Название | Globetrotter-Spirit: Reisen als Lebensschule |
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Автор произведения | Группа авторов |
Жанр | Книги о Путешествиях |
Серия | |
Издательство | Книги о Путешествиях |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783280090794 |
Exotische, fremdartige Kulturen üben auf den westlichen Zivilisationsmenschen, der bereits in einer recht eintönigen Uniformität lebt, grosse Anziehungskraft aus. Doch das Andersartige verunsichert auch, und aus Unkenntnis über andere Bräuche und Tabus kommt es immer wieder zu Missverständnissen zwischen Besuchern und Einheimischen.
Um Enttäuschungen und schlechten Erfahrungen vorzubeugen, ist es wichtig, sich bereits vor der Abreise vorzunehmen, für alles Neue offen zu sein und Vorurteile daheim zu lassen. Sinnvoll ist es, sich vor der Abreise nicht nur über touristische Treffpunkte und Sehenswürdigkeiten zu informieren, sondern ebenso über Geschichte, politische Situation, Geografie, Religion und allgemeine Lebensformen.
Will ich das Wesen einer anderen Kultur ehrlich erfahren, werde ich nicht umhinkommen, von gewohnten Prinzipien und starren Verhaltensmustern Abstand zu nehmen. Wer im besuchten Land an allem, was ihm fremd und unverständlich erscheint, herumnörgelt, wird Stress statt Spass haben. Und jene, die als Besserwisser auftreten, werden zwar eine Reise, aber keine innere Bereicherung erleben. Aber gerade Reiseerfahrungen können zu einem Reichtum werden, der einem nicht mehr genommen werden kann.
Reisen als Entwicklungsprozess
Reisen kann jedenfalls wesentlich mehr sein als Besichtigen. Reisen bietet Gelegenheit, sich intensiv mit anderen Kulturen und ihren Werten auseinanderzusetzen. Und aus der sich offenbarenden Vielfalt und Fülle an Lebenssichten kann man wertvolle Bausteine für sein eigenes Lebensgebäude mit nach Hause nehmen.
Reisen steigert das Selbstvertrauen, fördert das Wahrnehmungs-, Unterscheidungs- und Empfindungsvermögen, kräftigt Geist, Seele und Körper. Reisen kann zu einem Entwicklungsprozess werden, der nicht mehr zum Stillstand kommt. Reisen wird so zum Lehrmeister, der stetes Nachdenken, Überdenken und Umdenken verlangt. Das trägt dazu bei, seine eigene Lebensphilosophie zu finden, die unabhängig macht von den Meinungen anderer.
Reisen verändert. Die stete Veränderung spontan und schrankenlos anzunehmen, gehört zu den Grundprinzipien des Reisens. Niemand bringt das besser zum Ausdruck als Sokrates, der über einen Freund sagte, der von einer Reise zurückkam, als sei er gar nicht weggewesen: «Er konnte sich nicht verändern, denn er hat sich selbst mitgenommen.»
Wer sich beim Reisen nicht verändert, hat den Sinn des Reisens nicht verstanden. Die Veränderung, die neue Horizonte in dein Leben bringt, ist der ganze Gewinn.
Überraschende Aktion: Walo Kamm wird ein Adler in die Hand gedrückt (Nordafghanistan, 1973).
Ein Jahr Auszeit für alle?
Vom flüchtigen Schaum zum gelebten Traum: Wie wir in der Badewanne Mut zum Ausbrechen schöpften – und dann zu glücklichen Langzeitreisenden wurden.
Von Christoph und Simone Traber
Letztlich waren es nur zwei Entscheidungen, die uns jahrelang von der Verwirklichung unseres grossen Traumes abhielten: das Aufgeben von Job und Wohnung – oder mit anderen Worten: Sicherheit und Bequemlichkeit. Wie Schiffbrüchige an einem Stück Treibholz halten wir uns krampfhaft an dieser «Sicherheit» fest, als würde unser Leben davon abhängen. In diesem speziellen Reisebericht geht es um die Wohltat des Loslassens und das Glück des Zeithabens. Das war unser Ziel, als wir uns zu einer einjährigen Auszeit entschlossen.
Auslöser
Wie lange wir insgesamt nur davon geträumt hatten, uns eine Auszeit, ein Sabbatjahr, zu gönnen, ist im Nachhinein schwer zu sagen. Hingegen erinnere ich mich sehr genau an die Auslöser, die unseren Gedanken endlich auch Taten folgen liessen. Zuerst war da dieser Jugendtraum meiner Frau, den wir uns zunächst erfüllten: eine gemeinsame vierwöchige Indienreise. Dabei trafen wir auf viele Langzeitreisende, mit denen wir inspirierende Gespräche hatten.
Kaum zurück, wurde unser Traum vom Ausstieg auf Zeit immer übermächtiger. Jeder Gang auf eine Behörde, jede kleinkarierte Bemerkung eines Nachbarn füllten das Fernweh-Fass bis an den Rand des Erträglichen. Zum Überlaufen aber brachte es die Diashow eines Kölner Paars, das während 16 Jahren mit Motorrädern die Welt bereiste. Der Vortrag endete mit dem Tipp: «Allen, die von so einer Reise träumen, gebe ich diesen Rat: Setzt euch gleich einen fixen Termin für eure Abreise – und dann handelt entsprechend!»
Badewannen-Entscheid
Nach einem langen Gespräch in der Badewanne erkannten wir, zwar erst 32-/34-jährig, doch mittlerweile mit schrumpliger Haut, dass unsere Zeit für diesen entscheidenden Schritt nun gekommen sei. Wir wollten unseren Traum leben! Jetzt – und mit allen Konsequenzen!
Und so sass am nächsten Tag jeder von uns im Büro seines Chefs – und kündigte. Einfach so. Als ich das Büro verliess, fragte ich mich, ob meine Frau es wohl auch «durchgezogen» hatte. Abends erwartete mich zu Hause meine Frau bereits mit der Frage: «Und?» Ich nickte nur und fragte zurück: «Und du?» Auch sie nickte.
Noch am selben Abend klingelten wir bei unserem Vermieter und kündigten unsere Wohnung. Und das wars auch schon, im Wesentlichen. Es waren nur zwei Gespräche, zu denen wir uns überwinden mussten, die uns so lange von unserem Traum getrennt hatten. Mit diesem einfachen Schritt veränderten wir unser Leben – positiv und nachhaltig.
Vogelfrei
2 Uhr morgens, wir sind in Mumbai (ehemals Bombay) gelandet. Mir ist speiübel und himmelangst: Was haben wir da getan?
Auf der Fahrt durch das nächtliche Mumbai schlägt mir das Herz bis zum Hals, denn erst jetzt wird mir das ganze Ausmass unserer Entscheidung richtig bewusst: Wir sind nun obdachlose Vagabunden auf unbestimmte Zeit. Andererseits, im Gegensatz zu den vielen Bettlern am Strassenrand, die von katzengrossen Ratten belagert werden, haben wir eine Kreditkarte, mit der wir jederzeit diesem Leben entfliehen könnten.
Nach einer unruhigen Nacht schlage ich die Augen auf. Ich höre Raben krächzen und Rikschas hupen und rieche diesen unbeschreiblichen Duft Indiens. In diesem Moment bin ich erfüllt von Glück. Ich verspüre ein unglaubliches Freiheitsgefühl: Wir sind weg! Weit weg! Wir haben uns freigekämpft! Keine Erwartungen und keine Verpflichtungen mehr. Wir können tun und lassen, was wir wollen. Wir sind frei!
Luxus Zeit
Die letzten Wochen vor unserer Abreise waren noch hart gewesen. Unzählige Behördengänge standen an, Verträge mussten gekündigt, Versicherungen sollten abgeschlossen oder stillgelegt werden. All unsere Möbel wurden bei Freunden untergestellt. Familie und Freunde galt es zu verabschieden. Und 1000 Dinge zu erledigen.
Deshalb entschädigen wir uns für diese hektische Zeit nun mit etwas Strandleben – in Goa. Die Tage dort am Strand sind mir als die befreitesten Momente meines Lebens im Gedächtnis geblieben: Wir geniessen es unendlich, Zeit zu haben. Wie ewig. Morgens sitzen wir auf roten Stühlen am Strassenrand und trinken unseren Chai, sehen den heiligen Kühen und den traurigen Strassenkötern zu. Wir schaukeln in unseren Hängematten und haben endlich einmal die Zeit und Ruhe, um über unser Leben nachzudenken und uns für zukünftige Schritte inspirieren zu lassen. Es ist ein Luxus, Zeit zu haben. Und so wichtig für die Seele. Nun kann die Reise wirklich beginnen.
Zuerst führt unsere Route kreuz