Название | Die Architektur des Knotens |
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Автор произведения | Julia Jessen |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783956142468 |
»Wir fahren, glaube ich, gleich mal los«, sage ich dann in die Runde, aber irgendwie mehr vor mich hin. »Ich muss noch für Dänemark packen.«
Auf dem Weg raus höre ich Inge. »Iiih, was ist das denn? Das arme Ding.«
Sie hat den Käfer entdeckt. Ich weiß es.
Entschuldige, Inge, denke ich, hab nur versucht, einen Gedanken loszuwerden. Du siehst, ich habe mir wirklich Mühe gegeben, weil ich deinen Sohn liebe. Leider ist es gründlich in die Grütze gegangen. Ist einfach passiert. Was man so macht aus Liebe. Und Wut. Aber das weißt du sicher alles.
Die Hitze des Tages hat sich im Auto gestaut. Wir machen die Fenster runter. Alle.
Die Haare wehen uns um die Köpfe und Jonas dreht das Radio auf. Verdammt, ich hab die Schüsseln vergessen.
Die Taschen sind gepackt, Jonas und ich haben noch ein Glas Rotwein getrunken und jetzt liegen wir im Bett. Er liest.
Ich lasse den Kopf zur Seite sinken und schaue aus dem Fenster. Es ist dunkel, da ist nichts mehr zu sehen. Ich liebe meine Jungs. Alle drei. Das ist nicht die Frage. Die Frage ist … ob das alles ist. Wollen wir das so? Bin ich so? So vorhersehbar? Tage abreißen wie Kalenderblätter … Meine Gedanken eiern weiter durch die Fahrrinne, versuchen, in der Bahn zu bleiben, in der sie sich bewegen dürfen, schaue ihnen dabei zu, gleite auf den Schlaf zu …
Vorhin ist etwas Fremdes durch meinen Körper geschlichen. Als ich das Tischtuch in die Luft geworfen habe, war es kurz da, als es in der Luft stehen blieb und alles weiß war. Die Müdigkeit war plötzlich weg. Mein Rücken war gerade und es war etwas Aufregendes an der Art, wie ich mit der Hand über die Tischdecke gestrichen habe. Ich war eine Andere, eine, die den Galeristen hätte küssen können. Das hat mir Angst gemacht. Ich habe versucht, es mit Gewalt zu zerquetschen.
… es darf nicht alles sein …
Gedanken in meinem Kopf, die mir klar und deutlich zu verstehen geben, dass mir diese Gedanken nicht zustehen. Undankbare Gedanken. Dass ich etwas falsch mache, wenn ich so denke. Dass wir morgen nach Dänemark fahren und ich jetzt schlafen sollte.
Wir sind eine Familie, denke ich, ein ziemlich perfektes Paar. Wir funktionieren doch ganz prächtig. Wie eine Maschine. Warum kann ich das nicht gut finden?
Ich scheine kaputt zu sein … etwas, das mich zusammengehalten hat, ist weggebrochen. Ich spüre, wie mein Bewusstsein dem Schlaf entgegengleitet, denke noch, dass es sich anfühlt, als würde sich mein Körper darin auflösen. Er gleitet mir davon. In ein dunkles Wasser.
Don Giovanni steht auf einer Bühne, ich habe ihn im Theater gesehen, ich erinnere mich daran. »Ihr seid alle so einsam. So einsam! Einsam seid ihr! Jetzt tanzt! Tanzt doch mal!«, brüllt er. Ich stehe im Zuschauerraum. Wasser umspült meine Füße, ich weiß, dass ich träume.
»Ich bin es doch nicht! Ich zerstöre doch nichts! Ich bin doch nur eine Fläche!« (Unablässig streicht er sich über die Brust.) »Das hier ist die Fläche! Das ist die Fläche!«
Wieder über die Brust, immer wieder, seine Hand auf seiner Brust, wie meine auf dem Tischtuch, fremd und doch fühle ich sie … gleite in seinen Körper hinein, spüre seine Hand über seine Brust reiben, gleichzeitig ist es meine, stehe dabei immer noch im Zuschauerraum, sehe ihn, während mein ganzes Fühlen in seinem Körper steckt, in seiner Brust, verschmolzen auf eine unbegreifliche Weise. Ich spüre meinen Körper nicht mehr, nur die Wärme und meinen Atem, dort, wo seine Hand auf meiner Brust liegt. Meine Brust atmet gegen seine Hand.
»Schmückt euch und tanzt«, ruft er.
Überall fließt Wasser. Ich stehe schon fast bis zu den Knien im Wasser, spüre die Strömung, überall hier unten stehen Möbel, Stühle und Tische, Küchenschränke, Schüsseln, vor meinen Füßen im Wasser schwimmen Bilder, so viele Bilder, alle gerahmt, auf dem Boden unter Wasser liegt Besteck.
Hab mein rosa Kleid bis über die Knie hochgezogen und starre ihn an, von hier unten zu ihm hoch und sehe mich dabei selbst hier unten stehen, während ich noch immer meine Brust gegen seine Hand presse und mich nirgendwo mehr befinde, nur dort, wo wir aufeinandertreffen, im Dazwischen von Hand und Brust. Da ist alles.
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