Die Magie von Pax. Sarah Nicola Heidner

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Название Die Magie von Pax
Автор произведения Sarah Nicola Heidner
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Серия
Издательство
Год выпуска 0
isbn 9783957448361



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belustigt. Ich hatte das Gefühl, dass er viel älter war, als er aussah. Es schien so, als hätte er schon viel erlebt (wer bitte, konnte auch sonst so kämpfen?!).

      Ich schaffte es gerade mal, das Schwert zu heben, während Merl damit so leicht durch die Luft wirbelte, als würde es nicht mehr als eine Feder wiegen. Nach ein paar Minuten des Ausprobierens erklärte er mir meine Schwachstellen (ziemlich viele!).

      »Deine linke Seite ist völlig ungeschützt, wenn du kämpfst«, er zeigte mir, wie man sich deckte und gleichzeitig andere Schläge abwehrte. »Das Wichtigste beim Schwertkampf ist für dich, dass du nie frontal angreifst und auf keinen Fall direkt gegen die Klinge des Angreifers schlägst. Dafür hast du einfach zu wenig Kraft, und das Schwert würde dir aus der Hand fliegen.«

      »Danke auch«, schnaubte ich, wusste aber, dass er Recht hatte. Als es zum Ende der Stunde klingelte, hängte Merl sein Schwert an die Wand und verschwand aus dem Trainingsraum. Ich seufzte tief, hievte mich (ehrlich gesagt ziemlich schwerfällig) von den Matten hoch und gab Yu Weiß mein Schwert.

      »Wer ist Merl eigentlich? Warum ist er erst jetzt hier im Schülerhaus, wenn er doch so alt ist wie ich? Kommt er aus einem anderen Schülerhaus der Rotkutten?«, fragte ich meinen Mentor, nachdem er mein Schwert neben Merls an die Wand gehängt hatte. Yu Weiß sah mich verärgert an. »Du musst lernen zu wissen, wann man am besten keine Fragen stellt, Sofia«, sagte er nur und rauschte aus dem Raum. Ich blieb zurück – sprachlos und empört. Okay, es war vielleicht nicht ganz fair, dass ich so sauer auf meinen Mentor war, aber die grundlegendsten Fragen beantwortete er mir nicht – wie zum Beispiel, weshalb wir dieses hier machten. Und außerdem (fand ich) hatte ich sehr wohl das Recht, zu wissen, wer Merl war. Immerhin verbrachte ich viele Stunden am Tag dabei, von ihm auf die Matten geworfen zu werden.

      Darüber beschwerte ich mich auch (wiederholt) bei Bea und Mary, als wir zu dritt am Tisch in der Mensa saßen und zu Abend aßen. (Luis hatte sich verzogen. Mit einem Freak hielt er es vielleicht Bea zuliebe aus, aber nicht mit zweien.) »Ich frag Yu Weiß morgen noch mal, vielleicht hat er dann bessere Laune«, sagte ich missmutig und stocherte in dem undefinierbaren Etwas auf meinem Teller herum. (Ehrlich gesagt erinnerte es mich eher an eine durchgeschmorte Glühbirne als an einen Rinderbraten.) »Das macht keinen Sinn, Sofia«, sagte Mary und warf Isabells Mentor, der mit griesgrämiger Miene am Nachbartisch saß, weil er die Wache für diese Woche hatte, einen genervten Blick zu. »Er wird es dir nicht sagen. Wenn du Antworten haben möchtest, musst du dich eher an Merl wenden. Oder – zu anderen Methoden greifen.« Bevor ich nachfragen konnte, was sie mit anderen Methoden meinte, kicherte Bea albern. »Du kannst dich ja an ihn ranschmeißen, Sofia. So schlecht sieht er wirklich nicht aus«, sie deutete (sehr!) auffällig an den Nachbartisch, wo Merl mit ein paar anderen Jungs saß. Ich senkte schnell den Blick, bohrte Bea meinen Ellbogen in ihre Seite, damit sie aufhörte, ihn so anzustarren und bedauerte jetzt schon, dass ich den beiden gezeigt hatte, wer er war.

      »Sehr lustig«, zischte ich. »Aber Mary, was meinst du mit anderen Methoden?«

      »Du könntest rumschnüffeln«, sagte sie seelenruhig und piekste mit ihrer Gabel ein Stück der geschmorten Glühbirne auf. »Allerdings musst du sehr gut aufpassen – Yu Weiß ist schließlich nicht nur der Schulleiter, sondern auch dein Mentor.«

      Ich starrte sie entgeistert an. Hatte sie mir gerade wirklich vorgeschlagen, in Yu Weiß’ Büro einzubrechen?! »Das grenzt an Selbstmord«, protestierte ich.

      Mary zuckte mit den Schultern. »Dann kann ich dir auch nicht helfen.« Mit diesen Worten nahm sie eines der Bücher, die sie immer in ihrer Tasche mitschleppte, heraus und begann zu lesen.

      Bea und ich wechselten einen Blick. Wir hatten uns noch nicht an Marys direkte Art gewöhnt, immer genau das zu sagen, was sie dachte.

      In diesem Augenblick sah ich aus den Augenwinkeln, wie sich jemand an den Tisch der Jungen stellte und mit Merl zu reden begann. Ruckartig hob ich den Kopf und sah Isabell genau in die Augen. Sie warf mir ein überhebliches Grinsen zu, wandte sich dann wieder Merl zu und redete auf ihn ein.

      Ich knurrte wütend und wollte gerade mein Tablett wegbringen, als ich sah, wie Merl sich von seinen Jungs verabschiedete, Isabell einen entschuldigenden Blick zuwarf (diese sah aus, als wäre die Welt untergegangen) und schnell aus der Mensa verschwand. »Bringt ihr das für mich weg? Ich bin gleich wieder da«, sagte ich abwesend zu Bea und Mary und lief Merl hinterher.

      Als ich die Mensa verlassen hatte, konnte ich Merl zwar nicht sehen, aber ich riet einfach drauflos und schlug den Weg zu dem Trainingsraum ein. Ich blieb unsicher vor der Tür stehen (schließlich hatte ich keine Ahnung, was ich eigentlich machen wollte). Vorsichtig öffnete ich die Tür einen Spalt breit, doch niemand war zu sehen. Enttäuscht machte ich mich wieder auf den Weg zur Mensa und stieß fast mit Bea und Mary zusammen, die gefolgt von Isabells Mentor auf dem Weg in unser Zimmer waren.

      Mitten in der Nacht hatte ich das erste Mal diese Kopfschmerzen. Ich wachte mit schmerzverzerrtem Gesicht auf und drückte meine Hände an die Schläfen. Mein Kopf pochte, als würde er gleich explodieren und ich wimmerte leise vor mich hin, um Mary und Bea nicht zu wecken. Ich wollte aufstehen und mir ein Glas Wasser aus dem Bad holen, aber kaum hatte ich meine Füße auf den Boden gesetzt, wurde mir so schwindelig, dass ich mich wieder aufs Bett setzten musste, um nicht umzufallen. Ich weiß nicht, wie lange ich dort saß und nichts machen konnte, als so ruhig wie möglich zu sein und nicht zu schreien. Irgendwann ebbten die Schmerzen ab und ich torkelte ins Bad, um mir Wasser ins Gesicht zu spritzen. Die Kälte beruhigte mich, aber ich war viel zu nervös, um mich wieder ins Bett zu legen. Deswegen nahm ich das Buch über Kampftheorie, das Merl mir gegeben hatte und begann zu lesen. Als ich mir sicher war, dass die Kopfschmerzen vorerst weg waren, knipste ich das Licht aus und das Zimmer hüllte sich in Dunkelheit.

      Dennoch war ich am nächsten Morgen zu verschlafen, um mehr als nur ein Augen zu öffnen. »Bei Armet, Sofia!«, rief Bea. »Du siehst ja schrecklich aus!«

      »Danke«, murmelte ich und setzte mich vorsichtig auf. Mein Kopf schien bersten zu wollen. Mary war ins Bad gerannt und drückte mir jetzt einen kalten Waschlappen auf die Stirn.

      »Sie ist total heiß«, sagte sie und flitzte aus dem Raum. Die nächsten Stunden verschwammen in einem Dunst aus Kopfschmerzen. Ich sah nur Schemen; Yu Weiß, der sich vergewisserte, dass ich noch lebte, (wobei ich mir zu dem Zeitpunkt nicht wirklich sicher war) Bea, die mir immer wieder einen neuen Waschlappen auf die Stirn drückte und die Krankenschwester, die meine Temperatur maß und mich in eine dicke Schicht von Bettdecken einwickelte.

      Ich war im Dauer-Dämmerzustand, ehrlich gesagt konnte ich nicht sagen, wann ich gerade träumte und wann nicht. Richtig schlafen konnte ich allerdings auch nicht, denn das regelmäßige Pochen in meinem Kopf lenkte mich so dermaßen ab, dass ich mich auf nichts anderes konzentrieren konnte.

      Irgendwann hörte ich, wie die Tür aufging. »Und dabei hatte ich heute so viel vor«, sagte eine bekannte Stimme – Merl. Er scherzte, aber ich hörte auch einen Ton Besorgnis heraus (wodurch ich selbst nicht gerade entspannter wurde).

      »Tut mir leid, dass ich deine Trainingspläne durcheinander bringe«, murmelte ich mit aller Anstrengung.

      »Ich will es dir einmal verzeihen«, sagte er und ich konnte fast sehen, wie Merl grinste.

      Ich dämmerte wieder weg, und als ich das nächste Mal aufwachte, waren die Kopfschmerzen weg – einfach weg. Erstaunt setzte ich mich auf und schob den Waschlappen (der irgendwann einmal kalt gewesen war, jetzt aber die Temperatur meines Körpers angenommen hatte) von meinen Augen auf die Stirn, sodass ich etwas sehen konnte. Ich schwang meine Beine aus dem Bett und wollte aufstehen, doch das Zimmer drehte sich und ich musste mich wieder hinsetzen.

      »Leg dich bloß wieder hin!«, Mary trat aus dem Badezimmer und drückte mich bestimmt wieder zurück in mein Bett.

      »Aber – Mary, mir geht es wieder gut«, protestierte ich.

      »Nichts da!«, sagte Bea, die auf ihrem Bett saß und Comics verschlang. »Deinetwegen haben wir heute frei – willst du dafür verantwortlich sein, dass ich mit Quandri Berge von Arbeit erledigen muss?«

      Ich