Die Magie von Pax. Sarah Nicola Heidner

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Название Die Magie von Pax
Автор произведения Sarah Nicola Heidner
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Серия
Издательство
Год выпуска 0
isbn 9783957448361



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hoffte, mich verhört zu haben.

      »Kämpfen üben«, wiederholte Yu Weiß ruhig. »Natürlich nicht mit mir«, er gluckste leise, »dafür bin ich ein bisschen alt. Morgen wirst du jemanden kennenlernen, der mir dafür geeignet scheint. Nach dem Mittagessen baue ich hier eine Zielscheibe auf, damit du mit Pfeil und Bogen schießen kannst«, erklärte er und hängte seelenruhig das Schwert, an dem er mir die Begriffe erklärt hatte, wieder zurück an die Wand.

      Ich stolperte aus dem Raum und rannte den Weg zur Mensa zurück. Okay, es war an der Zeit, mein Versprechen zu brechen. Ich musste unbedingt mit jemanden darüber reden! Beim Mittagessen wich Luis Bea aber leider nicht von der Seite, und danach kam Mentorin Quandri, um Bea schon vor Ende der Pause wieder abzuholen. Luis verdrückte sich danach schnell, ohne auch nur ein Wort mit mir gewechselt zu haben. (Woran das lag, kann man sich denken.)

      Auf jeden Fall schlenderte ich nach dem Ende der Pause gerade in Richtung des riesigen Raumes mit der Statue von Armet, als mir Isabell und ihre Freunde über den Weg liefen. Also noch beschissener konnte der Tag eigentlich nicht werden.

      »Na, Freaki? Bist du auf der Suche nach deiner verschwundenen Magie oder was treibt dich hier her?« Isabell strich sich mit den Fingern durch die lange, braune Mähne.

      Ich schüttelte den Kopf. »Lass mich einfach durch«, sagte ich bestimmt, aber sie und ihre drei Mitläuferinnen versperrten mir den Weg.

      »Du gehörst wirklich nicht auf diese Schule«, sagte eine von Isabells Freundinnen, Lindsay, abfällig und lehnte sich demonstrativ cool an die Wand. Ich verdrehte die Augen, obwohl mir jedes ihrer Worte wie ein Messer ins Herz schnitt. Keine Ahnung, warum es mich nach all den Jahren immer noch so traf.

      Nach weiterem abfälligen Gekicher und Spötteleien ließen sie mich endlich durch und ich rannte die Strecke bis zum Trainingraum – zu spät kam ich natürlich trotzdem. Aber Yu Weiß saß ganz entspannt auf einer der Matten, Pfeil und Bogen lagen in seinen ruhigen Händen und er schien zu meditieren. Langsam trat ich näher und er öffnete die Augen.

      »Ah, Sofia. Wie geht es dir?«

      Ich versuchte, meinem Gesicht einen neutralen Ausdruck zu geben und murmelte etwas Unverständliches.

      Mein Mentor runzelte die Stirn, winkte mich aber heran, um mir den Pfeil und Bogen zu zeigen, die er in den Händen hielt. Der Bogen sah schlicht aus, war aus Eichenholz gemacht und eigentlich nicht wirklich besonders. Ich nahm ihn auf Yu Weiß´ Kopfnicken hin in die Hand und maß die Entfernung zu der runden Zielscheibe, die er an die Wand gehängt hatte, mit den Augen.

      »Das sind mindestens zwanzig Meter«, empörte ich mich. »Ich habe das noch nie in meinem Leben gemacht.«

      »Gerade deshalb sind es ja nur zwanzig Meter«, versetzte Yu Weiß und bedeutete mir mit einer Handbewegung, es einfach einmal auszuprobieren. Ich seufzte und kam zu dem Schluss, dass Yu Weiß wirklich verrückt war (nicht, dass ich das nicht schon vorher geahnt hatte).

      Ich spannte den Bogen (was sich übrings ziemlich anstrengend war – morgen würde ich Muskelkater in den Armen haben) und ließ den Pfeil los. Er schoss direkt auf die Zielscheibe zu und blieb in einem der äußersten Kreise stecken.

      Yu Weiß nickte zufrieden. »Noch mal.«

      Ich verbrachte den gesamten Rest der Stunde, den Pfeil abzuschießen (und wieder zur Zielscheibe zu rennen, ihn zu holen, und zurückzulaufen). Als es klingelte, hängte mein Mentor Pfeil und Bogen wieder an die Wand.

      »Sei morgen bitte ausgeruht«, sagte er zum Abschied.

      Kaum hatte ich mich auf mein Bett gefläzt und eine Packung Kekse aus meiner Schultasche herausgezogen, (die ich aus der Mensa stibitzt hatte) als Bea in unser Zimmer stürmte. Ich wollte ihr eigentlich das ganze Du-Darfst-Nichts-Erzählen-Weil-Ich-Dich-Im-Kämpfen-Ausbilde und der schwarzen Gestalt unter unserem meinem Fenster erzählen, aber ich kam nicht dazu. Denn gerade hatte ich den Mund aufgemacht, (obwohl ich überhaupt keine Ahnung hatte, wo ich eigentlich anfangen sollte) als Bea wütend fauchte: »Quandri kann mich mal, ernsthaft! Fünf Bücher über Heilkunst! Wozu brauche ich denn das? Rotkutten können doch sowieso keine Ärzte oder Heiler werden, nur Helfer von diesen, und mich würde Mischer viel mehr interessieren, aber Quandri hört ja nicht auf mich.« Als sie mein nachdenkliches Gesicht sah, (schließlich wusste ich immer noch nicht, wie ich Bea am besten auf die ganze Geschichte ansprechen konnte) schaute sie mich zerknirscht an. »Sorry, Sofia. Ich weiß ja, dass du das alles nicht werden kannst.« Sofort schüttelte ich den Kopf. »Darum geht es nicht«, sagte ich schnell, »vielmehr …«

      »Dann ist ja gut. Auf jeden Fall muss ich zusätzlich zu den Büchern auch noch Hibispilze im Wald suchen. Bis morgen! Hallo?! Was denkt die Frau, wie viel Freizeit ich habe?«

      Ich nickte zustimmend.

      »Na ja, ich mache mich auf den Weg zu den Hibispilzen, dann kann ich heute Abend noch mit dem ersten Buch anfangen«, Bea verdrehte die Augen. »Ich nehm deine Robe, ja? Meine ist in der Wäsche. Wir sehen uns beim Mittagessen?« Sie umarmte mich, schnappte sich meine Robe aus dem Schrank, drehte sich auf dem Absatz um und war schon aus dem Zimmer verschwunden, bevor ich auch nur »Tschüss« sagen konnte. Ich seufzte tief und nahm einen der Kekse aus der Dose. Nicht, dass ich genug Probleme damit hätte, dass ich keine Magie hatte. Nein, ich musste natürlich auch noch einen verrückten Mentor haben, der meinte, mich im Kämpfen ausbilden zu müssen (ich hatte ehrlich gesagt immer noch keine Ahnung, warum) und zu allem Übel hockte auch noch eine schwarze Gestalt unter meinem Fenster. Also zusammengefasst konnte es in letzter Zeit überhaupt nicht besser laufen.

      Als ich an die Gestalt denken musste, lief mir ein Schauer den Rücken herunter und ich stand auf, um aus zum Fenster zu schauen. Aber im Hof war alles leer. Vielleicht hatte ich mir das auch nur eingebildet, überlegte ich, als ich mich wieder auf mein Bett fallen ließ. Mich hielten ja sowieso schon alle für geisteskrank, vielleicht war ich ja wirklich ein verrückter Freak ohne Magie, aber dafür mit Halluzinationen.

      Am Abend war Bea noch immer nicht zurückgekehrt, und langsam begann ich mir Sorgen zu machen. Ich ging nicht zum Abendessen (schließlich hatte ich ja meine Kekse), sondern setzte mich ans Fenster und schaute nach unten in den Hof, in der Hoffnung, Bea zu sehen. Aber es wurde immer später und irgendwann hielt ich es nicht mehr aus. Ich wollte gerade von der Fensterbank aufspringen und Yu Weiß oder irgendeinen anderen Lehrer suchen, als ich die dunkle Gestalt wieder sah, aber dieses Mal rannte sie quer durch den Hof, schaute nach oben, und direkt in mein Gesicht. Wegen der Dunkelheit konnte ich nicht wirklich erkennen, wer dort unten stand, aber ich sah die hektischen Bewegungen, die derjenige vollführte. Vorsichtig öffnete ich das Fenster einen Spalt breit.

      »Wer bist du?«, fragte ich so laut, dass der dort unten es hören konnte.

      »Mary, aber egal! Wer auch immer du bist, du musst unbedingt kommen! Im Wald – die Schwarzkutten«, die Gestalt keuchte. »Sie haben jemanden angegriffen – ein Mädchen im Wald. Bitte, schnell!« Die Stimme klang so verzweifelt, dass ich sofort das Fenster schloss und die Wendeltreppe nach unten flitzte.

      In meinem Kopf hämmerte ein einziges Wort – Bea! Ich riss die Tür zum Hof geradezu auf und rannte die schwarz gekleidete Gestalt fast um. Diese entpuppte sich allerdings als ein Mädchen, etwa in meinem Alter, mit kurzen, schwarzen Haaren und tiefen, braunen Augen. Jetzt allerdings winkte es hektisch und lief schon vor in Richtung Wald. Ich folgte ihm mit ein bisschen Abstand, denn irgendetwas störte mich an dieser Sache. Ich hatte etwas Wichtiges übersehen, aber in meiner Panik kam ich nicht darauf, was es war. Allerdings konnte ich Bea – und es hörte sich auf jeden Fall so an, als wäre sie es – nicht im Stich lassen, und so rannte ich hinter dem Mädchen in den Wald. Zwischen den Bäumen war es so dunkel, dass ich meine eigene Hand fast nicht erkennen konnte. Ich hatte keine Ahnung, wie lange wir gelaufen waren, aber irgendwann stoppte das Mädchen und deutete auf eine am Boden liegende Gestalt.

      Das große, stämmige Mädchen mit den langen, blonden Haaren, war – da gab es keinen Zweifel – Bea. Sofort stürzte ich auf sie zu. Im Dunkeln konnte ich nicht viel sehen, aber dennoch konnte ich das Blut auf ihren Armen erahnen. »Bea!«, schrie ich panisch und rüttelte an ihren Schultern. »Komm schon, Bea! Du