G.F. Barner 1 – Western. G.F. Barner

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Название G.F. Barner 1 – Western
Автор произведения G.F. Barner
Жанр Языкознание
Серия G.F. Barner
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740956240



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frei, dann ziehst du das an! Geredet wird jetzt nicht mehr, erst recht nicht geschrien, wenn wir mit euch draußen sind. Luke, ich traue ihr nicht, sie könnte so verrückt sein, draußen ein Geschrei anzustimmen. Los, den Mund auf!«

      Er gab ihr wieder den Knebel, sah zu, wie sie die Bluse überzog und band ihr dann die Hände.

      »He, Jake, hol mehr Stricke, wir brauchen einige, um sie fest an die Pferde zu binden. Geh schon, Mann!«

      Patingly ließ Joan Powell am Tisch auf den Dielen sitzen.

      »Bewegt euch ja nicht!«, drohte er. »Wir brauchen noch ein paar Dinge für den Rückweg, was, Luke? Vergiss deine Zigarren nicht.«

      Luke Cardona nickte finster. Er dachte an das Kartenspiel, das Jeff Conrads auf der Rückseite gezeichnet hatte. Der Kartenhai hatte todsicher sämtliche Karten bekritzelt, sodass es aussah, als hätte ein Kind sie mit einem Bleistift bemalt. Und doch musste eine bestimmte Kartengruppierung dann den Plan zeigen, der seine Schwester zu dem Versteck seines Geldes geführt hätte.

      Verflucht gerissen, dachte Cardona mit widerwilliger Bewunderung und steigender Besorgnis, darauf wären wir nie gekommen. Wir müssen sehen, dass wir den Kerl lebend erwischen. Vielleicht hat sich der schlaue Fuchs noch etwas einfallen lassen, was?

      Er sah sich mürrisch um. Sein finsterer Blick fiel auf die junge hübsche Frau, und er dachte daran, was Patingly mit ihr machen würde, wenn sie das Geld erst mal hatten. Patingly konnte wie ein Tier sein, wenn es um Frauen ging. Dann sah er zur Tür, durch die Ballard in den Flur verschwunden war, um Stricke zu holen.

      Ich brauche eine neue Hose, dachte Cardona, ich brauche auch zwei Hemden. Die hier – sein Blick wanderte wieder zu den Gefangenen – die brauchen nichts mehr, was?

      Er ging zum Regal und hörte Patingly kramen. Im Lagerraum war Ballard verschwunden, sonst war niemand im Haus – oder doch?

      *

      Etwas hatten sie vergessen, das Schlafzimmerfenster Joan Powells. Es stand immer noch offen, und der Mann war bereits aus dem Zimmer. Er war jetzt am unteren Ende der Treppe, hatte die Stiefel ausgezogen und den Colt in der Faust. Dann huschte er an der Bürotür vorbei, sah das Licht aus dem Lagerraum in den Gang fallen und hörte Ballard leise brummeln.

      »Mist!«, murmelte Ballard. »Verdammter Mist, lauter dicke Seile, nur kein dünner Strick mehr. Nun ja, Holzfahrer brauchen dicke Seile. Von denen sind genug da, ganze Taurollen. Oha, da ist ja doch noch eine Rolle, was?«

      Er sah sie hinter den dicken Taurollen, bückte sich, zerrte die dünne Seilrolle hoch.

      Im selben Moment kam der Mann herein.

      Ballard, dachte Jim grimmig und schlich auf ihn zu. Ballard, du hagerer Schurke, habe ich dich?

      Ballard schnaufte, zerrte die Rolle an zwei dicken Taurollen vorbei und kniete auf der dritten.

      »He, Jake, wo bleibst du denn?« Im Store rief Patingly leise.

      »Ich komme schon«, antwortete Ballard. Er sah sich nicht um, er wuchtete die schwere Rolle hoch und wollte aufstehen. »Verflucht, ist das Zeug schwer!«

      Er schob den linken Arm durch die Rolle.

      Im selben Augenblick schlug Jim zu. Der Coltlauf knallte Ballard von hinten über den Kopf und ließ den hageren Mann nach vorn kippen. Ballard stürzt auf die knarrenden Taurollen, rutschte ab, fiel schlaff auf die Seite.

      Schnell, dachte Jim besorgt, nur schnell, sonst ist es zu spät.

      Er sah auf Ballard hinab, entriss ihm den Colt und das Messer, warf beides in eine Kiste mit Putzwolle. Dann fuhr er herum, denn Patingly meldete sich schon wieder: »Jake, bring einen Sack mit, ich muss das Zeug verstauen. Beeil dich etwas, Mann!«

      Jim machte kehrt, ließ Ballard liegen und zog die Tür zu. Dann drehte er leise den Schlüssel um und huschte durch den Gang, bis er um die Ecke in den Store sehen konnte. Er sah den Tisch, den alten Mann am Boden und die junge Frau. Sie saß mit dem Rücken an einem Tischstollen, den Blick zur Tür gerichtet, den Knebel im Mund. Ihre Augen weiteten sich jäh.

      Rechts polterte etwas, rechter Hand war der Tresen, links zwei, drei Regale in einem Winkel, an denen Cordona stand und eine Hose mit gespannten Armen auseinanderhielt. Dann erst sah Jim Patingly.

      Patingly kauerte in der Hocke hinter dem Tresen. Er hatte die Sachen, die er mitnehmen wollte, auf den Tresen gepackt und nahm nun einige Dosen aus dem zweituntersten Regalbrett. Patingly schob die Dosen achtlos zu den anderen Sachen auf dem Tresen. Einen winzigen Moment tauchte er hoch, um dann wieder zu verschwinden.

      Im selben Augenblick sank Jim herab. Drei Schritt waren es bis zum Tresen, aber Cardona warf nun die Hose fort, wendete sich um. Jim zuckte zurück, blieb hinter der Tür geduckt stehen, hielt den Atem an. Er war nicht sicher, ob Cardona ihn nicht gesehen hatte.

      Schritte jetzt … Cardona ging los, und Jim stiegen die Haare hoch.

      »Was habt ihr denn hier für Zwerge?«, knurrte Cardona mürrisch. »Das sind ja Hosen für ein Kind, verdammt! Vielleicht passen die hier, was?«

      Es schurrte, als wenn jemand einen Karton über den Boden schleifte. Die Schritte waren verstummt, Papier raschelte jetzt. Jim riskierte es, blickte wieder um die Tür. Und dann wusste er, wohin Cardona gegangen war. Der dicke, bullige Mann stand nun drüben in der Ecke am Ende des Tresens und war kaum drei Schritt von Patingly entfernt. Der kauerte hinter dem Tresen, saß dort so gut, dass er sich nur hinzuwerfen brauchte, wenn Jim beide anrief, um dann den Colt zu ziehen und hinter dem Tresen hervorzuschnellen. Patingly konnte sofort verschwinden, aber auch Cardona stand zu schlecht für Jim. Der bullige Bursche konnte hinter dem Tresen Deckung finden. Zudem stand er mit Patingly in einer Linie. Es gab nur einen Weg, den Jim noch sah – er musste zum Tresen, hinter ihn, und versuchen, zuerst Patingly zu erwischen. Noch hatte Jim eine Chance, aber sie war vorbei, wenn er wartete. Zweimal hatte Patingly nach Ballard gerufen. Rief er noch einmal, bekam er keine Antwort mehr, würde er misstrauisch werden.

      Jim sank ganz herunter, kroch los. Die Frau blickte starr zu ihm hin, sie verfolgte ihn, bis er den Tresen erreicht hatte. An diesem Ende gab es einen schmalen Durchlass. Eine Kiste stand Jim im Weg. Er stieg vorsichtig über sie, bis er den Blick auf den Gang hinter dem Tresen frei hatte und Patingly sah.

      Der kleine Mann kramte in einer Schublade. Neben Patingly stand die Zigarrentonne auf einer kleinen Bank, aber Patingly wandte Jim den Rücken zu.

      Sieh dich nicht um, dachte Jim und kroch auf den Giftzwerg zu, kram nur weiter, du Schurke. Und jetzt …

      Er war einen Schritt hinter Patingly, als der die Schublade zuwarf, in der Hocke herumkam und …

      Aus, dachte Jim bestürzt, er sieht sich um.

      Jim schnellte hoch, schwang den Colt herum. Und dann sah ihn Patingly, wollte sich zur Seite werfen und riss den Mund zu einem Warnschrei auf.

      In derselben Sekunde flog Jim in die Seitenbewegung des kleinen Halunken hinein. Jim hatte geahnt, dass Patingly noch wegtauchen wollte. Er schlug knallhart zu. Sein Colt traf Patingly über dem linken Ohr.

      Der kleine Kerl schrie nicht, er starrte Jim den Bruchteil einer Sekunde entsetzt an, ehe ihn der Colt erwischte und der Hieb ihn betäubte. Patinglys rechter Arm, mit dem er sich abgedrückt hatte, gab jäh nach.

      Der kleine Mann kippte genau gegen die Bank. Aus seinem Sprung nach rechts würde nichts mehr, doch dafür stieß er die Bank um.

      Die Zigarrentonne stürzte polternd von der Bank. Sie fiel dorthin, wohin Jim im selben Moment den Fuß setzen wollte, um zum nächsten Satz abzuspringen.

      Was dann geschah, das kam zu schnell.

      Jims Tritt landete auf der Tonne. Sein Fuß rutschte ab, sein Bein wurde ihm weggerissen. Statt sich abstemmen zu können, trat Jim ins Leere. Plötzlich schoss er vornüber, flog über den zusammengesackten Patingly, prallte mit voller Wucht gegen das Regal und riss im Stürzen ein Dutzend Konservendosen hinaus. Irgendwo blieb seine Hand hängen. Er spürte noch, dass das Regalbrett nachgab, herumschwang