und schneller zwischen ihren Fingern.

      »Wir sollten den Kerker werwolfsicher machen. Verstärkte Gitter, doppelt dicke Hand- und Fußfesseln … So etwas. Besser für zwei Werwölfe als nur für einen. Reine Vorsichtsmaßnahme. Falls wir bei Vollmond sowohl Ever als auch Red dort unterbringen müssen«, sagt Snow sachlich. »Könnte doch sein, dass Red sich so dumm anstellt und Ever rettet, aber nicht an ihr eigenes Schicksal denkt.«

      Daraufhin kassiert sie von Rapunzel einen scharfen Blick. »Dein Herz ist wirklich aus Eis, oder nicht?«

      Snow betrachtet sie, dann Herbert, der liebevoll von Rapunzel gestreichelt wird und heute bereits zwei Auftritte auf Instagram hatte. Einmal auf einem Salatblatt und einmal beim Stricken. Seine Followeranzahl steigt in letzter Zeit schneller als Snows Blutdruck.

      »Wenigstens schlägt mein Herz nicht für einen lausigen Mettigel. Bei allen Hexen des Märchenwalds. Das ist kein Haustier, Rappienz.«

      Rapunzel wirft den Kopf in den Nacken, tut dann so, als würde sie Herbert die Ohren zuhalten. »Wenn du deine Freunde, die Sieben Zwerge, fragst, werden sie das Gegenteil behaupten.«

      Rexia und Pain nicken zustimmend.

      Nur Snow äfft ihre letzten drei Worte lautlos nach, wobei sie ihren Kopf übertrieben hin und her dreht.

      Rose nippt seufzend an ihrem Wasserglas.

      »Zu allem Überfluss hat die Dreizehnte Fee ihren Feen­zauberstab wieder. Ansonsten hätten wir das Insekt einfach zerquetschen können«, sagt Snow und zieht dann ihren eigenen Zauberstab aus ihrer Frisur, der streng genommen bis vor drei Wochen noch ihrer Stiefmutter, der Hexe Bane, gehört hat. Damit kann man immerhin drei Wünsche pro Tag erfüllen, aber auch nicht alles herzaubern, was man will. Nicht das Ende des Krieges. Lediglich kleine Veränderungen, wie mehr Schrumpfkuchen hexen.

      Die Tür wird aufgerissen.

      »Flippt jetzt nicht aus!« Fear kommt in Begleitung von ihrem Sohn Asher in den Saal gestürmt. Natürlich flippen sowohl Rapunzel als auch Cinder komplett aus. Zumindest, als sie die Drohne bemerken, die hinter Fear hereingeschossen kommt.

       ~Red~

      Auf einmal fällt mir ein, wie der Teufel bei unserer dritten Youtube-Challenge vor drei Tagen behauptet hat, ich würde sie beide lieben. Jaz und Ever. Tief in mir weiß ich, dass es stimmt. Mit dem Unterschied, dass Ever mein Seelenverwandter ist und Jaz eben nicht. Meine Haut beginnt zu prickeln. Vielleicht kann man zwei Männer lieben, aber niemals beide gleich … Ich kann ihn nicht ansehen, obwohl sein Blick auf mir lastet wie die Heiz­decke meiner Großmutter, die einem ab und zu auch mal einen elek­trischen Schlag verpasst. Jaz’ Präsenz ist fast zu viel für mich. Eine Welle umspült meine nackten Füße, verursacht von drei raufenden Prinzen, die sich benehmen, als hätten wir keine anderen Sorgen. Immerhin bleibt mein Rock trocken.

      Seufzend sehe ich auf, direkt in Jaz’ Augen. Tiefdunkel mit geweiteten Pupillen. Selbst jetzt nach dem Schwimmen umhüllt ihn noch sein unverwechselbarer Geruch nach Süßholz und Mango. Und er, Jaz, ist unbestreitbar etwas ganz Besonderes. Denn er ist das Verlorene Kind. Bestimmt dazu, das Schicksal unserer Welten in die richtigen Bahnen zu lenken.

      Als hätte er meine Gedanken erraten, berührt er mich sanft am Ellenbogen. »Keine Sorge, wir schaffen das. Wir bekommen das Hexenblut für Ever, und deine Großmutter holen wir in drei Stunden ab. Ganz sicher.«

      Genau, wenn wir mit den zwei durchgeknallten Terroristen verhandeln.

      Er stockt. »Ich weiß, du machst dir Sorgen wegen der Vollmondnacht. Aber es gibt Schlimmeres, als ein Werwolf zu sein.« Er nimmt meine Hand in seine. »Ever hat es bisher auch überlebt.«

      »Mhm«, sage ich, »dann wäre da aber noch Aladin, der unseren Märchenwald für sich haben und uns am liebsten tot sehen will. Er wird kommen. Bald. Sehr bald. Vielleicht wird er noch grausamer zuschlagen als Jasemin. Er und sein Dschinn.«

      »Wunschmagie.« Jaz seufzt. »In der Tat sehr unberechenbar, aber auch damit kommen wir klar.«

      Seinen Optimismus kann ich nicht so recht teilen. »Wir wissen es nicht«, sage ich schließlich und zucke mit den Schultern. »Du wolltest mir von einer Idee erzählen?«

      »Richtig.« Während Jaz sich ein wenig aufrechter hinsetzt, strecke ich meine Füße ins Wasser und lasse sie vor- und zurückgleiten. Im Wasser