Название | TITANROT |
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Автор произведения | S. C. Menzel |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783957658388 |
»Sparen Sie Ihren Atem«, sagte Glenn. Wen wollte der mit dem Versprechen einer Selbstzerstörung in zehn Jahren zum Kauf überreden? »Wir sind wegen der Mineralkartuschen, Kalorieneinheiten, Aromen, des Nukleuschips und Dans Freund im Krankenhaus da.«
Der Händler runzelte die Stirn und warf ihm einen abschätzenden Blick zu. Dann tippte er wieder gegen die Tafel und das Bild verschwand. »Von der Sonnenwind?«
Glenn nickte. Dan hatte ihm andere Zahlungsmodalitäten versprochen und sie schwammig gehalten. Die genauen »Modalitäten« galt es, jetzt zu klären.
Die Lässigkeit fiel augenblicklich von dem Mann ab und in seinem Blick glitzerte ein Funkeln, das Glenn nicht gefiel. Nance schien davon nichts mitzubekommen.
»Fünfte Generation für den Chip reicht vollkommen. Aber nichts unter Dritter«, erklärte sie geschäftsmäßig. Dann hob sie die Hand. »Oh und kein Vanillezeug in den Kartuschen, wenn’s geht. Das ganze Schiff stinkt davon. Und ich brauche Ergänzungsmittel.«
»Ergänzungsmittel?« Glenn blinzelte sie verwirrt an. »Wozu? Bist du krank?«
»Herzlichen Glückwunsch!«, rief der Händler scheinbar zutiefst erfreut und schlüpfte wieder in seine Händlerpersönlichkeit. Auf eine beiläufige Geste von ihm öffnete sich in der Wand hinter ihm eine Klappe. Darin blitzten Dutzende Chips in ihren Schutzhüllen. Der Mann legte sie auf den Tresen und wandte sich an Nance. »Haben Sie schon eine Erstausstattung für das Kleine?«
»Wie bitte?« Glenn starrte Nance mit offenem Mund an.
Der Händler schnippte und auf einer der Wandtafeln grinsten Kinder wie blöde, weil eine dunkelhaarige Frau sie in einen Medisarg steckte. Die Werbetreibenden hatten offensichtlich noch nie versucht, Kinder einer medizinischen Untersuchung zu unterziehen. Selbst Glenn wusste, dass das nicht ohne Gebrüll ablief.
»Wie Sie wissen, arbeiten wir mit einer wunderbaren Klinik zusammen. Die Preise sind niedrig und die Dienstleistung erstklassig. Eine bessere Versorgung gibt’s selbst im Kernsektor des Planeten nicht. Komplette Diagnose und Verbesserung des Erbguts, Alltauglichkeit vom ersten Trimester an …«
»Ein Baby an Bord?«, unterbrach Glenn den überglücklichen Händler und starrte Nance mit offenem Mund an. »Und wann wolltest du mir das sagen?«
»Das Wunder des Lebens«, rief der Händler, als hätte er noch nie etwas Ergreifenderes gehört. »Ein stolzer Nomade von morgen, der …«
»Wie hast du überhaupt?«, Glenn stöhnte auf. »Wann?«
»Heute Morgen nach dem Einlaufen. Die haben in jedem Dock ‘ne Samenbank. Das ist keine große Sache«, erklärte sie. Sie nagte an ihrer Unterlippe. Seine Reaktion traf sie sichtlich unvorbereitet. Was hatte sie erwartet? Dass er in Begeisterung ausbrechen würde, weil sie ihm ein Balg aufs Schiff setzte?
»Keine große Sache? Du bist erst zwanzig!«, rief er. »Was hast du dir dabei gedacht?«
»Dreiundzwanzig«, korrigierte sie ihn. »Ich brauche nur ‘ne Behandlung, um reisefähig zu sein.«
Ihre Stimme klang plötzlich dünn. Offensichtlich hatte sie sich nichts dabei gedacht. »Wir wollten doch sowieso nach Akna weiterfliegen. Ich geh da von Bord, wenn du willst. In der Zwischenzeit kannst du jemand Neues finden.«
»Das hast du schon alles durchdacht, was?«, fragte er ruhiger. Er hätte nicht so aufbrausen sollen. Andererseits hätte sie ihn vorwarnen können. Wer schwängerte sich denn bitte aus einer Laune heraus? Die Menschheit hatte den Verstand verloren. »Wegen der Behandlung …«
»Wie gesagt die Klinik ist gleich da vorne«, fiel der Händler ihm ins Wort. »Kann ich wärmstens empfehlen. Die gehören zu den lizenzierten Partnern der QdK. Und das können wir auf die gleiche Liste schreiben, wie den Chip, den Auftaudienst und die Vorräte.«
Es bedeutete nichts Gutes, wenn dieser Typ völlig sicher war, das Darlehen von ihm zurückzukriegen. Egal, welche Höhe es erreichte.
»Rücken die auch die Rohdaten, für die Weiterverwendung im Medisarg an Bord raus, oder nur die Analysen?«, fragte Nance und vermied es, Glenn anzusehen.
»Ein Baby«, stammelte er. In seinem Bauch schien es vor lebendigen Mehlwürmern zu wimmeln. Vermutlich leuchtete sein Gesicht mittlerweile grün. »Unser Medisarg bräuchte dann auch ein Update. Schwangerschaften sind definitiv nicht im Basispaket drin …«
»Wie gesagt, ich geh von Bord. Wenn du willst.« Nance hob die Schultern.
Sie war so jung. Wie kam sie dazu, sich zu schwängern? Ob Lena, Dan oder Tian schon Bescheid wussten? Zumindest würde das erklären, warum alle so unheimlich beschäftigt gewesen waren, als er aufbrechen wollte.
»Ich bin der Letzte, der das erfährt, oder?«, fragte er und seufzte. »Was sagen die anderen denn?«
»Lena sagt, es sei deine Entscheidung, ob du Kinder an Bord willst. Dan denkt, wir könnten einen der Gemeinschaftsräume zum Spielraum umgestalten. Er hat irgendwas von Hologrammbildern erzählt«, sagte sie und grinste plötzlich verschmitzt. »Und Tian meinte, er hoffe auf Drillinge.«
»Drillinge?« Der Allgang drohte mittlerweile, ihn von den Füßen zu werfen.
»Ich hab drei befruchten lassen. Die schlagen ja nicht immer alle an.«
Zum Allwal mit ihr. Seine Beinmuskulatur fühlte sich an, als bestünde sie aus Algenpaste. Wieso hatte sie sich in den Kopf gesetzt, jetzt Kinder zu kriegen? Musste irgendein Hormondings sein. Vermutlich hätte er bei der Anschaffung des Medisargs nicht so knauserig sein sollen. Das rächte sich jetzt.
»Also wegen der Behandlung …«, stammelte er. Verdammt. Schwanger werden sollte schwieriger sein. »Das wird teuer.«
Nance lächelte. »Na, das ist ja wohl Kleinvieh. Dank des Finderlohns für den Wissensch…« Sie sah zu dem Händler und räusperte sich. »Also mein Anteil am letzten Lohn für unsere … ähm … überaus ehrliche Arbeit. Der reicht, um nicht nur Kinder zu kriegen, sondern auch, sie alltauglich zu machen. Und ich habe ja noch ein paar Jahre Zeit, bevor sie in die Ausbildung müssen.«
»Ich nehme auch personenbezogene Kontodaten auf Kredit«, erklärte der Händler. »Außerdem nehme ich Schiffsausrüstung als Pfand. Bis sie das mit Raka geklärt ha…«
Glenn fuhr zu dem Händler herum. Dans Kontakt hieß Raka? Etwa die berüchtigte Androidin? Das fehlte ihm gerade noch. Von so einer hielten sich anständige Nomaden fern.
»Raka?«, fragte Nance. »Wissen Lena und Dan das? Und Tian erst … Der wird dich umbringen, wenn er hört, dass er seine Kohle erst kriegt, wenn eine Blechbüchse ihm hilft. Du weißt, wie seine Leute über die Dinger denken.«
Der Händler drehte sich um und begann geschäftig, die Chips in der Schublade umzusortieren.
»Von mir aus kann er zu seinen Träumern gehen«, erklärte Glenn. »Ist nicht meine Schuld, wenn die Clans sich aufs Kaffeesatzlesen in Trümmerfeldern versteigen.«
»Lass das lieber keinen von denen hören. Die Nomadenflotten betreiben ernsthafte Archäologie da drin«, warf Nance ein. »Ich hab da mal einen Vortrag zu gehört, der die Verwicklungen einer KI in Vertuschungsprogramme von Konglomeraten und Regierungen aufgedeckt hat.«
»Deren alternative Geschichtsschreibung ist reine Verschwörungstheorie«, erklärte Glenn. »Wir haben gerade echte Probleme zu klären.«
Der Händler zog ein Tuch aus der Hosentasche und wischte damit die Schublade ab. Die Chips lagen genauso, wie vor seiner Sortieraktion. Er sah für Glenns Geschmack allzu zufrieden aus. Kaufleute und Politiker. Es gab keine hinterlistigeren Schauspieler und Lügner im Sonnenlicht.
»Wie sehen die alternativen Zahlungsmodalitäten aus, von denen Dan gesprochen hatte?«, fragte Glenn.
»Ich habe bereits ein Treffen mit Raka für euch ausgemacht.« Der Mann