Vergangenheitskampf. Corinna Lindenmayr

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Название Vergangenheitskampf
Автор произведения Corinna Lindenmayr
Жанр Контркультура
Серия
Издательство Контркультура
Год выпуска 0
isbn 9783967526554



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er würde zurückschlagen, so hart und unberechenbar, dass nichts und niemand daraus entkommen konnte.

      Max hörte das laute »Schsch« der Schlittschuhe auf dem Eis der anderen Spieler die immer näher auf ihn zukamen und sich mit seinen eigenen vermischten, während er mit dem Puck an seinem Schläger weiter auf das Tor von Johnny Malcury, dem Torhüter der Krefelder Pinguine zusteuerte.

      Von links näherte sich sein Teamkollege Ryan LeLane. Er drehte seinen Körper leicht in dessen Richtung, fixierte den Puck mit seinem Schlägerkopf und konzentrierte sich auf den Abschuss. Keine Sekunde später donnerte er durch einen Bodycheck von Toni Mellone mit voller Wucht gegen die Bande.

      Er schüttelte sich kurz, rückte seinen Helm wieder gerade und steuerte seitlich auf das Tor zu um für einen weiteren Pass bereit zu sein. Ryan gab den Puck zunächst an Jonas, dieser zurück an Ryan. Max warf einen kurzen Blick auf die Anzeigentafel der Hallenmitte. Es waren noch knapp 3 Minuten im letzten Drittel zu spielen und sie lagen mit einem Tor hinten. Wenn sie dieses Spiel verloren standen die Chancen auf die Teilnahme der Play-Offs gegen Null.

      Sie mussten sich zumindest in die Verlängerung retten. Ein Punkt wäre zwar nicht perfekt, aber er würde sie wenigstens im Spiel halten.

      Ryan fuhr ein paar Meter weiter um sich besser in Schussposition bringen zu können, während Max seine Position hielt. Er beobachte seinen Kollegen genau, analysierte seine Körperhaltung und in dem Moment als der Puck Richtung Tor steuerte und von dem Torwart zurück prallte war er bereit. Mit nur einer einzigen Bewegung hielt er seinen Schläger exakt so, dass er den Winkel zur oberen Netzkante im Visier hatte und schoss.

      Das Netz vibrierte als die schwarze Scheibe darin versank, der Schiedsrichter abpfiff und die Zuschauertribüne mit Jubelschreien explodierte.

      Max riss die Arme nach oben und wäre am liebsten vor Dankbarkeit auf die Knie gegangen. Denn auch, wenn dieser Sport eine Teamarbeit war und man für Sieg oder Niederlagen selbst verantwortlich war, gehörte einfach hin und wieder ebenfalls ein Quäntchen Glück dazu. Und dieses Mal war es definitiv Letzteres gewesen. Wäre der Puck auch nur ein paar Zentimeter anders zurückgeschleudert worden, hätte sein Schusswinkel nicht gestimmt und die Scheibe wäre daneben gegangen.

      Er ließ sich von seinen Kollegen auf dem Eis umarmten, klatschte dann an der Bande mit den restlichen Spielern ab bevor der Schiedsrichter wieder auf das Bully zeigte.

      Noch 50 Sekunden. Sie würden das überstehen. Sie mussten einfach.

      15 Minuten später schleppte er sich nach einem 2:1 Sieg in der Verlängerung vollkommen fertig in die Kabine. Sein linker Arm schmerzte von dem Zusammenprall mit Brady Meloy und sein Kopf dröhnte seit dem Moment, als er bei dem Bodyscheck mit Toni gegen die Bande geknallt war. Aber das alles war nicht wichtig. Seine Mannschaft hatte dieses Spiel gewonnen und das war das Einzige was zählte.

      Es war allein sein Problem, dass er, anstatt sich darüber zu freuen und seine Gedanken wieder in Richtung Play-Offs zu lenken an eine zierliche, ziemlich süße schwarzhaarige junge Frau dachte, die ihn mit ihren braunen Kulleraugen und diesen zartrosa Lippen echt umgehauen hatte. Er sollte sich dringend wieder auf die wichtigen Sachen konzentrieren. Er hatte keine Zeit für Ablenkungen. Und Emma-Sophie schrie förmlich danach. Er sollte sie vergessen. Allerdings war dies angesichts der Tatsache, dass er sich mit ihr verabredet hatte, gar nicht so einfach. Denn dieses Mal gedachte er auch, dieses Treffen einzuhalten.

      »Was meinst du damit, er ist nicht aufgetaucht?« Bea saß ihr gegenüber auf einer alten Holzbank im Garten des Kinderheims und spießte sich ein Stück ihres Hühnchens auf die Gabel. Da es trotz der Kälte ein recht sonninger und angenehmer Tag war, hatten sie beschlossen, diesen mit den Kindern im Freien zu verbringen.

      Emma zog ihren Schal ein wenig fester um den Hals. Sie wollte eigentlich nicht unbedingt von ihrem gestrigen Abend erzählen. Was mehr daran lag, dass er sie so emotional aufgewühlt hatte. Die ganze Nacht konnte sie kein Auge mehr zu machen. Ständig musste sie wieder an den Tag denken, als ihre Mutter gestorben war. An den Unfall, der alles veränderte. Die letzten Jahre war es ihr gelungen, ihre Vergangenheit ziemlich gut zu vergessen, aber aus irgendeinem nicht erklärlichen Grund gelang es ihren Erinnerungen sich plötzlich wieder in den Vordergrund zu drängen.

      Emma zuckte mit den Schultern. »Er hat mich versetzt.«

      Ihre Freundin kniff die Augen zusammen. »Ich dachte du hättest dieses Treffen öffentlich gewonnen?« Hatte sie auch. Nur war das einem Max Christensen wohl egal gewesen.

      »Tja, letztendlich habe ich ihn ja dann doch noch getroffen.«

      Bea sah sie fragend an und Emma verfluchte sich im Stillen dafür, diese Worte ausgesprochen zu haben. Jetzt würde sie alles erzählen müssen, auch diese Sache mit dem Date.

      Nun, das hatte sie sich selbst zuzuschreiben.

      Ergeben berichtete sie Bea daher von dem gestrigen Abend, dem Zusammenstoß und dass Max sie nach Hause gefahren und dann zu einem nächsten Treffen eingeladen hatte. Was sie jedoch verschwieg, war die Tatsache, dass ihr bei dem Gedanken daran, verdammt kribbelig zu Mute war. Denn auch, wenn sie keinen großen Wert darauf legte, diesen Max noch einmal wiederzusehen musste sie dennoch zugeben, dass er mehr als nur ein bisschen gut ausgesehen hatte.

      »Wow, da tust du all die Jahre so, als würde dich kein Mann mehr interessieren und dann angelst du dir gleich einen von der Sorte, hinter dem alle Frauen her sind.« Bea grinste sie an. »Respekt meine Liebe.«

      »Ich angle mir überhaupt niemanden. Und ich werde nicht mit ihm ausgehen.« erwiderte Emma trotzig.

      »Natürlich wirst du mit ausgehen. Hallo? Wir reden hier von Max Christensen! Dem Eishockeykapitän der Augsburger Panther mit dem so ziemlich jede zusammen sein will!«

      »Tja, nicht jede.«

      »Schätzchen, du kannst ja versuchen dich selbst zu belügen, aber bei mir schaffst du das nicht.« Bea sah sie mit diesem durchdringenden Blick an, mit dem sie alle ansah, von denen sie dachte, dass sie vollkommen falsch lagen. Und Bea war eine Person, bei der das verdammt oft vorkam.

      Auch wenn sie es gar nicht wollte, musste Emma lachen. »Okay, vielleicht will ich ein klitzekleines bisschen mit ihm ausgehen. Aber das spielt keine Rolle. Er ist genau das Gegenteil von dem was ich mir einmal wünsche.«

      Bea verdrehte die Augen. »Himmel, du sollst ihn ja auch nicht gleich als potentiellen Ehemann ansehen.«

      »Sondern nur als möglichen Liebhaber, ich weiß. » vollendete Emma abwehrend den Satz. »Aber nein danke. Auch darauf kann ich sehr gut verzichten.«

      »Worauf kannst du verzichten?« Nickolas Petersen, der von allen nur Nick genannt wurde und seit kurzem als Praktikant bei ihnen arbeitete, gesellte sich zu ihnen. Nick war genauso alt wie Bea, was bedeutete, dass er in etwa drei Jahre älter sein musste als Emma. Er war groß, knapp 1,85 m und seine hellbraunen Haare waren beinahe schulterlang. Hin und wieder trug er sie zu einem kleinen Zopf zusammengebunden, so wie heute, was ihn in Kombination mit seiner Lederjacke, irgendwie verwegen aussehen ließ und so gar nicht nach jemandem der Kinderpfleger werden wollte. Mal ganz davon abgesehen, dass er ohnehin eigentlich schon viel zu alt dafür war, eine solche Ausbildung zu beginnen.

      Lässig schwang er seine Beine über die Bank und setzte sich neben Bea. In der Hand hielt er ein bereits halb aufgegessenen Sandwich.

      Emma funkelte ihre Freundin an. Wehe, sie würde mit Nick über Max Christensen reden. Das ging ihn nämlich rein gar nichts an.

      »Ach, ich versuche Emma gerade nur deutlich zu machen, dass sie mit jemand, wie Max Christensen, durchaus ein wenig Spaß haben könnte.«

      Erschrocken zuckte diese zusammen. Soviel also zur Loyalität unter Freundinnen. Sie warf Bea einen wütenden Blick zu, welchen diese aber getrost ignorierte und stattdessen munter weiter erzählte. »Max hat Emma zu einem Date eingeladen, aber unsere liebe »Ms. Ich-warte-auf-den-Richtigen« hier, will nicht hingehen.«

      Nick warf Emma einen nicht ganz eindeutig zu definierenden Blick zu. »Wo hast du denn bitte diesen Proll