Название | Im Fallen lernt die Feder fliegen |
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Автор произведения | Usama Al Shahmani |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783038552093 |
Bei der Arbeit begann die Woche mit vielen Aufgaben. Meine Chefin gab mir eine lange To-do-Liste. Sie ist freundlich, spricht aber wie ein Roboter, und das ist es, was mich an ihr und manchen Schweizern stört, ihre neutrale Sprache. Sie kann viel reden, ohne ein einziges Gefühl zu zeigen. Ich kann meine Gefühle dem gegenüber, was ich sage, nicht verstecken.
Nach der Arbeit ging ich am Rheinufer spazieren. Wie ein Maultier trottete ich mit gesenktem Kopf meinen Lieblingsweg entlang, den ich fast auswendig kannte. Auf einmal überkam mich das Gefühl der Traurigkeit. Sie berührt meine Seele immer wieder anders, auch wenn ihre Hand dieselbe ist.
Der Herbst vermischte sich mit der Kälte des Oktobers. Mein Spaziergang endete in einem großen Kaffeehaus. Ich suchte einen Platz in einer Ecke. Die großen Hallen verwirren mich, die Mehrheit hat wie ich die falsche Hautfarbe.
Auf meinem Tisch lag ein Wettbewerbsformular für einen Sprachaufenthalt, ich begann es auszufüllen. Bei der Rubrik «Nationalität» machte ich zuerst einen Strich, aber dann schrieb ich «Schweizerin» hin. Ein seltsames Gefühl ergriff mich. Ich fühlte mich wie ein Zauberer, der auf einer Bühne steht und stolz präsentiert, wie er eine Frau trotz unzähliger Messerstiche unversehrt hält. Ich wusste nicht, ob ich der Zauberer oder die Frau war, auf jeden Fall war ich eine Lügnerin. Ich zerriss das Formular, holte mir meinen Kaffee und begann über den Weg, der mich in die Schweiz gebracht hatte, nachzudenken. Wer wäre ich ohne die Flucht geworden und was hat die Flucht aus mir gemacht? Ich war wie ein Affe auf einem dünnen Ast – man denkt, er würde fallen, aber er nutzt den Schwung des federnden Astes, um zum großen Stamm zu springen.
In diesem Café hatte Daniel häufig an seiner Masterarbeit geschrieben. Hier passe es am besten, über das Thema Heimat zu schreiben, «ich fühle mich wie im Ausland», sagte er zu seiner Mutter und mir. Sie war zu Besuch gekommen für die Museumsnacht und hatte uns zum Essen eingeladen. Von einem Nebentisch war Arabisch zu hören. Daniel schaute mich an und fragte: «Was denkst du, können Menschen ohne Heimatverlust verstehen, wie schwierig es ist, sich eine neue Heimat zu erschaffen?»
«Ich kann es nicht beurteilen», antwortete ich. Seine Mutter schaute mich an.
«Was heißt: Du weißt es nicht? Warum tust du so, als ob es dich nichts anginge?», bohrte Daniel weiter. Ich schwieg einen Moment, seine Mutter merkte, dass sich die Stimmung anspannte.
«Muss das denn jetzt sein?», fragte sie.
Daniel schaute wütend. «Das war eine ganz normale Frage», sagte er, «und es ist unpassend, dass Aida sie als eine Zumutung empfindet.»
«Ich bin nicht empfindlich, aber in deiner Sprache ist manchmal etwas Unangenehmes. Es vermittelt mir das Gefühl, dass ich ewig fremd bleiben werde.» Ich stand auf, und ging. Weder er noch seine Mutter verloren ein Wort, sie starrten mich bloß mit den größten Augen der Welt an. Ich konnte meine Tränen nicht zurückhalten.
In der Wohnung verschwand ich im Schlafzimmer und weinte. Mein Körper begann zu zittern. Ich vergrub meinen Kopf zwischen meinen Beinen. Als Kind tröstete mich mein Vater, wenn er mich betrübt sah. Einmal nahm er mich auf seinen Schoß und sagte mir ins Ohr: «Wenn du groß bist, wirst du darüber lachen.» Wie sehr vermisste ich ihn. Ich hörte seine Stimme in meinem Ohr, spürte seine Handfläche auf meinen Schultern.
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