Название | Das Lachen der Yanomami |
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Автор произведения | Nina Hutzfeldt |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783738031041 |
Es war schrecklich. Kein Fenster ließ sich öffnen und die Luft im Bus war drückend heiß. Mir lief der Schweiß über die Stirn. Dann, endlich hielt der Bus an und ich konnte aussteigen.
Ein Häuschen stand am Wegesrand. Es schien, als würde jemand darin wohnen. Vielleicht der Wachmann, wenn es einen gab. Ich nahm mein Gepäck und machte mich zu Fuß auf den letzten Rest des Weges.
Schon jetzt war mir klar, dass hier nicht irgendjemand als Gärtner beschäftigt war. Die Rosen blühten in voller Pracht, und die Hecke, die mich zum großen Herrenhaus geleitete, war absolut exakt geschnitten. Kein Blatt lag unordentlich oder war zu lang. Ich folgte dem Kiesweg bis zu einem schmiedeeisernen Tor, das von zwei hohen Buchsbäumen eingerahmt war. Das Haus, im georgianischen Stil gehalten, lächelte mir ein Willkommen entgegen. Ich konnte den Wein riechen, der sich wie eine Schlange an der Fassade emporschlängelte. Die großen Schiebefenster und die breite Haustür spendeten genügend Licht für die prächtigen Räume. Ich hatte schon viele Hotels und Pensionen besucht, aber dieses Haus war eindeutig das prächtigste.
An der Tür fing mich die Hausherrin ab. »Guten Tag. Sie müssen Mrs. Andrea Grewe sein?« Sie zauberte ein Lächeln auf ihre Lippen.
Ich nickte, dabei musterte ich die Frau. Sie musste in meinem Alter oder etwas älter sein, denn ihr Lächeln ließ Falten erkennen, die sie unter ihren Haaren zu verstecken versuchte.
»Ich hoffe, dass Sie gut hergefunden haben. Wir haben ein wunderschönes Zimmer für Sie hergerichtet. Sie sagten, dass Sie uns im August erneut mit Ihrer Schulklasse besuchen werden?« Die Dame ging zur Rezeption und blickte in ihr Buch.
»Ja.« Etwas anderes wagte ich im Moment nicht zu sagen. Wie hätte ich es ihr auch erklären können? Sie hätte sich kaum dafür interessiert, dass meine Mutter gestorben war und ich meinen Vater nicht kannte.
»Matthew wird Sie gleich auf ihr Zimmer bringen. Falls Sie etwas benötigen, zögern Sie nicht, nach Sophia zu fragen.« Sie legte ihre rechte Hand auf ihre vollbusige Brust. Mir fiel auf, dass sich an ihrem Ringfinger bis vor kurzem noch ein Ring befunden haben musste. Ein schmaler, weißlicher Streifen zeichnete sich auf der ansonsten gebräunten Haut ab.
»Danke.« Ich legte meine ausgedruckte Buchungsbestätigung auf den Tresen.
»Zum Datenabgleich bräuchten wir noch Ihren Personalausweis. Außerdem werden wir Ihr Konto mit 50 Pfund belasten.«
»Warum?« Ich zog die Stirn in Falten.
»Wegen der Minibar. Selbstverständlich werden wir Ihnen das Geld gutschreiben, wenn Sie nichts aus der Bar nehmen.«
»Ach so, natürlich, kein Problem.« Ich zog meine Kreditkarte aus dem Portemonnaie und gab sie Sophia.
»Danke.« Sophia nahm meine Karte und zog sie durch ein Lesegerät. Danach reichte sie sie mir zurück und lächelte kokett. »Bitte sehr. Haben Sie einen schönen Aufenthalt. Und falls sie etwas benötigen, lassen Sie es mich wissen.«
»Oh je«, dachte ich, »wie soll ich das bloß im August mit meiner Klasse überstehen?«
Sophia winkte einen jungen Mann heran und wies ihn an, mich auf mein Zimmer zu begleiten. Natürlich nahm er, wie es sich für einen Pagen gehörte, meinen Koffer.
Wir fuhren mit einem Fahrstuhl in den ersten Stock. Dabei hatte ich genügend Zeit, Matthew, so hieß der Page, wie sein Namensschild mir verriet, zu mustern. Er war ein Latino. Braungebrannte Haut, schwarzes Haar und ein charmantes Lächeln.
Er musste etwa halb so alt sein wie ich, denn er wirkte noch sehr kindlich. Vielleicht war er ein Adoptivsohn von Mrs. Sophia. Oder aber nur ein einfacher Arbeiter, der seine Frau und seine Kinder ernähren musste. Der Fahrstuhl hielt an und öffnete seine Türen. Matthew führte mich zu einem Zimmer im ersten Stock.
Der Ausblick war gigantisch. Eine wunderschöne Landschaft, an der ich mich nicht sattsehen konnte. Sophia musste mir das beste Zimmer gegeben haben, denn der Blick reichte bis zum Barmburgh Castle. Dort hatte ich für meine Klasse schon einen Besichtigungstermin vereinbart. Ich fragte mich, ob meine Mutter schon einmal hier gewesen war und strich mir durchs Haar. »Ähm, Matthew. Gibt es hier einen Internetzugang?«
»Ja, natürlich. Fragen Sie bei Miss Sophia nach dem WLAN-Schlüssel.«
»Ja, danke.« Ich griff nach meinem Portemonnaie und suchte etwas Kleingeld, um es Matthew zu geben. Danach schloss ich die Tür von innen und setzte mich auf das Korbsofa mit den cremefarbenen Kissen. Auf der Tapete waren zitronengelbe Blümchen abgebildet. Es passte alles perfekt zusammen!
Und ich war mittendrin. Es war kein Traum, ich war wirklich hier.
Nach dem Auspacken ging ich in die Dusche im angrenzenden Bad. Das heiße Wasser, das auf meinen Rücken prasselte, stimmte mich ruhiger. Nach der Dusche knetete ich meine Haare mit dem Handtuch trocken und genoss den Ausblick auf Northumberland.
Eine Stunde später ging ich zur Rezeption, um Sophia zu suchen.
»Hallo, Andrea. Was kann ich für Sie tun?« Sie lächelte.
»Ich wollte nach dem WLAN-Schlüssel fragen. Bei dem schönen Wetter möchte ich nach draußen auf die Terrasse.« Ich nickte mit dem Kopf Richtung Tür.
»Ja, warten Sie.« Sophia suchte in einem Buch nach dem Pin-Code und schrieb mir die Nummer auf.
»Danke.«
»Gern geschehen.«
Ich folgte dem Duft von Rosen, Lavendel und weiteren wunderschönen Blumen hinaus in den Garten. Eine schmiedeeiserne Bank stand unter einem breiten Apfelbaum. Genau der richtige Platz für mich. Mit drei großen Schritten war ich bei der Bank und machte es mir darauf bequem. Mein Blick glitt über den Rest des Grundstücks. Meine Mutter hätte sich hier nicht sattsehen können. Damals hatten wir einen kleinen Schrebergarten, den wir aber schon bald aus Zeitmangel aufgeben mussten.
Ihre Gemüsebeete und ihre Blumen hatte sie immer vermisst.
Bei diesem Gedanken verirrte sich eine Träne auf meiner Wange, die ich sofort wegwischte, als ich hinter mir ein Summen hörte. Neugierig drehte ich den Kopf, so gut es ging. Ein Mann, ich schätzte ihn auf Mitte fünfzig, fuhr mit einem Rasenmäher über den Kiesweg. Ich fand, dass der Rasen vorbildlich aussah und verstand nicht, warum er ihn mähen wollte. Bevor der Mann den Motor anstellte, schaute er sich um. Unsere Blicke trafen sich. Ich drehte mich wieder weg und wünschte mir, unsichtbar zu sein. Aber sofort näherten sich Schritte und meine Wangen begannen zu glühen.
»Hallo«, sagte der Gärtner
»Hallo.« Sei kein Kind, rügte ich mich und atmete tief durch, bevor ich mich ihm zuwandte. Was dachte er bloß über mich?
Er lächelte, bevor er mir die Hand reichte. »Christopher Collins.«
»Andrea Grewe.« Ein verlegenes Lächeln huschte mir über die Lippen.
»Sie kommen nicht aus England?«
»Nein, ich komme aus Deutschland.«
»Oh, wirklich? Ich war auch schon mal dort. Hat mir sehr gut gefallen.«
»Ja, es ist schön dort, aber hier ist es auch wunderschön. Ich liebe den Garten. Sind Sie hier der Gärtner?«
»Ja, schon.« Christopher legte sich vor Lachen die Hand auf den Bauch. »Eigentlich bin ich einer der Eigentümer, doch nach der Trennung von meiner Frau ...«
»Oh, das tut mir leid.«
»Das muss es nicht. Mir ist es nur ein Rätsel, warum Frauen im reifen Alter sich so oft jüngere Partner angeln.« Er kratzte sich an der Schläfe.
»Bestimmt aus dem gleichen Grund, aus dem Männer es tun«, antwortete ich unbekümmert.
»Mm.« Darauf wusste er nichts mehr zu sagen.
»Also sind Sie rein rechtlich immer noch der Eigentümer. Aber sicher denken viele, dass Sie nur der Gärtner dieses wunderschönen Anwesens