nicht üblich.“ Genervt antwortete ich: „Das verstehe ich nicht, wieso sollte ich das denn erfinden, so ein Blödsinn. Warum hast du ihm denn nicht mal gesagt, wo ich arbeite, dann hätte er vielleicht mal dahinkommen können.“ Ich war fassungslos, aber es kam noch schlimmer. „Ich konnte mich gar nicht groß mit ihm unterhalten.“ Wieso denn nicht, das ist doch wohl kein Problem, mal drei vier Sätze mit jemanden zu wechseln.“ „Petra, es sind zwei Wochen vergangen und er hat nichts mehr von dir gehört, er hatte eine andere bei sich, was hätte ich denn tun sollen?“ „Was, eine andere, das glaube ich nicht, ich drehe ihr den Hals um, ich muss unbedingt wieder dorthin, das will ich sehen und dann werden wir ja mal sehen, wer dann neben ihm sitzt. Die andere auf keinen Fall.“ Ich war kurz davor, zu platzen. „Sie sah aber wirklich nicht so aus, als würde man Lust verspüren, sich mit ihr anzulegen. Sie ist sicher auch älter als du und somit ist es für ihn wieder einfacher.“ Ich wurde immer kleinlauter, was sollte ich machen, einfach hingehen, sie packen und dann sagen: Mach Platz den habe ich zuerst kennengelernt? Das gibt’s nur im Film und was sollte dann Raul von mir denken. Irgendwie war ich trotzdem auch sauer auf ihn, aber er konnte ja nichts dafür, schließlich war er ja zu unserer Verabredung gekommen. „Anna, egal wie, aber am Samstag gehen wir wieder zusammen hin.“ „Ja okay, wir treffen uns am besten bei mir, sei 19 Uhr da und jetzt beruhige dich erst mal, aber mach dir nicht zu viel Hoffnung.“ Gut, dann bis Samstag 19 Uhr bei dir.“ Der Tag war für mich gelaufen, ich war traurig und gleichzeitig so wütend auf meinen Vater, dem ich das jetzt zu verdanken hatte. Mir reichte es, ich wollte mir das nicht mehr länger gefallen lassen und mir auch nichts mehr verbieten lassen. Ich war doch kein kleines Kind mehr. Ich würde Samstag gehen. Der Samstag rückte näher und auch ich sollte mal etwas Glück haben. Mein Vater war nicht da, heute war sein Skatabend. Mit meiner Mutter hatte ich kein Problem, sie war nicht so streng, allerdings wollte ich auch ihr nicht sagen, wohin ich wollte, denn sonst hätte es mein Vater aus ihr herausgeprügelt. Um 19 Uhr war ich bei Anna, wir machten uns zusammen fertig, Haare und schminken, und dann zogen wir los. Meine Aufregung stieg mit jeder Minute. „Hoffentlich ist er auch da, ich bin so gespannt.“ „Klar ist er da, das war er ja in den letzten Wochen auch.“ Wir hatten Mühe, überhaupt reinzukommen, da auch diesmal wieder viele Leute da waren. Am Eingang blieb ich erst mal stehen, meine Augen kreisten durch den ganzen Saal. „Siehst du ihn?“ „Nein, ich sehe ihn nicht, verdammt ich habe es doch geahnt, ausgerechnet heute ist er nicht da.“ „Mensch, Petra, es ist doch noch früh, er kann ja immer noch kommen und sollte er doch nicht kommen, dann wirst du uns hoffentlich nicht den ganzen Abend versauen, ich will Spaß haben auch ohne ihn, da musst du eben durch.“ „Ja doch, ich habe mich schließlich nicht umsonst so aufgebrezelt.“ Aber im Innersten dachte ich etwas anderes, ich hatte mich nur aus einem einzigen Grund so aufgebrezelt. Ich hatte meine schulterlangen braunen Haare offen, sie fielen alle in einer Länge und meine blauen Augen strahlten nur so, da ich ordentlich Wimperntusche, die wir üblicherweise mit schwarzer Schuhcreme gestreckt hatten, auf meine langen Wimpern aufgetragen hatte. Meine Augen habe ich meinem Vater zu verdanken und auch meine dunkelbraunen Haare. Tja, wenigstens etwas Positives von ihm. Aber schlussendlich wollte ich auch etwas älter als 16 Jahre aussehen, was aufgrund meiner eher mageren Figur nicht einfach war. Die Musik war gut und wir tanzten auch schon eine Weile – von Raul jedoch immer noch keine Spur. Ich war in schlechter Stimmung, versuchte aber, es mir nicht anmerken zu lassen. Ich sah auch einige Kubaner, aber Raul war nicht dabei. So ein Mist, ich konnte doch unmöglich die anderen nach ihm fragen, das war mir unangenehm. Ich hoffte aber immer noch, dass er noch käme, außerdem war es ziemlich dunkel und vielleicht hatte ich ihn ja nur noch nicht entdeckt. Das war es, genau. „Komm, wir schauen uns mal bisschen um, wir wollen ja auch schließlich gesehen werden.“ „Da ist sie.“ „Wer?“ „Na die andere, und wenn die da ist, dann ist Raul sicher auch nicht weit.“ „Was, wo?“ „Da hinten an dem großen Tisch.“ Bevor Anna weitersprach, sah ich auch schon Raul gerade an den Tisch herankommen, um sich zu setzen. „Oje, hast du es auch gerade gesehen?“ „Ja, verdammt, diese blöde Kuh und wie sie aussieht, wie ein Mann. Ich denke, ich sehe tausendmal besser aus, was will er denn mit so einer, na gut umso besser für mich, aber was machen wir jetzt?“ „Wir gehen jetzt einfach hin oder nur vorbei, damit er dich sieht.“ „Nein um Himmels willen, das ist ja peinlich.“ „Was willst du denn sonst machen, willst du warten, bis sie ihn wieder vereinnahmt?“ „Na gut, oje mein Herz rast, ich kann das nicht.“ „Komm jetzt, Weib, hab dich nicht so, willst du ihn nun oder nicht?“ Auf ging’s, meine Hände waren auf einmal ganz kalt, als wir uns näherten. Ich schaute immer zu ihm, um wenigstens seinen Blick zu erhaschen, bevor wir direkt vor ihm standen. Es gelang mir zwar, aber sein Blick war alles andere als lieblich und erfreut. Wahrscheinlich hatte er mich schon vergessen und abgeschrieben. Er schaute total kalt und ich las darin etwas wie: Zu spät, Kleine, geh besser nur vorbei und was willst du hier – oder etwas Ähnliches. Viel Zeit, um noch was anderes zu denken, blieb mir nicht mehr, denn wir standen nun direkt an seinem Tisch. Anna lief zum Glück vor mir und aufgeweckt, wie sie war, sagte sie: „Hallo zusammen! Hey Raul, du bist ja auch da, wir dachten schon, du kommst heute gar nicht mehr.“ Wenn Blicke jetzt töten könnten, dann wäre Anna jetzt tot, so und noch viel böser schaute die andere sie nun an und gleichzeitig auch mich. Zu unserer Überraschung sagte Raul: „Setzt euch doch!“ Von einer Sekunde auf die nächste war ich völlig eingeschüchtert, brachte kein einziges Wort heraus, nicht einmal ein Hallo konnte ich sagen. Nachdem wir uns eine Ewigkeit anschwiegen, stellten wir uns vor und so erfuhren wir, dass die andere Ella hieß. Was fand er denn nur an ihr? Vielleicht lief da ja doch nichts, ich konnte mir das einfach nicht vorstellen, sie saß ihm auch nur gegenüber und wie zwei frisch Verliebte wirkten sie gar nicht. Das ließ wieder neue Hoffnung in mir aufsteigen. Wenn das so war, dann konnte ich es ja auf jeden Fall mal drauf ankommen lassen. Ella kapierte aber dennoch sofort, dass da etwas im Busch war, ständig hatte sie mich im Visier. Raul zeigte sich ihr gegenüber aber ziemlich gleichgültig. Wenn er das mit mir dann vielleicht auch so machen würde? „Ach was“, sagte ich mir, „bei mir ist es nicht so.“ Anna und ich tanzten schon wieder eine Weile, sie fasste sich ein Herz und holte schließlich Raul vom Tisch weg und brachte ihn zu mir zum Tanzen, wo wir uns auch endlich wieder näherkommen konnten. Ich war so glücklich, seine Nähe genießen zu können, die Zeit hätte stehen bleiben sollen. Seine rhythmische Art, zu tanzen, so rassig, so beweglich und doch anschmiegsam, war mir etwas außergewöhnliches Neues und doch konnte ich mich problemlos seinem Rhythmus anpassen. „Wieso bist du nicht zu unserer Verabredung gekommen? Ich habe eine Stunde auf dich gewartet!“ Mit seinem Akzent klang das so süß und überhaupt nicht vorwurfsvoll. Während er das sagte, stellte ich mir vor,wie er dort stand und vergeblich auf mich wartete. Er war sicher so enttäuscht. „Hast wohl einen anderen?“ Ich wusste nicht, ob das nun ein Scherz sein sollte oder ob er das tatsächlich dachte. „Anna hat dir doch erzählt, dass ich Hausarrest bekam und meine Eltern mich nicht mehr weggelassen haben. Glaub mir, ich wäre so gerne gekommen. Ich wollte dich unbedingt wiedersehen und deshalb bin ich auch heute gekommen.“ Er gab mir einen Kuss auf die Wange und ich nutzte die Gelegenheit und blieb nun, während wir tanzten ununterbrochen mit meiner Wange an seinen Lippen. Es war himmlisch, so sanft, weich, warm und gut duftend. „Jetzt habe ich ihn und lass ihn nicht mehr los. Scheiß auf Ella, er wird das schon regeln, er muss.“ Wir gingen wieder an den Tisch zurück, Anna zwinkerte mir strahlend zu, sie hatte es geschafft, Ella in die Flucht zu jagen. Wie hatte sie das nur wieder gemacht? „Wo ist denn Ella?“, flüsterte ich ihr zu. „Die habe ich davongejagt.“ „Wie ist dir denn das gelungen?“ „Kennst mich ja, ich habe ihr gesagt, dass du schon lange mit Raul zusammen bist und sie sich da lieber keine Hoffnung machen soll, denn du gibst ihm so schnell nicht den Laufpass.“ „Und das hat sie dir abgenommen?.“ „Nicht sofort, aber auch ich kann Angst einflößend gucken. Es war einfach köstlich.“ Ich fühlte mich sehr wohl, was auch daran lag, dass Anna bei mir in der Nähe blieb, denn ich wollte auf keinem Fall an diesem Abend noch einmal Ella begegnen. Die Zeit verging viel zu schnell, wir lachten, tanzten und tranken zusammen und auch Anna hatte sich inzwischen einem kubanischen Flirt hingegeben. Er hieß Fidel und war ein gutaussehender großer Mann, seine Hautfarbe war milchkaffeebraun und wenn er lachte, strahlte aus ihm die pure Sonnenenergie. Anna war ihm bereits ergeben. Ich beobachtete sie schon eine Weile, sie sah sehr gut aus. Sie hatte schulterlange, rotbraune Naturlocken und kämmte sie stets leicht mit etwas Gel allesamt glatt nach hinten aus ihrem Gesicht. Sie selbst mochte ihre Locken nicht, ich hingegen fand