Die Ethik. Baruch de Spinoza

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Название Die Ethik
Автор произведения Baruch de Spinoza
Жанр Философия
Серия
Издательство Философия
Год выпуска 0
isbn 9783843802734



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gebe zu, dass diese Meinung, die alles einem gewissen indifferenten Willen Gottes unterwirft und alles von seinem Gutdünken abhängig sein lässt, weniger von der Wahrheit entfernt ist als die Meinung jener, die behaupten, Gott mache alles unter dem Gesichtspunkt des Guten. Denn diese scheinen etwas außer Gott anzunehmen, das von Gott nicht abhängt und das Gott bei seinem Wirken sich zum Muster nimmt oder auf das er, wie auf ein bestimmtes Ziel, hinarbeitet. Dies heißt wahrlich nichts anderes, als Gott dem blinden Schicksal unterwerfen; das Widersinnigste, was man von Gott behaupten kann, der, wie gezeigt wurde, die erste und einzige freie Ursache ist sowohl des Wesens aller Dinge wie auch ihrer Existenz. Es ist daher nicht nötig, mit der Widerlegung dieses Unsinns die Zeit zu vergeuden.

      Lehrsatz 34

      Die Macht Gottes ist sein Wesen selbst.

      Beweis: Denn aus der bloßen Notwendigkeit seines Wesens folgt, dass Gott die Ursache seiner selbst (nach Lehrsatz 11) und (nach Lehrsatz 16 und dessen Zusatz) aller Dinge ist. Folglich ist die Macht Gottes, durch die er und alles ist und handelt, sein Wesen selbst. W.z.b.w.

      Lehrsatz 35

      Alles, was wir begreifen als in Gottes Gewalt seiend, ist notwendig.

      Beweis: Denn alles, was in Gottes Gewalt ist, muss (nach dem vorigen Lehrsatz) in seinem Wesen so enthalten sein, dass es aus demselben notwendig folgt; also ist es notwendig. W.z.b.w.

      Lehrsatz 36

      Es existiert nichts, aus dessen Natur nicht eine Wirkung folgte

      Beweis: Alles, was existiert, drückt die Natur oder das Wesen Gottes auf gewisse und bestimmte Weise aus (nach Zusatz zu Lehrsatz 25), d.h. (nach Lehrsatz 34) alles, was existiert, drückt die Macht Gottes, die die Ursache aller Dinge ist, auf gewisse und bestimmte Weise aus; also muss (nach Lehrsatz 16) irgendeine Wirkung aus demselben folgen. W.z.b.w.

      Anhang

      Damit habe ich die Natur Gottes und seine Eigenschaften auseinandergesetzt, nämlich: dass er notwendig existiert; dass er einzig ist; dass er aus der bloßen Notwendigkeit seiner Natur ist und handelt; dass und in welcher Weise er die freie Ursache aller Dinge ist; dass alles in Gott ist und von ihm so abhängt, dass nichts ohne ihn sein oder begriffen werden kann; schließlich, dass alles von Gott vorausbestimmt gewesen ist, nicht zwar aus der Freiheit des Willens oder eines absoluten Gutdünkens, sondern aus der absoluten Natur Gottes oder seiner unendlichen Macht. Auch habe ich bei jeder Gelegenheit die Vorurteile, die dem Verständnis meiner Beweise im Wege waren, zu beseitigen gesucht.

      Indessen gibt es noch weitere Vorurteile, und ihre Zahl ist nicht gering, die nicht weniger, ja ganz besonders hinderlich waren und sind, dass man die Verkettung der Dinge in der Weise, wie ich sie beleuchtet habe, verstehen kann. Ich hielt es darum der Mühe wert, diese Vorurteile einer Prüfung durch die Vernunft zu unterziehen. Und weil alle Vorurteile, die ich hier behandeln will, von Einem abhängen, nämlich davon, dass die Menschen gewöhnlich annehmen, alle Dinge in der Natur handelten, wie sie selbst, um eines Zwecks willen, ja dass sie von Gott selbst mit aller Bestimmtheit behaupten, er leite alles zu irgendeinem bestimmten Zweck – sagen sie doch, Gott habe alles um des Menschen willen gemacht, den Menschen selbst aber, damit er ihn verehre, so will ich mich hier vor allem mit diesem einen Vorurteil beschäftigen, indem ich erstens die Ursache aufsuche, weshalb die meisten in diesem Vorurteil befangen sind und alle von Natur so sehr dazu neigen, es zu hegen; und dann werde ich dessen Unwahrheit nachweisen und schließlich auch, wie daraus über Gut und Schlecht, Verdienst und Verfehlung, Lob und Tadel, Ordnung und Verwirrung, Schönheit und Hässlichkeit und über anderes dieser Art Vorurteile entstanden sind.

      Es ist hier jedoch nicht der Ort, dies aus der Natur des menschlichen Geistes abzuleiten; es wird vielmehr genügen, etwas, das jeder anerkennen muss, zur Grundlage zu nehmen, die Tatsache nämlich, dass alle Menschen, ohne die Ursachen der Dinge zu kennen, auf die Welt kommen und dass alle den Antrieb haben, ihren Nutzen zu suchen und sie dieses wohl wissen. Denn daraus folgt erstens, dass die Menschen sich für frei halten, da sie sich ihres Wollens und ihres Begehrens bewusst sind, während sie nicht im Traum an die Ursachen denken, von denen sie zum Begehren und Wollen bestimmt werden, weil sie dieselben eben nicht kennen. Es folgt zweitens, dass die Menschen alles um eines Zwecks willen tun, nämlich um des Nutzens willen, den sie begehren. Daher kommt es, dass sie stets nur die Endzwecke der vollbrachten Dinge zu wissen wünschen und befriedigt sind, wenn sie diese erfahren haben, weil sie dann keinen Anlass haben, sich weiter damit zu befassen. Können sie diese Zwecke aber von keinem anderen erfahren, so bleibt ihnen nichts anderes übrig, als sich an sich selbst zu wenden und auf Zwecke zu sinnen, von denen sie selbst zu solchen bestimmt zu werden pflegen, und so beurteilen sie die Sinnesweise eines anderen notwendig nach ihrer eigenen Sinnesweise.

      Da sie zudem in sich und außer sich zahlreiche Mittel bemerken, die zur Erreichung ihres Nutzens nicht wenig beitragen, wie z.B. die Augen zum Sehen, die Zähne zum Kauen, Pflanzen und Tiere zur Nahrung, die Sonne zum Leuchten, das Meer, Fische zu nähren u.s.w., so kommt es, dass sie alles in der Natur als Mittel zu ihrem Nutzen betrachten. Und weil sie wissen, dass jene Mittel von ihnen aufgefunden, aber nicht hergestellt sind, so hat dies den Glauben verursacht, irgendein anderer sei es, der diese Mittel zu ihrem Nutzen bereitet habe. Denn nachdem sie einmal die Dinge als Mittel ansahen, so konnten sie nicht glauben, dass diese sich selbst gemacht hätten, sondern aus den Mitteln, die sie sich selbst zu bereiten pflegen, mussten sie schließen, es gäbe irgendeinen oder mehrere mit menschlicher Freiheit begabte Lenker der Natur, die alles für sie besorgt und alles zu ihrem Nutzen gemacht hätten. Auch die Sinnesweise dieser Lenker der Natur mussten sie, da sie über dieselbe nie etwas erfahren hatten, nach ihrer eigenen Sinnesweise beurteilen. Daher ihre Behauptung, die Götter lenkten alles zum Nutzen der Menschen, um sich die Menschen zu verpflichten und von ihnen hoch verehrt zu werden. Daher ist es gekommen, dass der eine diese, der andere jene Art der Gottesverehrung in seinem Kopfe erdacht hat, damit Gott ihn mehr als die übrigen Menschen lieben und die ganze Natur zum besten seiner blinden Begierde und unersättlichen Habsucht lenken möge. So ist jenes Vorurteil zum Aberglauben ausgewachsen und hat in den Geistern tiefe Wurzeln geschlagen. Und dies war der Grund, weshalb die Menschen sich alle Mühe gaben, die Endzwecke aller Dinge zu erkennen und zu erklären.

      Aber während sie zu zeigen suchten, dass die Natur nichts vergebens (d.h., was für den Menschen keinen Nutzen hat) tue, haben sie, wie mir scheint, nichts anderes gezeigt, als dass die Natur samt den Göttern ebenso wahnwitzig sei wie die Menschen. Man sehe doch nur, wohin die Sache schließlich führte. Unter so vielem Nützlichen in der Natur mussten sie nicht wenig Schädliches bemerken, Stürme, Erdbeben, Krankheiten u.s.w.; und diese, behaupteten sie, seien deswegen da, weil die Götter erzürnt wären über die ihnen von den Menschen angetanen Kränkungen oder über die in ihrem Dienste begangenen Verfehlungen. Und obwohl die Erfahrung widersprach und durch unzählige Beispiele zeigte, dass den Frommen ebenso wie den Nichtfrommen bald Nützliches, bald Schädliches zuteil wird, gaben sie darum doch das eingewurzelte Vorurteil nicht auf. Denn es war ihnen leichter, dies unter anderes Unbekannte, dessen Nutzen sie nicht wussten, zu rechnen und so in ihrem wirklichen und angebornen Zustand der Unwissenheit zu verharren, als jenes ganze Gebäude einzureißen und ein neues auszudenken. Deshalb nahmen sie als gewiss an, dass die Absichten der Götter die menschliche Fassungskraft weit übersteigen; was sicherlich allein schon hätte verursachen können, dass die Wahrheit dem Menschengeschlecht in Ewigkeit verborgen geblieben wäre, wenn nicht die Mathematik, die sich nicht mit Zwecken, sondern nur mit dem Wesen und den Eigenschaften der Figuren beschäftigt, den Menschen eine andere Norm der Wahrheit gezeigt hätte. Neben der Mathematik können noch andere Ursachen gezeigt werden (deren Aufzählung hier überflüssig ist), die bewirkten, dass die Menschen auf diese gemeinen Vorurteile aufmerksam geworden sind und zur rechten Erkenntnis der Dinge geführt wurden. Damit habe ich den ersten Punkt dessen, was ich zu zeigen versprochen, hinlänglich auseinandergesetzt.

      Um nun aber zu zeigen, dass die Natur sich keinen Zweck vorgenommen hat und dass alle Endzwecke nichts als menschliche Einbildung sind, bedarf es nicht viel. Denn ich glaube, dass sich dies schon genügend sowohl aus den Grundlagen und Ursachen ergibt, aus denen ich den Ursprung dieses Vorurteils abgeleitet habe, wie auch aus dem Lehrsatz 16 und den Zusätzen zum Lehrsatz 32 und außerdem noch aus allen Sätzen, in denen ich gezeigt habe, dass alles in der Natur nach einer gewissen ewigen