Название | Unbeugsam – ein außergewöhnliches Leben zwischen Ost und West |
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Автор произведения | Dr. Werner Resch |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783991075325 |
Seit Mihail in meiner Zelle war, ging es mir gut. Essen war kein Problem mehr, ich habe kaum noch das Knastessen entgegengenommen. So kann es auch gehen.
Eine Woche vor unserem Abschied wurde Mihail freigesprochen.
Zu David und Mihail werde ich den Kontakt nach Rumänien halten.
Im Laufe der letzten Woche kamen 2 Typen, die das Bild im rumänischen Knast abrundeten. Ein etwa 1,90 m, sehr gut aussehender junger Mann von 28 Jahren, sportlich durchtrainiert.
Auf meine Frage nach Beruf und Job, lockere Antwort: „Ich besorge Frauen für den Einsatz in Rumänien und in Europa.“ Ein Zuhälter mit 4 Jahren Schulbildung, sprach aber gutes Englisch.
Er hatte in London auf einer Baustelle gearbeitet.
Am besten „gehen“ 16- und 17-jährige Frauen, eine ist gerade in England und wird von der eigenen Mutter begleitet, Wahnsinn!
Er blieb nur einige Tage.
Die letzten 2 Tage brachten noch einen interessanten Einblick in das System der rumänischen Polizei und die Situation an der Grenze Ukraine – Rumänien. Eingeliefert wurde ein großer, durchtrainierter, richtiger Stier, von der Grenzpolizei.
Als er hörte, dass ich der Chef von Schmeisser Kiew bin, war sofort ein vertrautes Verhältnis hergestellt. Der Polizist erzählte freimütig seine Geschichte.
Er war Leutnant und Abschnittskommandeur einer Grenzstation. 300.000 Euro Bestechung, er sagte „Konterbande“, im Schmuggel von Zigaretten von der Ukraine nach Rumänien.
Wie er sagte, das beste Geschäft, besser als Drogen.
Wie mir unsere Beamten bestätigten, sitzen 80 % der Gefangenen wegen Zigarettenschmuggels in Haft. Über die Abläufe im Zigarettenschmuggel an der Grenze zur Ukraine erfahre ich so umfangreiche Details, die ich hier nicht wiedergeben kann.
Der Offizier zog das Hemd aus und zeigte mir seinen völlig zerschlagenen Körper, besonders im Bereich der Niere. Da haben natürlich Fachleute gewirkt. Geschlagen hatten der Chef der Grenzpolizei der Region und sein Stellvertreter.
Unter den Schlägen hat er dann die Summe von 300.000 € zugegeben. Meine Überlegung, entweder wollten die Vorgesetzten den Betrag hören für das Gerichtsverfahren, oder hatte er geplant, alles auffliegen zu lassen, was an der Grenze passiert.
Mich geht es nichts an, ich glaube das Letztere.
Noch ein weiteres Beispiel über die Rolle des Zigarettenschmuggels von der Ukraine nach Rumänien.
Nach meiner Verhaftung an der Grenze und der Überstellung an den Staatsanwalt musste ich etwa 1 Stunde im Flurbereich von dem Büro des Staatsanwaltes warten. Nur noch ein Bewacher, direkt daneben eine junge Frau, die weinte und ebenfalls gerade eingeliefert worden war. Ich sprach sie in russischer Sprache an.
Sie war Ukrainerin aus Tscherniwzi, wo ich gerade herkam, sie hieß Anna. Ich werde die Augen von Anna nie vergessen. Sie schaute so traurig und gebrochen. Entschuldigung für den Vergleich, wie ein Reh, das bei der Jagd angeschossen wurde.
Ich sollte sie wiedertreffen.
Nach etwa der Hälfte meiner Zeit im Gefängnis Suecava traf ich auf dem Flur, auf meinem Weg zum Telefon, Anna wieder. Sie wurde unter Bewachung zum Waschraum gebracht, sie konnte nicht mehr in die Zelle zurückgestoßen werden und ich ging mit meiner gewissen Freiheit zum Telefonieren. Wir begrüßten uns auf Russisch wie alte Freunde, obwohl wir uns erst ein Mal bei der Staatsanwaltschaft gesehen hatten. Anna war eine wirklich schöne Frau, hatte sich nach dem Schock der Verhaftung wieder erholt.
Auch war das noch nicht das Ende einer denkwürdigen Geschichte.
Nachdem die Polizei verstanden hatte, wir kennen uns „gut“, kam der stellvertretende Kommandeur zu mir in die Zelle, holte mich auf den Gang und hat mir einen Wunsch vorgetragen.
Ob ich bereit wäre, von Anna Namen und gegenwärtige Adresse ihres Freundes zu erfahren. Ich natürlich verstehend, sagte: „Fragen Sie doch selbst!“ Antwort: „Wir suchen den Mann, er ist der Chef der größten Zigarettenschmuggel-Organisation auf rumänischer Seite.“
Aus voller Überzeugung antwortete ich: „Mache ich nicht. Polizeispitzel oder Agent ist für mich das Schlimmste überhaupt, mache ich niemals.“ Das entsprach wirklich meiner tiefsten Grundauffassung und meiner Haltung im Leben. Wir redeten noch etwas auf Englisch/Russisch, dann sagte ich instinktiv, bewusst: „Towarischtsch, Kommandant, (Genosse), ein Deal, wenn ich die Adresse bringe, ist Anna sofort frei.“ Er sagte: „Muss ich prüfen und mit dem Staatsanwalt besprechen.“ Nach 10 Minuten kam er wieder und sagte: „Towarischtsch, Doktor, o. k.“
Für mich natürlich ein Risiko, wenn ich die Adresse bringe, läuft die Sache korrekt ab?
Ich wurde in die Zelle von Anna gebracht, verständlicherweise war sie total überrascht und erschrocken. Sie sagte: „Deutscher, willst du mit mir Sex?“ (In russischer Sprache, viel härter, die russische Umgangssprache kann brutal sein.)
Ich sagte lachend: „Nein, jetzt nicht. Mein Vorschlag, gib mir die Adresse von deinem Freund und du bist frei.“ Bei der Überlegung, irgendwann hätten die Leute das sowieso aus ihr herausgeprügelt, fand ich meine Mission gar nicht mehr so schlecht. Anna zögerte natürlich, ich sagte: „Ich habe noch 8 Minuten, ja oder nein?!“ Da sie aus einer harten Szene kam, verstand sie sofort die Situation.
„Kann ich mich darauf verlassen?“ Mein Wort als Deutscher (das war gefährlich) und ich lebe 23 Jahre auch in Kiew – Firma Schmeisser. Kannte sie natürlich, das gab den Ausschlag. Sie gab mir Name und Aufenthalt von Mr. X. Ich gab ihr eine Telefonnummer von einer Vertrauten von Schmeisser Kiew. Bleibe nicht in Tscherniwzi, fahre sofort nach Kiew. Sie werden dich sonst finden, die Banden sind auf beiden Seiten der Grenze. 3 Stunden später war Anna frei und auf dem Weg zur Grenze.
Mein „Genosse“ öffnete die Zellentür, holte mich raus und zeigte in Richtung Bus. „Das ist der Mann.“ 5 bewaffnete Polizisten brachten den Chef der größten Zigarettenorganisation, ziemlich ramponiert.
Ich habe Anna bisher nicht wieder gesehen. Diese mir noch heute etwas unbehagliche Sache, für eine arme, geschundene ukrainische Frau, nicht für mich, aber meine Reputation bei der Polizei erhöhte sich weiter beträchtlich. Ich kann hier nur aus meiner 5-Wochen-Erfahrung in einem Polizeigefängnis in der Provinz in Rumänien berichten. Erfahrung und Kenntnisse einer Justizvollzugsanstalt mit 20 Mann in der Zelle habe ich nicht, mir hat das Erlebte gereicht.
2 Jahre später im Januar 2018 habe ich bei einer Anhörung im Landgericht Berlin, im Rahmen eines Antrags auf Reststrafaussetzung, dem Antrag meines Rechtsanwaltes, die Haftzeit in Rumänien im Maßstab 1:2 zu berücksichtigen, auf ein am 19. Dezember 2017 erfolgtes Urteil des Bundesverfassungsgerichts verwiesen (BvR424/17). Über menschenunwürdige Haftbedingung in Rumänien.
Ein in Deutschland lebender Rumäne, der in Rumänien in Haft sollte, durfte nicht ausgeliefert werden. Sarkastisch sagte ich: „Natürlich, ein deutscher Staatsbürger kann ohne Probleme in der Hölle von Rumänien in Haft gehalten werden.“ Die Richterin zuckte lächelnd mit den Schultern.
Am 10. Juni war der Tag der Entscheidung über die Auslieferung nach Italien.
Nach meinen Erlebnissen mit Gericht und Staatsanwaltschaft hatte ich keine Hoffnung, wieder nach Deutschland zu kommen. Ich war mir auch sicher, auf keinen Fall eine Revision des Urteils anzustreben, lieber Italien, als ein halbes Jahr in ein Gefängnis in Rumänien, die Zelle teilen mit 20 Leuten.
Ich „ging“, es holten mich 5 schwer bewaffnete Polizisten ab, Anlegung der Handschellen und Fahrt durch die Stadt zum Gericht. In meinem Holzkäfig wurden mir dann die Fesseln abgenommen. Die Polizisten zu meinen Füßen neben dem Käfig.
Ich begrüßte Andrea und die Anwältin. Die Richterin war noch nicht auf ihrem „Thron“ aber im Saal waren etwa 20 „schwarze Raben“.
Alles Anwälte, die auf ihr jeweiliges Verfahren