Das Lachen der Yanomami. Nina Hutzfeldt

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Название Das Lachen der Yanomami
Автор произведения Nina Hutzfeldt
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738031041



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interessant. Schön, dass mir das auch mal jemand erzählt.«

      »Hätte ich dir das vor dem Flug erzählt, wärst du doch gar nicht mitgekommen.«

      »Stimmt, da hast du recht. Warum sollte ich etwas tun, wenn es verboten ist?«

      »Dein Vater liebte den Nervenkitzel. Ich dachte, er hätte etwas davon an dich weitergegeben.«

      »Wahrscheinlich nicht«, grummelte Samuel. Er war enttäuscht von Jean. Warum hatte er ihn nicht eingeweiht?

      Die Stille hing wie ein durchsichtiger Vorhang zwischen ihnen.

      »Ich denke, du wirst dann morgen wieder zurückfliegen?«, setzte Jean irgendwann an.

      »Ich weiß nicht.« Samuel hatte seine Hände ineinander verschränkt und ließ seine Daumen in der Luft kreisen. Eine innere Stimme drang an sein Ohr. Sie sagte ihm, dass er Jean nicht enttäuschen durfte. Es musste die Stimme seines Vaters sein.

      »Okay, ich bleibe. Aber unter einer Bedingung.« Samuel wandte sich Jean zu.

      »Und die wäre?«

      »Ab jetzt möchte ich in jede Kleinigkeit eingeweiht werden.«

      Jean schluckte.

      Samuel ahnte, dass er noch mehr zu verbergen hatte.

      »Sicher«, sagte Jean schließlich zögernd.

      »Gut. Sag mal, können wir Diego vertrauen? Auf mich wirkt er nicht vertrauenswürdig.«

      »Aber ja. Er war über Jahre Geschäftsführer. Dieser Mann weiß, wie man sich hocharbeitet. Nun ist er der Boss. Er arbeitet selbst nicht mehr.«

      »Wir arbeiten für ihn?« Samuel fuhr sich mit der Hand durchs Haar.

      »Ja, für ein paar Wochen und dann bekommen wir unseren Anteil. Was dachtest du denn?« Jean setzte sich auf.

      Samuel fühlte sich etwas unbehaglich. Er schlief mit einem Mann zusammen in einem Zimmer und vor dem Einschlafen sprachen sie über den Tag. So viel redete Samuel sonst nicht einmal mit Molly. »Ich dachte, dass wir beide zusammenarbeiten und jeder seinen Anteil bekommt. Du hast nichts von einem Boss erzählt, der uns einen kleinen Erlös gibt.« Wenn wir den überhaupt kriegen, wollte er noch sagen, doch diesen Satz verschluckte er lieber.

      »Wie heißt du eigentlich?«, fragte Jean plötzlich.

      Zuerst wusste Samuel gar nicht was Jean von ihm wollte, doch dann ging ihm ein Licht auf. »Jayden Garcĭa. Und du?«

      »Ich heiße Tomas Sánchez. Das sind gute Namen.« Jean kratzte sich am Kopf. Sein Haaransatz glänzte leicht gräulich.

      »Wer sind eigentlich die Funai? Diego hat sie vorhin erwähnt.«

      Jean zuckte mit den Achseln. »Das kann ich dir nicht sagen. Fragen wir Diego morgen«, schlug er vor. »Aber jetzt sollten wir erstmal schlafen.«

      Mit den ersten Sonnenstrahlen wachte Samuel auf. Im Bett neben ihm träumte Jean noch schnarchend vor sich hin. Schnell kroch Samuel aus dem Bett und schlich sich zu seinem Koffer. Dort suchte er sich passende Kleidung für die bevorstehende Reise heraus. Dabei fiel ihm ein, dass er seit Jahren einen Notgroschen im Koffer versteckt hielt. Das Geld hatte er damals für den Notfall hineingesteckt und er war froh, dass er das Geld noch hatte.

      Die Dielen ächzten unter seiner Last, als Samuel über den Flur taperte und sich ins Bad einschloss. Gestern war er zu müde gewesen, um sich zu waschen. Doch als er sich umsah, hätte er am liebsten kehrtgemacht. Die Dusche war völlig verdreckt, und auf der Toilettenbrille waren Spuren von Urin erkennbar. Samuel hob den Deckel mit dem Fuß an und öffnete seine Hose.

      Nachdem er sich erleichtert hatte, stellte er sich unter die Dusche.

      Irgendwie fühlte er sich nach der Dusche dreckiger als vorher. Vielleicht, weil sich das Wasser hier anders anfühlte? Aber vielleicht lag es auch daran, dass sich zu Hause Dienstmädchen um die Sauberkeit im Badezimmer kümmerten. Nachdem er sich auch die Zähne geputzt hatte, ging er zurück ins Zimmer.

      Jean stand angezogen und mit geschultertem Rucksack am Fenster und beobachtete das Treiben auf der Straße. Kein Autofahrer hielt sich an die Straßenmarkierungen. Jeder fuhr, wie es ihm beliebte und niemanden störte es, wenn wie wild gehupt wurde.

      Samuel ging zu seinem Bett, packte die restlichen Sachen in den Rucksack und wartete darauf, dass Jean sich umdrehte.

      »Ich musste gerade an meine Liebste denken. Sie mochte das Treiben auf den Straßen.« Jean senkte den Kopf.

      »Vater hat mir in seinen Briefen geschrieben, was mit deiner Familie und der Familie deiner Freundin passiert ist.«

      »Ja. Sie haben es nicht geschafft. Der Krieg war einfach zu brutal. Ich habe sie sehr geliebt und wollte mit ihr eine Familie gründen.«

      »Das tut mir leid«, bekundete Samuel noch einmal sein Beileid.

      »Ja, mir auch, und auch das mit deinem Vater. Ich habe im Krieg alles verloren.«

      »Hast du nach dem Krieg keine andere Frau kennengelernt?«, fragte Samuel interessiert.

      »Leider nein. Florence und ich waren Seelenverwandte. Ich hatte einige Verabredungen, aber ich verglich sie alle mit ihr.«

      Samuel verstummte. Es tat ihm leid, wie einsam Jean war und dass er sich nicht früher bei ihm gemeldet hatte. Diese Reise bedeutete ihm sicher sehr viel.

      »Wollen wir los? Bestimmt wartet Diego schon auf uns.«

      »Ja, gerne.« Jean schloss hinter Samuel die Tür.

      Die zehn Männer trafen sich auf dem Parkplatz hinter der Pension. Alle trugen große und zum Teil sicher sehr schwere Rucksäcke.

      »Da seid ihr ja, Tomas und Jayden. Nennt euch am besten jetzt so, damit ihr die Namen nicht vergesst«, sagte Diego, der im Tageslicht noch ungepflegter aussah, als in der zwielichtigen Kneipe.

      »Ja.« Tomas nickte.

      »Das ist Luìz. Luìz wird nach mir euer Ansprechpartner sein. Wenn ihr euch an seine Anweisungen haltet, kann euch nichts passieren.«

      Ein dunkelhäutiger Mann mit viel zu großer Kleidung stellte sich neben Diego und nickte. Er sagte irgendetwas auf Französisch, das Jayden nicht verstand.

      Tomas lag die Frage nach den Funai auf der Zunge, aber irgendetwas hielt ihn davon ab, sie zu stellen.

      »So, los jetzt.« Diego klatschte in die Hände und führte die Gruppe zu einem Kleinbus, der mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr durch den nächsten TÜV kommen würde. Diego und Luìz setzten sich nach vorne, während sich der Rest auf die hintere Bank quetschte. Jayden saß neben Tomas und einer riesigen Maschine, die aussah wie ein überdimensionierter Staubsauger.

      »Was ist das?«, fragte Jayden und deutete auf das Ding neben ihm.

      »Das ist einer unserer Sauger«, antwortete einer der Männer, der sich José nannte.

      »Aha.« Jayden verstand so gut wie kein Wort, denn der Mann sprach ein so undeutliches Englisch, dass es ihm in den Ohren schmerzte. Als sich ihre Blicke erneut trafen, zauberte er ein Lächeln auf sein Gesicht. Doch Jayden musste sich unwillkürlich schütteln, weil dabei zwei verfaulte Zähne zum Vorschein kamen.

      Das Auto fuhr durch die Straßen von Boa Vista, bis sie an einer großen Wiese stehenblieben.

      »Komm, komm.« Der Mann, der gleich neben der Tür saß, hieß Franck. Er öffnete die Hintertür und ließ alle hinaus. Franck war der Aufpasser. Zeit war Gold. Jede Verzögerung brachte die Kolonne in Verzug.

      Ein Helikopter stand schon mit offenen Türen bereit.

      Diego reichte dem Piloten nach einigen Worten einen kleinen Sack und winkte die Männer zu sich. »Ich werde in ein paar Tagen nach euch sehen«, sagte er zu Luìz und verabschiedete sich ohne ein weiteres Wort.

      Als sich alle übrigen Männer in den Hubschrauber gesetzt