Mord bei den Festspielen. Sibylle Luise Binder

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Название Mord bei den Festspielen
Автор произведения Sibylle Luise Binder
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783839262887



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»Nur zur Information: So sehr, dass du mich als Fußabtreter nutzen dürftest, liebe ich dich nicht!«

      »So wollte ich auch nicht geliebt werden!«, stellte Lucas fest. »Und ich beabsichtige auch nicht, außereheliche Kinder zu zeugen.« Er grinste. »Das wäre mir zu teuer! Klunker und Pelz für dich, Anwaltskosten wegen Anerkennung …«

      »Hat Miercoledi etwa abgestritten, dass er der Vater ist?«

      Lucas schüttelte den Kopf. »Im Gegenteil, mein Herz. Er führt seine illegitimen Sprösslinge gerne vor. Mit dem von Madame Cranmer ist es kein Problem. Der lebt zwar bei Mama in München, aber er macht ja öfter mal Urlaub bei Papi und seiner Familie. Beim anderen ist es allerdings schwierig. Dessen Mutter hat nämlich einen Ehemann, der darauf besteht, dass der Knabe seinen Lenden entsprungen ist. Dagegen wollte Mario klagen. Man hat ihm dann aber klargemacht, dass er da nicht den Schatten einer Chance hat. Nun beklagt er gerne, dass man ihm seinen Sohn vorenthalte …«

      »Verhältnisse sind das!«, staunte ich. »Dagegen sind wir richtig langweilig.«

      »Tja …« Lucas grinste schräg. »Das kommt davon, wenn man eine Pfarrerstochter und Kantorin heiratet.«

      Ich streckte ihm die Zunge heraus. »Du wärst der Richtige für solche Abenteuer! Wer war’s denn, der mir einst schon nach ein paar Wochen erklärt hat, dass er keine ›g’schlamperten Verhältnisse‹ mag?« Wir waren auf der Seepromenade und Lucas legte seinen Arm um meine Schulter. Er ist 19 Zentimeter größer als ich, darum passe ich unter seine Achsel und kann selbst meinen Daumen ganz gemütlich in die hintere Gürtelschlaufe seiner Jeans hängen. »Aber hast du nicht erwähnt, dass Mario einmal kurz vor der Scheidung stand?«

      »Zweimal«, korrigierte Lucas. »Das erste Mal war die Mutter des unehelich geborenen Knaben. Die sah Mario als die ganz große, schicksalhafte Liebe. Der Haken war nur: Sie empfand es nicht so. Sie war eine Prinzessin mit einem Stammbaum bis zurück ins alte Rom und sie hatte nie die Absicht, sich scheiden zu lassen, um sodann eine bürgerliche Signora Miercoledi zu werden. Sie hat ihn in die Wüste beziehungsweise zurück zu seiner Giulia geschickt.«

      »Und dann kam diese Elizabeth Cranmer?«, erkundigte ich mich neugierig.

      »Nein«, widersprach Lucas. »Wegen der wollte er sich nicht scheiden lassen. Das war nur eine Affäre und das sah er damals auch so.«

      »Obwohl sie ein Kind von ihm hatte?«

      »Ja. Aber dann gab es noch das Sopran-Quietschie: Katia Ulanova. Wegen der wollte er Giulia verlassen.«

      »Moment!« Ich wuschelte mit der freien Hand durch mein kurzgeschnittenes, dunkles Haar. Der Name war mir vertraut, aber es brauchte einen Augenblick, bis ich ihn zuordnen konnte. »Die war doch bei Operata!« Und dann fiel mir noch etwas ein. »… und mindestens 20 Jahre jünger als Miercoledi!«

      »32, Herzchen.« Lucas verdrehte die Augen. »Aber das ist bei manchen Männern kein Hinderungsgrund, sondern eine Empfehlung. Wie kann man seine Männlichkeit besser unter Beweis stellen als mit einer sehr jungen Frau?«

      Er war stehen geblieben und schaute auf den See hinaus, in dessen ruhigem Wasser sich der Mond als silberne Scheibe spiegelte. Ich drehte mich in seinem Arm, lehnte den Kopf an seine Schulter und schloss die Augen. »Hilf mir mal drauf – du warst doch Jurymitglied bei Operata, nicht?« Obwohl ich als Kirchenmusikerin nicht mit Oper befasst war, hatte ich zumindest die Resultate des großen internationalen Sängernachwuchs-Wettbewerbs Operata immer mitbekommen. Und natürlich wusste ich auch, dass Operata das Werk von Miercoledi war. Er ließ schließlich keine Gelegenheit aus, »seinen« Wettbewerb bei Facebook, Twitter, Instagram und wo immer es sonst ging abzufeiern.

      Lucas brummte ein ablehnendes »Hmm«.

      Ich war neugierig und bohrte nach. »Du warst aber nur in den ersten Jahren dabei, nicht? Warum bist du so schnell wieder ausgestiegen?«

      »Wegen Katia Ulanova«, gab er Auskunft.

      »Warst du nicht auch begeistert von ihr?«

      »Nein«, sagte er kurz und knapp. »Sie hat eine tolle Figur, aber die Stimme ist Durchschnitt und rechtfertigte in keinem Fall den ersten Preis, den Mario ihr zuschustern wollte. Ich sagte ihm, dass er Operata damit zur Farce und die Jury zu Clowns mache. Und nachdem ich gestreikt hatte, haben dann auch die anderen protestiert.«

      »Eindeutig«, bestätigte Lucas. »Ich habe Mario auch gesagt, dass er ihr keinen Gefallen tut, wenn er sie mit Ildiko Hanyadi im direkten Vergleich singen lässt. Aber da war er total vernagelt. Er war in sie verschossen und erzählte mir etwas von Seelengefährtin, endlich einmal ›eine Frau, die mich versteht‹ und ›noch mal ganz von vorne anfangen‹. Ich habe ihm damals gesagt, dass das teuer werden könnte und dass er doch mal darüber nachdenken solle, ob er mit einer so jungen Frau langfristig glücklich werden könne.«

      Ich erinnerte Lucas nicht daran, dass er 16 Jahre älter als ich ist, sondern verwies stattdessen auf meine Eltern, die bei 19 Jahren Altersunterschied über 40 Jahre gut miteinander gelebt hatten.

      Lucas zuckte mit den Schultern. »Ich vermute, dass deine Eltern sich geliebt haben. Bei dieser jungen Dame hatte ich allerdings den Eindruck, dass sie mehr an ihrer Karriere als an Mario interessiert war. Darum nahm sie ihm sehr übel, als er sie abservierte. Er hat sich dann nicht mehr um Engagements für sie bemüht und so wurde es nichts mit ihrer internationalen Karriere. Sie war so ein typischer Fall von jemandem, der es immer wieder an große Häuser schafft – aber eben nur einmal. Inzwischen ist ihr allerdings ein reicher Bauunternehmer aus der bayerischen Provinz zugelaufen, den sie dann geheiratet und dem sie einen Erben beschert hat. So ganz glücklich scheint sie dabei aber nicht zu sein. Sie reist immer noch in der Szene rum, beklagt ihre verlorene Karriere und verflucht Mario, der ihr Leben verpfuscht habe.«

      »Und sie war daran nicht auch beteiligt?« Ich schüttelte den Kopf. »Manche Leute machen es sich einfach. Man muss halt immer einen finden, dem man die Schuld zuschieben kann!«

      »Tja …« Lucas atmete tief durch. »Mario hat sich in der Geschichte aber tatsächlich nicht mit Ruhm bekleckert. Er hatte ein Penthouse in Wien gekauft und sein G’spusi da etabliert. Dann ging er zum Anwalt, und als der ihm vorgerechnet hat, was er bei der Scheidung von Giulia alles drangeben müsste, bekam er das Fracksausen. Er ist – wahrscheinlich direkt vom Anwalt aus – zum nächsten Juwelier gerannt, hat einen ganz dicken Klunker gekauft und ist bei Giulia zu Kreuze gekrochen. Fräulein Ulanova unterdessen bekam Post vom Anwalt – damit hat Mario die Beziehung beendet. Und weil’s in einem Aufwasch ging, wurde sie dann auch gleich aufgefordert, die Wohnung zum Quartalsende zu verlassen oder ab sofort die ortsübliche Miete – und die war saftig – zu bezahlen.«

      »Junge, Junge!« Ich konnte nur noch staunen. »Darauf, den Anwalt dafür einzuspannen, muss man erst einmal kommen!« Lucas hatte offenkundig genug vom Mond im See gesehen und ging langsam weiter, wobei er mich an die Hand nahm. Ich war immer noch mit dem Schicksal der Miercoledis befasst: »Dass seine Frau ihm die unehelichen Kinder und die Geschichte mit Ulanova verziehen hat, ist eigentlich unfassbar. Und wer weiß, was er sonst noch alles angestellt hat!«

      »Ich weiß es teilweise. Leider!«, schnaubte Lucas. »Giulia dagegen wollte es nicht so genau wissen.«

      »Daran erinnere ich mich auch!«, knurrte er, zog die Augenbrauen zusammen, sodass sich über dem inneren Ansatz der linken