Название | Die Magie von Pax |
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Автор произведения | Sarah Nicola Heidner |
Жанр | |
Серия | |
Издательство | |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783957448361 |
»Ja, aber die Götter waren es ja nun mal nicht«, sagte Mary gereizt. »Ich ziehe doch nur alle Möglichkeiten in Betracht, die es gibt!«
»Mary hat Recht«, murmelte Bea und rollte sich aus dem Bett. »Heute haben wir genügend Zeit, es auszuprobieren.«
»Wisst ihr überhaupt, was ihr da machen sollt? Mit Magie habe ich nun wirklich keine Erfahrungen«, sagte ich und spielte auf meine Magielosigkeit an, nur um noch einmal zu betonen, dass die Magie nicht von mir kommen konnte.
Mary verdrehte die Augen. »Du vielleicht nicht, Sofia, aber Bea und ich können Magie seit Jahren kontrollieren. Auch wenn sie verschieden ist, es ist immer noch Magie.«
»Und was beherrschst du jetzt genau für eine Magie?«, wollte ich wissen. Mary hatte mir auf diese Frage noch nie eine richtige Antwort gegeben, und auch heute sagte sie nur: »Nekromantie. Sofia, zieh dich um, dann legen wir los. Dieser rosa Pferde-Schlafanzug ist ja wirklich ganz süß, aber für das, was wir vorhaben, gänzlich ungeeignet.« Verlegen krabbelte ich zu meinem Schrank und fischte ein paar rote Kleidungsstücke heraus.
Mary schloss unser Zimmer ab, vergewisserte sich, dass Isabells Mentor vor der Tür selig schlief und zog dann die Vorhänge zu. Im Zimmer war es jetzt so dunkel, dass ich Mary und Bea, die auf meinem Bett saßen, nur schemenhaft erkennen konnte. Ich stand ein bisschen verloren in der Mitte des Raumes (und kam mir ziemlich albern vor).
»Okay«, sagte Mary. »Sofia, du musst jetzt versuchen, alles loszulassen. Hm … das ist schwierig zu erklären. Entspann dich einfach, und versuch, Magie heraufzubeschwören.« Ich war kurz davor, albern loszukichern. Sie konnte ja nicht wissen, wie oft ich das schon versucht hatte – heimlich in meinem Zimmer, vor Ärzten, vor Lehrern, vor meinen Eltern, mit Isabell, mit Bea …
Trotzdem seufzte ich nur und versuchte mich zu entspannen, was allerdings nicht wirklich funktionierte. Ich streckte die Hände aus und redete mir ein, dass da jetzt gleich irgendwie Magie rauskommen würde (ich brauche wohl nicht zu betonen, dass ich nicht wirklich daran glaubte).
Als sie Sonne aufgegangen war, gaben wir es auf und Mary zog die Vorhänge wieder auf, sodass Tageslicht in den Raum strömte.
»Ich hab’s doch gesagt«, brummelte ich und warf mich auf mein Bett. »In mir ist kein Funken Magie.«
»Das kann sein«, stellte Mary fest, während sie die Tür wieder aufschloss.
»Es kann aber auch sein, dass du die Magie einfach nicht kontrollieren kannst. Oder denkst du, Sechsjährige können sagen: Jetzt lass ich mal diesen Gegenstand fliegen? «
»Am Anfang kommt die Magie, wann sie will«, stimmte Bea ihr zu.
»Toll«, sagte ich gedehnt. »Aber wenn es euch aufgefallen ist – ich bin nicht sechs! Und ich habe keine Magie. Also können wir uns bitte auf etwas konzentrieren, dass mehr Sinn ergibt?« Ich hatte keine Lust mehr, die ganze Zeit über meine Ich-Habe-Keine-Magie Geschichte diskutieren zu müssen, wo ich das Ganze doch am liebsten ausblenden wollte. Die beiden machten mir mit ihrem Gerede sinnlose Hoffnungen, die doch nur wieder zerstört werden würden.
»Gut«, sagte Mary ruhig. »Aber lass mich noch eine Sache ausprobieren.«
Nach dem Frühstück schickten Mary und Bea mich aufs Zimmer, während sie noch Crossiants aßen. Die Erinnerung an die Begegnung mit den Schwarzkutten wurde immer verschwommener, und ich bekam wirklich Zweifel wegen meiner Auffassungsgabe. Ich wollte gerade ins Bad gehen, als ich ein leises Kratzen hinter der Tür hörte. Erstarrt blieb ich stehen und sah, wie jemand die Klinke langsam herunterdrückte. Wie festgefroren blieb ich stehen, die Hand nach der Badezimmertürklinke ausgestreckt. Langsam öffnete sich die Tür und jemand schob sich in den Raum – eine Schwarzkutte! Ich reagierte panisch (was wohl nur nachvollziehbar ist, wenn man sich an das Ereignis auf dem Dach erinnerte).
Ich wich bis an die Wand zurück, dann schrie ich los und schloss die Augen. Als ich sie wieder öffnete, sah ich, wie unsere Bettdecken brannten. Durch einen Windstoß (im Zimmer?!) wurde die Schwarzkutte ins Badezimmer geworfen. Die Tür des Badezimmers knallte laut zu, dann hörte ich, wie sich Dusche und Waschbecken selbstständig machten und Wasser sprühten.
Entgeistert ließ ich mich auf dem Boden nieder. Meine Gedanken wirbelten herum und ich wusste, dass ich Yu Weiß auf jeden Fall von den Schwarzkutten berichten musste. Aber erst mal sollte ich irgendjemanden holen. Mein Herz pochte wie wild und ich brauchte einige Zeit, bis ich mit zittrigen Beinen aufstehen konnte.
Ich war gerade auf dem Weg zur Tür, als Bea vorsichtig den Raum betrat, einen Blick auf die rauchende Bettwäsche warf und erschreckt aufkeuchte.
»Eine Schwarzkutte – hier im Zimmer!«, ich rüttelte sie an der Schulter, während ich losstammelte. »Plötzlich kam sie hier rein … und ich – ich hab gar nichts gemacht, aber dann sind die Bettdecken irgendwie in Flammen …«
»Sofia, das ist Mary. Sie hat ihre Schwarzkuttenrobe angezogen, um deine Magie zu prüfen«, unterbrach Bea mich zerknirscht. »Das war eine bescheuerte Idee – sorry. Aber jetzt müssen wir erst einmal Mary retten.«
»Bei den Göttern«, stöhnte ich halb erleichtert, halb wütend und wäre zusammengesackt, wenn Bea mich nicht gestützt hätte. Ich fühlte mich, als hätte ich gerade einen Marathonlauf hinter mir.
Bea öffnete die Tür zum Badezimmer, während ich nur auf dem Boden hockte und verzweifelt versuchte, nicht ohnmächtig zu werden. Dennoch riskierte ich einen Blick ins Bad – und bereute es. Mary saß auf dem Boden, ihre Haarspitzen waren angekokelt und ihr Arm stand in einem merkwürdigen Winkel ab – wahrscheinlich war sie ungünstig mit ihm aufgekommen, als der Wind (oder was auch immer) sie ins Badezimmer befördert hatte. Außerdem war sie klatschnass und zitterte. Wasser aus der Dusche und vom Waschbecken spritzte immer noch auf sie ein, und ich schüttelte wild den Kopf.
»Stopp, stopp«, murmelte ich, aber nichts passierte. Bea zog Mary aus dem Badezimmer und schloss die Tür hinter ihnen.
Ich blendete das Flimmern vor meinen Augen aus und sah Mary verängstigt an. »Sorry, Mary«, flüsterte ich.
Doch diese schüttelte nur den Kopf. »Jetzt wissen wir es«, sagte sie nur und zuckte schmerzhaft zusammen, als Bea ihren Arm berührte.
»Wo ist Isabells Mentor – dein Aufpasser?«, fragte ich sofort.
»Ich hab ihn abgelenkt und so getan, als würde ich in die Klassenzimmer rennen«, sagte Bea leise. Jetzt, wo Mary außer Lebensgefahr war, funkelte ich sie wütend an. »Seid ihr eigentlich noch ganz klar im Kopf?«, wollte ich fauchen, aber da ich so erschöpft war, klang es eher wie eine freundlich gestellte Frage.
Bea sagte nur: »Ja, danke der Nachfrage, aber darüber müssen wir später noch mal reden«, dann verfrachtete sie Mary nach draußen. »Was wollt ihr denn der Krankenschwester …?«, begann ich, doch Mary unterbrach mich. »Wir denken uns schon was aus. Unfall«, sagte sie.
»Ja klar, unter der Dusche …«, begann ich, doch die beiden waren schon verschwunden.
Erschöpft ließ ich mich auf mein Bett sinken und schloss die Augen. Ich konnte nicht glauben, was gerade passiert war. Ich hatte Mary für eine Schwarzkutte (na ja, das war sie ja auch – für eine böse Schwarzkutte) gehalten und schon wieder hatte plötzlich alles verrückt gespielt. Und dieses Mal waren Mary und Bea dabei gewesen – ich war also nicht geisteskrank. Die Götter waren auch ausgeschlossen, da im Zimmer nichts Goldenes zu finden war (außer Beas Lieblingskessel, den sie für mehr als hundert Silbermünzen gekauft hatte).
Aber die Möglichkeit, die dann noch blieb, verursachte mir starke Kopfschmerzen. Konnte es wirklich sein, dass ich die Magie heraufbeschworen hatte? Okay, ich war ein totaler Freak. Jetzt war es amtlich. Entweder besaß ich keinen Funken Magie – oder so viel, wie niemand zuvor jemals besessen hatte, so viel, wie eigentlich unmöglich sein sollte. Ich hatte das Gefühl, gerade erst die Augen geschlossen zu haben, als Bea ins Zimmer kam, gefolgt von Mary, die ihren Arm in einer Schlinge trug und irgendein Schmerzmittel bekommen