Varius. Adina Wohlfarth

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Название Varius
Автор произведения Adina Wohlfarth
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783991072430



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Unterlippe begann zu zittern.

      „Keine Sorge. Alle Mutanten haben weißes Blut. Lou hat es dir bestimmt noch nicht erzählt, das liegt daran, dass sie es heute erst selbst erfahren hat. Aber eine weitere Auswirkung des Mute Curse ist auch, dass das Blut rot bleibt und nicht seine tatsächliche Farbe annimmt“, sagte Amber Notker, als hätte sie meine Gedanken gelesen. Wahrscheinlich konnten das alle hier.

      Nachdem sie mir das Blut abgenommen hatte und es in ein kleines Gläschen umgefüllt hatte, nahm sie ein Klemmbrett und einen Stift von ihrem Schreibtisch und begann, mit der Spitze leicht gegen ihr Kinn zu tippen.

      „Zu deiner Frage von gerade eben“, meinte sie. „Wie schon gesagt bin ich ziemlich sicher, dass du M-1 hast. Wenn ich es nachweisen kann, und das werde ich, kannst du sofort in Abteil 2 gebracht werden. Dexter wird dich begleiten und dort wirst du in die erste Vorbereitungsphase eingeteilt.“

      Ich zog die Brauen zusammen und verstand weniger als die Hälfte von dem, was sie mittlerweile von sich gegeben hatte- und das war eine Menge.

      „Dexter wird dich jetzt in den Gemeinschaftsraum bringen. Ich muss leider wieder zurück zu Lou und noch einmal ein paar Testes durchführen“, sagte sie mit leicht gekränkter Stimme und kritzelte etwas auf das Klemmbrett.

      „Wie geht es Lou?“, fragte ich und sah sie eindringlich an.

      Amber Notker verzog das Gesicht. „Sie wird leider nicht mit dir umziehen können. Die Spritze, die ich ihr gestern Abend gegeben habe, hat sie nicht gut aufgenommen. Durch die vielen Strahlen auf ihrer Haut fließt das Blut langsamer und ihr Herz ist bereits ins Stocken gekommen. Ich musste sie in die obere Etage verlegen und dort wird sie gerade behandelt.“

      Ich riss die Augen auf. Das konnte nicht sein, das durfte nicht sein. Ich kannte Lou nicht lange, aber trotzdem hatte sich ab dem ersten Moment etwas zwischen uns geregt, eine leise Freundschaft.

      Ich musste wieder an das Foto ihrer Mom denken und meine Kehle schnürte sich zu. Ich würde ihr das Foto bringen. Jetzt. Sofort.

      Entschlossen sprang ich auf und rannte zur Tür, kam aber nicht weit, da Dexter seine kräftigen Arme um meine Taille schlang und mich festhielt.

      „Du kannst sie später besuchen“, raunte er in seiner tiefen Stimme, die mir inzwischen fast vertraut war. „Erst gehen wir in den Gemeinschaftsraum.“

      Ich biss mir auf die Lippe und nickte. Etwas anderes hätte er sowieso nicht zugelassen. Dexter ließ mich los und öffnete mir die Tür.

      „Wenn ich die Ergebnisse deines Tests habe, komme ich vorbei“, rief uns Amber Notker hinterher, während wir den Raum verließen.

      Dexter lief an meiner Rechten und zu meiner Linken fand sich Luan ein. Ich hob das Kinn, damit ich neben ihm nicht wie eine Zwölfjährige wirkte und blickte stur geradeaus. Luan begann zu grinsen und ich fuhr herum.

      „Was ist?“ Er hob unschuldig die Arme.

      Wütend funkelte ich ihn an. „Warum kommst du überhaupt mit?“

      Sein rechter Mundwinkel hob sich und das arroganteste Lächeln erschien, das ich je gesehen hatte. „Weil du dich in meiner Anwesenheit wohl fühlst.“

      Ich schnaubte verzweifelt und wandte mich an Dexter. „Kannst du es ihm sagen?“

      Dexter wischte sich über den Mund, um ein Grinsen zu verbergen, scheiterte aber kläglich. In mir brodelte es und ich war kurz davor, zu explodieren.

      „Ich denke, es wäre besser, wenn ich euch beide für ein paar Stunden allein lasse“, sagte er mit erhobenen Brauen.

      „Für ein paar Stunden?“, fragte ich perplex.

      Er zuckte mit den Schultern. „Wir können das Ganze auch etwas abkürzen, aber ich muss noch eine Trainingseinheit vorbereiten und hole dich dann in einer halben Stunde wieder ab.“

      Ohne noch einmal in mein empörtes Gesicht zu blicken, drehte er ab und verschwand hinter der nächsten Ecke.

      „Der Gemeinschaftsraum ist eine Minute von hier“, meldete sich Luan zu Wort. Ich holte tief Luft und folgte ihm mit steifen Schritten. Selbst eine Minute war schon zu viel.

      Als wir durch eine halb offene Glastür in einen riesigen Raum traten, fiel mir sofort der weiße Haarschopf auf, der mir ziemlich bekannt vorkam. Mein Rücken wurde von unregelmäßigen Schaudern heimgesucht und ich fragte mich, was das zu bedeuten hatte. Doch plötzlich ahnte ich es, als hätten sich zwei Magnete gefunden und angezogen. Immer, wenn andere Mutanten in der Nähe waren, bekam ich diese Schauder auf dem Rücken … Es musste also eine Art Verbindung zwischen uns allen geben und da hier haufenweise Mutanten rumsaßen, waren die Schauder so stark und unregelmäßig.

      Luan führte mich zu einem runden Tisch, der ganz in der Nähe von Davids stand. Vorsichtig warf ich einen Blick in seine Richtung und sah, dass er nicht allein war. Ein Mädchen saß bei ihm. Sie hatte dunkelbraune Haare, die ihr leicht wellig über die schmalen Schultern fielen. Als sie den Kopf drehte und mich ansah, erkannte ich ihre Augen. Sie waren schwarz und braun. Sie trug also die Kräfte der Black und Brown Eyes in sich.

      Erst, als ich mich leicht vorbeugte, merkte ich, dass sie gar nicht mich ansah, sondern Luan. Mein Magen zog sich zusammen, als ihre Augen zu schimmern begannen und sie anfing zu lächeln. Langsam sah ich Luan von der Seite an und mein Herz setzte einen Schlag aus. Er lächelte zurück Und obwohl ich diesen Typen eigentlich abgrundtief hasste, ärgerte es mich, dass er sie anlächelte, und zwar nicht arrogant, sondern offen und … sexy? Ohne zu überlegen rammte ich ihm meinen Ellenbogen in die Seite. Er zuckte kaum zusammen, wandte den Blick aber ab und als er mich ansah, verschwand sein Lächeln. Ich schluckte schwer. „Kennst du sie?“, fragte ich mit geblähten Nasenflügeln und machte eine schnelle Kopfbewegung in die Richtung des Mädchens.

      „Felicity? Ja, ich kenne sie ziemlich gut“, sagte er und lehnte sich zurück. Sein Blick ruhte auf meinen Lippen, während er sprach. „Sie ist so alt wie ich, also ein Jahr älter als du. Wir sind zusammen mit meinem Bruder eingeliefert worden, als wir zehn oder elf waren.“

      „Moment mal“, ich schob mir eine Strähne hinters Ohr und war froh, dass er endlich den Blick von meinen Lippen hob und mir in die Augen sah. „Du hast einen Bruder?“

      Luan zuckte mit den Schultern. „Klar.“

      „Klar?“, wiederholte ich. „Warum hast du mir nichts von ihm erzählt?“

      „Warum hätte ich das tun sollen, du hasst mich doch.“

      Darauf konnte ich nichts erwidern, denn zwei dünne Arme schoben sich in mein Sichtfeld und vor Luan. Gleich darauf wurde ich vom starken Duft eines Parfums eingehüllt und bekam kaum noch Luft, weil es so intensiv war.

      „Hey“, erklang eine helle Stimme. „Ich habe dich gesucht.“

      Ich beugte mich zur Seite, um etwas sehen zu können, und bereute es gleich darauf. Die bildhübsche Felicity schaute Luan tief in die Augen und ihre Lippen waren nur wenige Zentimeter von seinem Mund entfernt, der sich zu einem warmen Lächeln verzogen hatte.

      „Hat sich ja gelohnt“, erwiderte er.

      Einige Strähnen glitten von ihren Schultern und berührten Luans Kinn. Sein Lächeln wurde breiter, als er sie zwischen zwei Finger nahm und begann, sie einzudrehen. Mir wurde übel und bevor ich mitansehen musste, wie dieses Model ihre vollen Lippen auf seinen Mund presste, erhob ich mich und stieß den Stuhl schwungvoll nach hinten. Felicity schnellte herum und musterte mich aus ihren schimmernden Augen.

      „Wer ist sie?“, wollte sie mit erhobenen Brauen wissen.

      Luan seufzte und erhob sich ebenfalls. „Ein stacheliger Kaktus, der nach Aufmerksamkeit lechzt, und um es genauer zu beschreiben, die Mutante, die aus unserem hübschen Duett ein langweiliges Trio macht.“

      Mir fiel die Kinnlade herunter und ich konnte ihn nur anstarren. Felicity verzog den Mund, als hätte sie auf etwas Saures gebissen.

      Und Luan