G.F. Barner 1 – Western. G.F. Barner

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Название G.F. Barner 1 – Western
Автор произведения G.F. Barner
Жанр Языкознание
Серия G.F. Barner
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740956240



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Lachen des kleinen, krummbeinigen Burschen. Erinnerungen wurden jäh in Patingly wach. Erinnerungen an seine mexikanische Bürgerkriegszeit und einen Kerl, der nicht hatte reden wollen. Da hatte Patingly sein Rasiermesser genommen und dem Mann wenig später sein Ohr gezeigt. Sie hatten gebrüllt vor Lachen …

      »Also, ich gebe deinen Hals jetzt frei«, sagte Cardona finster. »Versuch nichts, Mister, denn sonst bist du tot, klar?«

      Er nahm die Hände zurück, aber nur um zwei Zoll. Dann sah er den Alten starr an. Der schnappte nach Luft, würgte, hustete wie verrückt.

      »Hör auf zu husten, du Narr!«, zischte Patingly. »Reiß dich zusammen! Immer ruhig, dir wird gleich besser, Alter! Aber vergiss nicht – ein Schrei, dann bist du hin! Wer ist im Haus, he?«

      »Nur meine Schwiegertochter.«

      Einen Moment sahen sich Cardona und Patingly an. Sie hatten den Alten für irgendeinen Gehilfen gehalten, zu alt, um woanders Arbeit zu finden. Der Schwiegervater der Frau? Daran hatten sie nie gedacht.

      »Dann heißt du Powell?«

      »Ja«, gab der Alte dünn zurück. »James Powell. Ich – ich … Was wollt ihr?«

      »Sie ist bestimmt allein?«, zischte Cardona. »Und dein Sohn, wo ist dein Sohn, he?«

      »Mein Sohn?«, stammelte der Alte, sah sie groß an. »Der ist doch tot, vor zwei Jahren schon …«

      Tot? Das hatten sie auch nicht gewusst. Sie hatten mit dem Mann gerechnet.

      »Und sonst ist niemand da, auch im Hotel kein Mensch?«

      »Niemand«, bestätigte der Alte mit pfeifendem Atem und zitternden Lippen. »Wer kommt denn schon her, nur Holzaufkäufer, und die auch selten. Leute, was soll das, was wollt ihr?«

      Er riss die Augen weit auf, denn Patinglys Hand zuckte hoch. Das Rasiermesser lag ihm am Hals.

      »Wo ist er, wo?«, flüsterte Patingly. »Los, raus damit! Wo ist er hin, wo hat er sich verkrochen, der Hund?«

      »Wer – wer?«, ächzte der alte Powell. »Wen meinst du, Mann?«

      »Wen schon, Conrads!«, giftete Cardona. »Spuck es aus! Wo ist er, wann ist er gekommen und wieder gegangen? Na, wird’s bald?«

      »Conrads? Jeff?«

      »Ja«, antwortete Patingly. Wut schoss in ihm hoch, weil der Alte ihn verstört ansah, sich verstellte, nichts von Conrads wissen wollte.

      »Mensch, ich schneide dir den Hals durch. Versuch nie wieder uns anzulügen, sonst bist du fertig! Wo ist Conrads, wo?«

      »Ich – ich weiß nicht«, schnaufte Powell. Sein Hinterkopf schlug gegen die Remisenwandbretter, aber dann konnte er nicht weiter zurück. Das Messer Patinglys presste sich gegen seine Haut. »Nicht, nicht! Ich, ich weiß nichts von Conrads, soll er etwa hier gewesen sein? Nicht, Mann, nicht! Ich weiß es bestimmt nicht, ich schwöre es.«

      »Der weiß wirklich nichts«, bemerkte Cardona unterdrückt.

      »Wo bist du gestern gewesen – abends?«

      Die Antwort kam sofort und ohne Zögern.

      »Bei Penrose, wir haben Karten gespielt, Mister. Du kannst ja fragen.«

      Sie sahen sich an und fluchten leise. Der Alte log nicht.

      »Also gut«, giftete Patingly, »wir glauben dir. Ist dir nichts aufgefallen? Deine Schwiegertochter, ist sie nicht aufgeregt, unruhig, he? Seit dem ges­trigen Abend ist sie bestimmt nicht mehr so ruhig wie sonst, oder?«

      »Sie – ja, sie ist etwas unruhig, das stimmt«, gab der Alte zu. »Ich habe sie gefragt, sie sagt, es müsste am Wetter liegen.«

      »Am Wetter!«, zischte Cardona höhnisch und packte den alten Powell am Kragen. »So, am Wetter, was? Jetzt pass mal auf, du Narr. Du tust genau das, war wir dir sagen. Wehe dir, du machst einen Fehler!«

      Sie mussten ins Haus. Und er musste ihnen dabei helfen. Jetzt waren sie sicher, dass der Spieler hier gewesen war …

      *

      Das Würgen saß James Powell wie ein dicker Kloß in der Kehle. Er spürte, wie seine Knie immer heftiger zitterten und seine Hand so schweißig geworden war, dass sie die Laterne kaum noch halten konnte. Powell öffnete die Hintertür, blickte in den Flur, zog den Kopf zwischen die Schultern.

      Du großer Gott, dachte der Alte, ich muss es doch tun. Sie bringen mich um, sie werden Joan auch töten, wenn ich nicht gehorche.

      Die Hand war plötzlich neben ihm, sie stieß gegen die Tür, sodass sie ganz herumschwang und gegen die Wand schlug. »Dad?«

      In der nächsten Sekunde tauchte das Messer vor ihm auf. Der große bullige Mann hielt es ihm vor die Augen.

      »Ja, ich«, sagte Powell. Er hörte sich reden, doch seine Stimme kam ihm fremd und gepresst vor. »Alles in Ordnung, ich habe überall abgeschlossen, Joan.«

      »Gut, Vater. Hilfst du mir noch?«

      »Ja, sicher.«

      Ihre Stimme kam aus dem kleinen Büro, einem Raum rechts im Gang, der vom Vorflur aus nach rechts und links lief, rechts zum Store und nach links in den Anbau, das eigentliche Lager, führte. Zwischen Store und Saloon war nur eine Tür, aber die war längst abgeschlossen.

      Abschließen, dachte Powell, ich muss die Hintertür wie jeden Abend verschließen. Mein Gott, da sind sie schon.

      Der kleine Mann mit den krummen Beinen schlich auf Socken an ihm vorbei und presste sich an der Ecke des Vorflurs gegen die Wand. Nur der bullige Kerl blieb bei Powell, hielt ihm nun aber das Messer an den Hals. Der hagere Bursche lehnte jetzt neben der Hintertür, den Colt in der Faust, die Mündung auf Powell gerichtet.

      Cardona sagte nichts, nur sein Messer zuckte herum, zeigte zur Tür.

      Powell schloss ab, legte sogar den Riegel vor. Dann ging er mit weichen Knien los, er trat fest auf die Dielen und dachte an Joan, seine Schwiegertochter. Dort hinten saß sie nun wie jeden Abend über dem Tageseinnahmenbuch. Im Store waren noch einige Dinge aufzuräumen.

      Viele Kunden hatten sie heute nicht gehabt, es würde also nicht lange gedauert haben, bis sie zu Bett gehen konnten.

      Früher waren sie manchmal erst zwei Stunden nach Mitternacht zur Ruhe gekommen, früher …

      Sein Sohn hatte damals noch gelebt, war glücklich in diesem Haus gewesen und stolz auf seine junge Frau. Achtzehn war sie gewesen – damals. Und ganze zwanzig Jahre alt, als ein Miner der Silverstone-Mine ihren Mann erschossen hatte. Sie hatte so wenig weggehen wollen wie er, der alte James Powell. Da war das Grab, das sie beide hielt.

      Vielleicht, dachte der alte Powell, vielleicht wäre sie längst weggegangen, wenn ihr Bruder Jeff nicht vor den Spencers hätte fliehen müssen. Budd Spencer war verrückt, nachdem Jeff seinen Bruder erschossen hatte. Nachgeritten sind sie Jeff, die halbe Spencer-Sippe. Zuletzt ist ihm nur noch Budd gefolgt, um ihn für Charlies Tod bezahlen zu lassen.

      Der Narr Budd, von hinten hat er auf Jeff geschossen, und er hatte ihn doch noch erwischt. Die anderen Spencers haben Jeff geschworen, dass er, käme er jemals wieder nach Silver City, von ihnen getötet werden würde. Darum ist Jeff nicht hergekommen, darum hat er Joan geschrieben, sie solle warten, er würde irgendwann genug Geld haben, um irgendwo einen feinen Saloon zu kaufen und sie dann zu sich zu holen …

      Der Alte zauderte plötzlich. Er war dicht vor der Tür zu jenem kleinen Büroraum.

      Joan, dachte er, was wollen sie? Sind sie von den Spencers gekauft worden, jetzt, nach so langer Zeit? Warum sind sie nur hinter Jeff her, warum? Und warum hat sie mir nicht gesagt, dass er bei ihr gewesen ist, warum denn nicht? Das Messer war jäh da, saß ihm wie ein spitzer Dorn im Nacken, konnte blitzschnell zwischen die Nackenwirbel gestoßen werden. Dann war er tot.

      »Geh!«, zischelte der große, bullige Bursche. »Gehst du?«

      Aus!