Es war ein reiches Leben. Arthur Ernest Wilder-Smith

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Название Es war ein reiches Leben
Автор произведения Arthur Ernest Wilder-Smith
Жанр Биографии и Мемуары
Серия
Издательство Биографии и Мемуары
Год выпуска 0
isbn 9783958932708



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auch unregelmäßig. Er fuhr wieder zu uns hinein, stieg aus, öffnete die Haube und inspizierte seinen neuen Schatz. Die Zündung und ihre Verstellung schienen in Ordnung zu sein. Keine Fliege und auch kein Wasser im Vergaser! Alles putzte er, der Ingenieur, fachmännisch aus. Die Damen gingen mittlerweile ins Haus, um eine zweite Portion Kuchen und Erdbeeren zu sich zu nehmen. Aber Onkel Frank, der Ingenieur, fand nicht, was die Ursache seiner sonntäglichen Demütigung sein könnte.

      Da hatten wir Jungen plötzlich eine Idee! „Onkel Frank“, sagten wir, „du trinkst doch so gerne Kaffee, geh ins Haus und trink ganz gemütlich eine zweite Tasse. Dürfen wir in der Zwischenzeit versuchen, den Schaden am Motor zu finden – und vielleicht auch zu reparieren?“ Onkel Frank war ein sehr lieber Mann, der immer sehr hilfsbereit war! Er war auch ein wenig mehr als vollschlank und liebte Kuchen, Kaffee und Erdbeeren mit Schlagsahne. Er willigte gern ein und verschwand im Haus.

      Schnell rissen mein Bruder und ich die Haube des Wagens auf. Herunter mit dem Zündverteiler, heraus mit dem Taschenmesser mit dem eingebauten Millimetermaß, zwei, drei Touren mit dem Schraubenzieher, bis der Abstand des Unterbrechers den Vorschriften entsprach. Dann zu mit der Haube!

      Wir schlenderten langsam und gelassen ins Haus, aßen noch einige Erdbeeren und unterhielten uns überlegen mit unseren Kusinen, die den allergrößten Respekt vor uns Jungen hatten.

      „So“, sagte Onkel Frank, „habt ihr was herausgefunden?“ „Möglicherweise“, antworteten wir, „aber wir haben noch nichts ausprobiert.“

      Onkel Frank ging hinaus und setzte sich ins Auto, um eine Probefahrt zu machen. Er schoss förmlich aus dem Eingang auf die Hauptstraße, sauste durch das Dorf und kehrte nach fünf Minuten begeistert zurück.

      „So gut fuhr mein neuer Wagen noch nie“, sprudelte es aus ihm heraus. „Man sieht, dass eure Mutter eine Ingenieurstochter ist. Es liegt einfach in eurem Blut!“

      Mein Vater sagte gar nichts. Er hatte gewisse Erfahrungen mit den Söhnen einer Ingenieurstochter gemacht und riskierte offenbar keinen Kommentar. Aber unser guter Onkel war nicht so reserviert. Er kam auf uns verblüffte Jungen zu, griff tief in seine Tasche und holte ein Geldstück hervor (zweieinhalb Schillinge, so viel Geld hatten wir seit langem nicht gesehen).

      „Das ist eine kleine Belohnung dafür, dass ihr in Mutters Fußstapfen tretet“, sagte er, indem er das große Stück Geld in die Hand meines Bruders drückte.

      „Oh nein, Onkel Frank“, sagten wir, „so viel haben wir wirklich nicht verdient. Es war nur eine ganz kleine Sache.“

      „Reden wir nicht darüber“, sagte er großzügig, „was wichtig ist, ist das Gewusst-wie – zwei Schillinge für Gewusst-wie“, fügte er hell vergnügt hinzu!

      Nun, dachten wir tief beschämt, aber nicht bereit, zu unserer Missetat offen zu stehen, was bedeutet Gewusst-wie? Wohl gewusst, wie man einen ahnungslosen gutmütigen Onkel hereinlegt? Was er wirklich dachte, erfuhren wir nie. Er war ein guter Onkel, der immer bereit war, mitzumachen. Er war auch der einzige Onkel, der zu unserer Hochzeit kam. Die anderen waren entweder sehr alt oder bereits verstorben. Onkel Frank war gut über 70 Jahre alt, als wir heirateten.

      ANSCHAUUNGSUNTERRICHT

      1. Die Bentley-Geschichte

      Als ich etwa elf Jahre alt war, fuhr mein Vater eines Tages nach London, um einige Geschäfte zu erledigen. Er sah dort bei der Vertretung der bekannten Firma Bentley einen Drei-Liter-Bentley. Man verlangte für dieses gebrauchte, aber sehr schöne Auto etwa 900 DM: für damalige Verhältnisse ein horrender Preis.

      Es war ein „Salonmodell“, vier Zylinder, blau und hatte viel Platz für die ganze Familie. Der Bentley gefiel Mutter und den Töchtern sehr gut. Man überlegte hin und her in der Familie. Das Auto war gut, aber teuer.

      Zwei silberne Knöpfe auf dem Armaturenbrett dienten als Zündschlüssel. Neben diesen Zündknöpfen gab es eine Extra-Benzinpumpe, von Hand betätigt, um Benzin direkt in die Zylinder zu spritzen – sehr nützlich, wenn das Wetter so kalt war, dass der Motor nicht gleich ansprang. Wir Jungen hatten selbstverständlich alle Finessen und Raffinessen des Wagens sehr bald heraus. Das Auto hatte drei Vorwärtsgänge und einen Rückwärtsgang. Die Gänge waren nicht synchronisiert, man musste besonders beim Umschalten Zwischengas geben, was meinem guten Vater nicht immer ganz glückte. Da kratzten die Gänge bedrohlich. Wir fuhren sehr oft mit Vater in seinem neuen Spielzeug herum und hatten Luchsaugen dabei! Ob der Motor mit einer eingeschalteten Zündung fahren würde, oder ob beide Magnetzünder unbedingt nötig wären? Ob wir die Gänge besser schalten könnten als Vater? Meinen Schwestern gelang die Schaltung nicht, die Kupplung war für sie zu schwer.

      a) Nächtliche Inspektionen

      Während die restliche Familie sich abends unterhielt, schlichen wir oft in die neue Garage, die Vater speziell für den Bentley bauen ließ, um alles weiter und privat für unsere Experimente auszukundschaften. Nach sehr kurzer Zeit hatten wir genug theoretisches Wissen gesammelt, jetzt fehlte uns nur ein wenig Praxis! Die Engländer sind ja Pragmatiker! Aber wie und wann – das war die große Frage, die wir zu lösen hatten!

      Eines Nachmittags saßen wir alle in reger Unterhaltung zusammen, nachdem wir Tee getrunken hatten. Ohne irgendwie die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, schlich mein Bruder um den Tisch und flüsterte mir sehr leise ins Ohr:

      „Es ist offen.“

      Mir war sofort klar, was er mit dieser kryptischen Bemerkung meinte, denn nachdem Vater mehrere Male am Morgen in die Garage gegangen war, um mit dem Bentley wegzufahren, entdeckte er eine ganz entladene, platte Batterie, die nur „Wuh“ machte und dann den Geist aufgab, als er auf den großen Anlasserknopf drückte. Die Batterie war mächtig (80–90 Ampèrestunden), entsprach trotzdem den vielen Anforderungen von zwei enthusiastischen Buben nicht, die den Anlasser zu lange und zu oft beanspruchten. Da hatte Vater kurzerhand ein Hängeschloss an der Garagentür befestigt, wofür nur er allein den Schlüssel besaß. So hörten unsere inoffiziellen Besuche in der Garage etwas früher und jäher auf, als wir geplant hatten. Deshalb inspizierten wir regelmäßig das Hängeschloss, denn Vater war ab und zu vergesslich, man wusste also nie!

      Und mein Bruder fügte noch flüsternd hinzu: „Nicht beide auf einmal. Es würde auffallen. Komm in fünf Minuten nach, wir treffen uns an der Garage!“

      Nach den vorschriftsmäßigen fünf Minuten stand ich vom Tisch auf, half ein wenig mit dem Abräumen vom Geschirr und verschwand leise. Mein Bruder war schon im Auto drin. Aber die Sache hatte einen Haken. Wir waren zu klein und konnten nur durch das Steuer schauen statt über das Steuer. Also noch einmal schnell ins Haus und zwei ganz dicke, große Kissen holen! So konnten wir gerade richtig sitzen! Aber unsere Beine waren für die mächtige Kupplung bedeutend zu kurz. Wir mussten fast aufstehen, um die Kupplung hinunterzudrücken.

      b) Das Experiment

      Wir ließen also den Drei-Liter-Motor an. Der Laut des Auspuffs war höchst befriedigend für unsere geschulten Ohren. Zündung linke Seite in Ordnung. Zündung rechte Seite ebenso. Benzinhandpumpe diesmal überflüssig. Der große Vierfachvergaser wurde von einem Wassermantel geheizt, sodass alles sehr schnell startbereit war. Dann mit letzter Kraft mit dem linken Fuß hinunter, Rückwärtsgang einlegen, ein wenig Gas, Kupplung langsam hoch und rückwärts – auf zwei große Kissen gestützt – fuhren wir aus der Garage. Wir fuhren ein paar Mal um den Hof, um unsere Theorien wegen der Notwendigkeit von Zwischengas zu prüfen. Alles klappte tadellos. Dann fuhren wir langsam zum Haupteingang des Gutes hinaus auf die Landstraße, dem Bahnhof entgegen.

      Der Bahnhofsplatz war groß und bot genügend Platz an, um den Wagen auszutesten. So fuhren wir um den großen Platz herum und schalteten die Gänge. Niemand war da, um uns zu beobachten – das war wenigstens unsere Überzeugung! Immer schneller fuhren wir, immer raffinierter wurde die Technik des Zwischengases. Wir wechselten den Fahrer. Mein Bruder war jünger als ich, und seine Beine waren noch kürzer als meine. Deshalb brauchte er mehr Kissen als ich. Aber stark war er – und geschickt! Rund herum um den Bahnhofsplatz ging es. Gut, dass die