Название | Pine Ridge statt Pina Colada |
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Автор произведения | Katja Etzkorn |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783948878122 |
Jonas war anders, er brachte sie in die Defensive, noch bevor sie überhaupt ihr Netz gesponnen hatte. Er dachte nicht im Traum daran, ihr zu Füßen zu liegen, sondern begegnete ihr auf Augenhöhe. Das war eine völlig neue und dementsprechend reizvolle Erfahrung für sie. Auch wenn Jonas so gar nicht ihrem Typ entsprach. Mit seinen blonden Haaren, dem rötlichen Vollbart und den grünen Augen hatte er absolut nichts Südländisches an sich. Viel eher sah er aus wie Hägar, der Wikinger, fehlte nur die Streitaxt. Sein Selbstbewusstsein war allerdings auch ohne Axt mehr als groß. Annegret schmunzelte. Er hatte sie herausgefordert und sie war mehr als bereit den Fehdehandschuh aufzunehmen.
„Vorsicht, mein Lieber, überlege dir genau, was du dir wünschst, es könnte in Erfüllung gehen!“, drohte sie geheimnisvoll und glaubte sich wieder vorn.
„Ich wünsche mir gar nichts. Ich bin nur gespannt darauf, ob du es schaffst, mich zu überraschen“, nahm er ihr den Wind aus den Segeln.
Annegret wollte etwas erwidern, aber Jonas kam ihr zuvor. „Fang an zu essen, das Frühstück wird welk!“, mahnte er und deutete lachend auf den Spargelsalat.
Annegret zerpflückte ein Croissant und ließ Honig darauflaufen. „Was Sannah wohl macht? Mittlerweile mache ich mir Sorgen, sie hat sich immer noch nicht gemeldet“, sagte sie beunruhigt.
„Hast du deine E-Mails noch nicht gelesen?“, fragte Jonas überrascht. „Heute Morgen hat sie eine geschickt, und ein paar Fotos sind auch dabei. Hauptsächlich von Pferden, etlichen Kindern und einem Mann.“ Er griente verschwörerisch.
„Ein Mann?“, rief Annegret und fing an, hektisch ihre Handtasche nach dem Handy zu durchwühlen.
„Allerdings. Und ein ziemlich auffallender dazu, jedenfalls für hiesige Verhältnisse“, stellte Jonas fest und amüsierte sich über ihre Hektik. Sannah hatte recht, Annegret war wirklich wie eine fürsorgliche Glucke. Sie hatte endlich das Handy gefunden und rief fieberhaft ihre Mails auf. Bei der Durchsicht der von Sannah mitgeschickten Fotos bekam sie große Augen.
„O mein Gott!“, entfuhr es ihr, und sie starrte völlig fasziniert auf ihr Handy.
Jonas war sich sicher, dass ihr Interesse nicht den Pferden galt. „Machst du dir jetzt mehr oder weniger Sorgen?“, fragte er sie.
„Wenn ich das nur wüsste“, seufzte sie schwärmerisch. „So, wie ich Sannah kenne, hat sie noch nicht bemerkt, dass er ein Mann ist. Himmel, und was für einer! Falls doch, ignoriert sie es. Ich bin mir nur nicht sicher, ob das gut oder schlecht ist.“
„Das ist fies, Annegret! Sie ist doch kein Trottel! Wäre er denn ihr Typ?“, fragte er neugierig.
„Sannah hat keinen Typ, aber er sitzt auf einem Pferd, das reicht, um ihre Aufmerksamkeit zu wecken“, stellte sie fest. Sie las noch mal die Mail durch. „Hat sie dir geschrieben, wer das ist? In meiner Mail steht nichts.“
„Nein, auf die Beantwortung dieser Frage müssen wir wohl warten, bis sie wieder da ist“, bemerkte Jonas schelmisch, der ganz genau wusste, dass Warten nicht zu Annegrets Stärken gehörte. Er traute Sannah durchaus zu, dass sie gerade dieses Foto nur geschickt hatte, um ihre Freundin auf die Folter zu spannen. Als kleine, perfide Rache für Annegrets Lästerei über die Valla Pampa. Bester Laune machte er sich an den frischen Spargel.
Schweigen
Ein Klopfen weckte Sannah. Noch bevor sie reagieren konnte, steckte Josh seinen Kopf durch die Tür. Hecktisch zog sie das dünne Laken hoch. Sie hatte nichts an, weil es in dem kleinen Zimmer unter dem Dach so heiß war. „Aufstehen, du Schlafmütze!“, sagte er und ging mit einem zufriedenen Grinsen die Treppe hinunter. Sie stand auf, zog sich an und sah auf die Uhr. Kurz vor sechs. Josh war ganz offenbar aus dem Bett gefallen. Aus der Küche duftete es nach Eiern mit Speck und Kaffee. „Wer bist du, und was hast du mit Josh gemacht?“, fragte sie, als sie die Treppe herunterkam.
Josh schenkte ihr einen Kaffee ein. „Ich habe tatsächlich ausgeschlafen“, gab er gut gelaunt zurück.
Sie setzte sich und schlürfte ihren Kaffee. Er stellte das Frühstück auf den Tisch und fing an zu essen. Josh als strahlende Hausfrau irritierte sie völlig. Als Jonas den Abwasch gemacht hatte, fand sie das normal, Josh hingegen wirkte auf sie gerade wie die Parodie von Freddie Mercury in dem Video „I want to break free“, fehlte nur die Küchenschürze und der Schnauzer. Sannah grinste vor sich hin, während sie die Rühreier vertilgte.
„Vielleicht sollte ich öfter mal früher schlafen gehen“, stellte er fest.
„Ach nein!“, protestierte Sannah. „Ich finde den Morgenmuffel mittlerweile ganz charmant, außerdem ist es langweilig, abends alleine draußen zu sitzen.“
„Du hast mich also vermisst“, stellte Josh breit grinsend fest.
Sannah wechselte lieber das Thema, sie hatte sich gestern schon zu weit aus dem Fenster gelehnt. „Hast du dein Smartphone schon aufgeladen?“
Er nickte mit vollem Mund und kaute zu Ende. „Wäre mir auch ganz lieb, wenn wir das gleich noch in Betrieb nehmen könnten, damit ich nachher Thompson meine Nummer geben kann.“
„Dauert nur ein paar Minuten“, versicherte sie.
„Was hast du gestern Abend denn ohne mich noch gemacht?“, griff Josh das Thema wieder auf.
„Ich habe Jonas und Annegret noch E-Mails geschrieben, hätte ich schon viel eher machen sollen. Die haben sich bestimmt schon Sorgen gemacht“, sagte sie mit schlechtem Gewissen. Sie hatte sich zuletzt von Denver aus gemeldet und seit dem kein Lebenszeichen mehr von sich gegeben. Gerade Annegret nahm das sicher krumm, Jonas war da entspannter.
Josh spülte den letzten Bissen mit Kaffee runter. Der Name Jonas versetzte ihm einen Schlag in die Magengrube, er ließ sich aber nichts anmerken und stocherte in seinem Essen herum. Seine bislang gute Laune war schlagartig verflogen. „Kann ich mit dem Smartphone auch E-Mails empfangen?“, fragte er ernüchtert.
„Sicher!“, bestätigte Sannah, die seinem Stimmungsumschwung noch nicht bemerkt hatte.
„Vielleicht schreibst du mir dann auch mal, wenn du endlich wieder zu Hause bist“, sagte er verbittert und stand auf.
Sie sah verwirrt von ihrem Teller auf. Josh sah sie nicht an und ging raus zum Stall. Seine Worte hatten ihr einen Stich versetzt. Gekränkt blieb sie sitzen und fragte sich, was so urplötzlich in ihn gefahren war.
Josh fing an, seine Verkaufspferde auf Hochglanz zu polieren. Er war auf sich selbst wütend. Wie hatte er so naiv sein können, anzunehmen, dass eine Frau wie sie allein lebte. Natürlich tat sie das nicht. Sie war jung, wunderschön und sprühte vor Leben. Sicher gab es einen Mann, und der hieß Jonas. Er war aber auch enttäuscht von Sannah. Warum hatte sie ihn geküsst, wenn zu Hause jemand auf sie wartete? Ihm hatte der Kuss etwas bedeutet, ihr offenbar nicht. Mieses Spielchen, und er war darauf hereingefallen. Verbissen putzte er weiter. Er hatte seine eigenen Vorsätze über den Haufen geworfen und war ihr nicht aus dem Weg gegangen, jetzt bekam er die Quittung dafür. Er war nur froh, dass ihm die Augen rechtzeitig aufgegangen waren. Außer diesem Kuss war nichts passiert, was er hätte bereuen müssen. Ab sofort wollte er sich an seine Prinzipien halten. Frauen machten nichts als Ärger. Das erste Pferd war fertig, und Josh brachte es in den Laufstall; als er das nächste von der Weide holte, hörte er, wie ihr Wagen davonfuhr.
Sannah hatte wie betäubt in der Küche gesessen. „Wenn du endlich wieder zu Hause bist“ … und der Tonfall in seiner Stimme. Als könnte er es nicht erwarten, dass sie ging. Nach all den Gesprächen und der Freundschaft, die zwischen ihnen entstanden war, verwandelte er sich ohne ersichtlichen Grund wieder in einen Eisberg. Wollte er ihr damit zu verstehen geben, dass sie zu weit gegangen war? Je länger sie darüber nachdachte, um so mehr tat es weh.
Kopflos lief sie in ihr Zimmer und griff nach ihrer Brieftasche und dem Autoschlüssel, der seit ihrer Ankunft unangetastet auf dem kleinen Tisch lag. Sie überlegte, ob sie