Название | Pfarrerinnen und Pfarrer der evangelisch-reformierten Landeskirche beider Appenzell |
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Автор произведения | Mark Hampton |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783858826695 |
Immer wieder gab es Menschen, die auf nötige Reformen hingewiesen haben: Namen wie Franz von Assisi, John Wyclif oder Jan Hus stehen für eine lange Reihe von Reformbemühungen während der ersten 1500 Jahre der Kirchengeschichte. Am Anfang des 16. Jahrhunderts war im deutschsprachigen Raum die geopolitische Situation dafür reif, so dass eine gründliche Reformation in der Kirchenlandschaft möglich wurde. Die reformatorischen Anstrengungen in Zürich und St. Gallen fanden bei den Appenzellern grossen Anklang. «Eine wichtige Entscheidung fiel in der Appenzeller Landsgemeinde vom April 1524, als jeder Kilchhöre die Freiheit zu eigener Entscheidung in religiösen Belangen übertragen wurde.»7 Mit dieser Entscheidung wurde ein Prozess in Gang gesetzt, der grössere Umsiedlungen in der Bevölkerung verursachte und letztlich eine Landteilung im Jahr 1597 mit sich brachte.
Das evangelisch-reformierte Kirchenmodell
Was ist Kirche? Für die Reformatoren war dies eine zentrale Frage. Sie wollten ursprünglich keine Spaltung, sondern eine Erneuerung ihrer Kirche erreichen. Hervorgegangen aus dieser Reformbewegung ist ein schlichtes Kirchenmodell, welches u.a. durch die folgenden Merkmale kennzeichnet ist:
Evangelischer Glaube
Zurzeit der Reformation wird «evangelisch»8 als Kennzeichnung der Lehre der Reformatoren verwendet, um sich damit von der römischen Kirche abzugrenzen. Später wurde evangelisch als Bezeichnung der protestantischen Bewegung benutzt.
Jesus Christus selbst hat seine Botschaft «Evangelium»9 genannt, denn in ihm erleben die Menschen Gottes wohlwollende Zuwendung, die versöhnend und befreiend ist. Darüber berichten uns die Evangelisten, denn mit ihren Erzählungen weisen sie darauf hin, was mit Menschen passiert, die Jesus begegnen: Sie erleben eine heilsame Wahrheit, dass Gott im Voraus Ja zu seinen Menschen sagt, bevor irgendeine Leistung erbracht wird. Denn Gottes Liebe hängt nicht von menschlichen Verdiensten ab.
«Ein anderes Fundament kann niemand legen, welches gelegt ist: Jesus Christus» (1. Kor. 3,11). Dieses Bekenntnis des Apostel Paulus wurde zum Grundsatz des evangelischen Glaubens. Dabei sind zwei Bezugspunkte zu beachten. Der erste Bezugspunkt ist das Evangelium, welches auf besondere Weise im Leben und Wirken Jesu Christi verkörpert ist. In der theologischen Sprache wird von der Inkarnation, das heisst der Fleischwerdung, gesprochen. Gott hat sich in Jesus inkarniert und sich so zu erkennen gegeben (vgl. z. B. Joh. 1,14.18). Der zweite Bezugspunkt ist die menschliche Kultur. Menschen leben als Teil einer Gemeinschaft mit einer gemeinsamen Sprache und mit bestimmten Gewohnheiten, mit sozialen und ökonomischen Konventionen, mit bestimmten Grundüberzeugungen was Realität ist und mit bewussten oder unbewussten Überlebensstrategien. Um das Evangelium verständlich zu machen, ist immer wieder Übersetzungsarbeit zu leisten. Die Gemeinschaft der Christinnen und Christen ist eingeladen, an der Mission Gottes in dieser Welt teilzuhaben und eine Sprache zu finden, die das Evangelium in der jeweiligen Kultur zugänglich macht. Ausserdem sind nötige Formen zu entwickeln und zu pflegen, die für das Verständnis des Evangeliums förderlich sind.10
Reformierte Gemeinschaft
«Alle Konfessionen sind im ursprünglichen Sinn des Wortes relativ.»11 «Relativ» ist lateinisch und heisst übersetzt «bezogen». Die Entstehungsgeschichte verschiedener Konfessionen ist geprägt von den damaligen kulturellen Verhältnissen. Darum ist es auch nicht verwunderlich, dass sich unterschiedliche Formen und Strukturen bei den evangelischen Christinnen und Christen entwickelt haben. Lutheraner, Methodisten, Reformierte und weitere evangelische (Frei-)Kirchen berufen sich zwar gemeinsam auf das Evangelium, stammen aber aus unterschiedlichen Epochen, Regionen und Kulturen. Selbstverständlich haben sich darum «Unterschiede ergeben in den Folgerungen für die Gestalt der Kirche».12 Diese Unterschiede führten zu diversen Kirchentypen. Zwischen dem Kongregationalismus13 und dem Episkopalismus14 ist der Presbyterianismus zu finden, nach dem die Reformierten sich organisieren.
Der Presbyterianismus (von griechisch presbuteros, Ältester) ist eine Form von Kirchenverfassung, bei der die Kirche auf mehreren Ebenen durch Gremien von Ältesten und Pfarrpersonen geleitet wird. Eine Voraussetzung dafür ist die Ämterlehre des Reformators Johannes Calvin.15 Eine beeindruckende Errungenschaft der Reformation ist die neue Art der Leitungskultur: «[die] Kooperation zwischen Theologen und Nichttheologen, die völlig gleichberechtigt sind».16 Im Sinne der Gewaltentrennung ist ein ausgeklügeltes System von «checks and balances», das heisst ein System gegenseitiger Kontrolle und des Ausgleichs von Interessen, entstanden, welches dafür sorgt, dass niemand zu mächtig werden kann. Die verschiedenen Instanzen kontrollieren sich gegenseitig. Diejenigen, die an einer solchen gemeinsamen Leitung beteiligt sind, können dies nur im ununterbrochenen partnerschaftlichen Gespräch tun.
Die reformierten Kirchen haben sich für eine demokratische Struktur entschieden. Alle Synodalen, Behördenmitglieder sowie Pfarrpersonen werden entsprechend vom Kirchenvolk gewählt und stellen sich traditionsgemäss von Zeit zu Zeit der Wiederwahl. Diese demokratische Struktur bringt zum Ausdruck, dass alle Mitglieder der Kirchgemeinde gleichwertig sind und ihre Verantwortung als mündige Christinnen und Christen wahrnehmen sollen.
In diesem Sinne ist das Priestertum aller Gläubigen zu verstehen, welches für die reformierten Kirchen kennzeichnend ist. Der Apostel Paulus braucht in seinen Briefen das Bild vom Leib, um sein Verständnis der Kirche zu umschreiben.17 Zwei Aspekte sind in diesem Zusammenhang denkwürdig: «Leib Christi ist Gemeinschaft von konkreten Menschen, die auf das Evangelium hören, an seine Botschaft glauben, sie weitergeben und Jesus nachzufolgen versuchen.»18 Dabei gilt: Niemand kann alles, dafür können alle etwas! Die einen können gut mit Finanzen umgehen, andere gut kochen, Leute besuchen, organisieren, singen, leiten, beten, musizieren, unterrichten, Unterhaltsarbeiten erledigen, den Garten pflegen, Menschen in Not begleiten usw. Obwohl die Reformierten keine geweihten Priester haben, haben auch Pfarrpersonen im Priestertum aller Gläubigen eine Funktion. «Pfarrerinnen und Pfarrer sind nach reformiertem Verständnis eigens beauftragte Gemeindeglieder, die durch eine gründliche wissenschaftlich-theologische Ausbildung befähigt sein sollen, den Sinn eines Bibeltextes im Zusammenhang zu erfassen, seine Geltung für die Gegenwart aufzuzeigen, und so das Evangelium zu verkünden.»19 Und zweitens: «Einer ist euer Meister und ihr seid Geschwister»,20 sagte Jesus. Dies deutet auf das andere hin. Alle Glieder am Leib Christi sind wichtig und nötig, alle haben eine Verantwortung und eine Berufung. Niemand ist dabei der Chef, der das alleinige Sagen hat. Nur das Haupt ist einer. Er sammelt seine Gemeinde. «Sie folgen in ihrer Zusammenkunft seinem Ruf zum Zusammenkommen. Die Gemeinde entsteht dadurch und sie hat darin Bestand, dass er ihr Haupt ist. Er macht das durch sein tätiges und wirksames Wort, durch seinen Zuspruch und Anspruch, durch seine vernehmliche