Unbeugsam – ein außergewöhnliches Leben zwischen Ost und West. Dr. Werner Resch

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Название Unbeugsam – ein außergewöhnliches Leben zwischen Ost und West
Автор произведения Dr. Werner Resch
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783991075325



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Wasserrohr. So eine Anlage hatte ich weltweit noch nicht gesehen. Trotzdem ein gutes Gefühl, „sauber“ aus dem Betongang rauszukommen. Am Ende der Säuberung gegen die Tür schlagen oder treten und Glück zu haben, dass ein Beamter vorbeikommt, um die Tür zu öffnen.

      Für mich war very special, dass ich nur mit Jeans, T-Shirt und einer Unterhose ausgerüstet war. Ich habe die Klamotten gewaschen und nass wieder angezogen, nackt über den Flur zu gehen, war verboten. Für meine Spezialwäsche war es gut, dass, von der Temperatur her, Mai und Juni waren.

      Das einzige sehr wichtige Thema, bei dem ich das System illegal förmlich ausschalten konnte, war das Telefonieren.

      Das Telefon selbst war in einem Raum mit Büchern an der linken Seite installiert. Telefonkarten wurden für den Wert von etwa 10 € in dem Büro der Zentrale verkauft. Das Sicherheitssystem bestand aus 3 Protokollen. Zuerst wurden der Antrag mit Nennung des Anzurufenden und der Grund des Anrufs genannt. Ausschließlich Anwalt, Familie und Botschaft wurden akzeptiert. Nach der Genehmigung wurde an einem Tisch vor dem Raum die gewünschte Telefonnummer aufgeschrieben. Der Raum wurde geöffnet und wieder verschlossen, man war allein, ohne äußere Kontrolle, am Telefon. Nach System werden 25 Zahlen (für Auslandsanrufe) eingegeben. Nach Beendigung des Gesprächs, klopfen an der Tür, an dem Tisch in ein zweites Buch noch einmal alle Daten, die vor dem Gespräch genannt worden sind, dann Unterschrift.

      Ich ging natürlich davon aus, alles wird abgehört, in Italien war das übrigens die normale Praxis. Jedes Gespräch wurde nicht nur mitgehört, sondern auch aufgenommen. Wie ich dann durch mein eigenes System feststellen konnte, wurde in Rumänien erstaunlicherweise das Gespräch nicht abgehört. Ich habe aufbauend, schrittweise viele Gespräche „illegal“ geführt. Nacheinander mit Familie, Rechtsanwälten in Deutschland, Freunden in Deutschland und Europa. Wichtig mit Mitarbeitern und Freunden in der Ukraine ausführliche Gespräche geführt.

      Protokolliert wurde natürlich eine einzige Telefonnummer. Diese Verbindung nach außen war für mich außerordentlich wichtig.

      Eine gewaltige moralische Stütze und das gute Gefühl, in der Ukraine läuft das Geschäft weiter.

      Meine 65 € habe ich im Gegenwert mit gutem Kurs, zur rumänischen Währung fast vollständig „vertelefoniert“.

      Es ist erstaunlich, dass ein „Loch“ in dem extrem strengen Sicherheitssystem im Gefängnis vorhanden war. Nach Vorliegen dieses Buches wird dieses „Loch“ mit Sicherheit geschlossen.

      Besuch durfte ich nicht empfangen, mein Partner, Herr De Menech von der Firma Egger, wollte mich besuchen, war bereits am Gefängnis und wurde zurückgewiesen.

      Mit der deutschen Botschaft in Bukarest hatte ich von Anfang an telefonischen Kontakt.

      Die Botschaft hatte sogar am Wochenende einen Bereitschaftsdienst. Sehr gute Gespräche mit den Damen von der Botschaft. Besuche nach Suecava, über ca. 700 km, waren nicht möglich. Konkrete Hilfe war ebenfalls nicht möglich, in dem Verfahren der Auslieferung nach Italien.

      Der deutschen Botschaft in Rumänien bin ich für die Telefongespräche dankbar.

      Zu dem Vollzugssystem gehört auch eine Stunde Fernsehen am Tag. In einem geschlossenen Raum saßen wir zu dritt auf einer Bank. Mit guten Freunden im Dienstplan der Polizei konnte ich zweimal in den TV-Raum. In der Zelle lief die Musik von 10.00 bis 22.00 Uhr, zum Teil sehr gute Musik.

      Mich hat in dieser Zeit in Rumänien sehr belastet, dass ich nicht lesen konnte, weder Zeitung noch Bücher, eine Stunde TV war das Zufallsprogramm in rumänischer Sprache. Ein derartiges Informationsloch von 5 Wochen hatte ich in meinem Leben noch nie.

      Eine absolute Katastrophe ist der medizinische Dienst im Gefängnis. Dreimal in der Woche kam eine Ärztin, ich war zu meinem Glück gesundheitlich o. k., bis auf eine Verstopfung im Verdauungssystem. Nach Anmeldung ging es zur Ärztin. Die Frau war so unförmig dick, dass sie auf zwei zusammengestellten Stühlen saß, wie eine Herrscherin, nicht wie eine Ärztin.

      Englisch trug ich meinen Fall vor, einzige Antwort im Befehlston: „trink Wasser!“, dann war ich schon wieder draußen.

      Durch mein tägliches Lauftraining im Beton-Käfig, mit den extrem engen Kurven, bekam ich 2 Tage vor dem Ende der Zeit in Rumänien eine starke rheumatische Zerrung in der linken Schulter. Mein Glück, dass die Behandlung nicht mehr in Rumänien erfolgen konnte.

      Im Gefängnis ist von wesentlicher Bedeutung, mit welchen Typen von Menschen „lebt“ man zusammen, von der Entwicklung von echten Freunden bis zur Schlägerei ist alles möglich.

      Diese Feststellung gilt natürlich nicht nur für das Leben in der Zelle, sondern auch bei den Freistunden auf dem Hof und beim Sport.

      Für mich als Ausländer in Rumänien und Italien war die Ausgangslage verständlicherweise besonders kompliziert. In den 5 Wochen in Rumänien habe ich 5 Menschen mehr oder weniger kennengelernt und Schicksale zur Kenntnis genommen.

      Dabei gilt grundsätzlich, die Wahrheit über Verhaftung, Gerichtsurteil, Vergangenheit lässt sich nicht überprüfen, ich gebe die Berichte und meine Einschätzung der Lage auch nach näherem Kennenlernen wieder.

      Das gilt für die Gesamtheit neuer Beurteilung in 5 Gefängnissen in 3 Ländern über Menschen in einer speziellen Lage in ihrem Leben.

      Dass man auch außerordentlich interessante Charaktere und Schicksale kennenlernt, ist nachvollziehbar.

      Zu Daniel, ein sehr gläubiger orthodoxer Rumäne, hatte ich ein sehr gutes Verhältnis.

      Daniel betete jeden Tag zweimal je 25 Minuten und las aus der Bibel halblaut in einer Ecke und ließ sich durch nichts stören. Beruflich war er 22 Jahre Sekretär in einer kirchlichen Einrichtung. Angegebener Grund für die Inhaftierung, er hat für 3 Menschen eine Garantie für einen Bankkredit gegeben, nicht persönlich, sondern für seinen kirchlichen Arbeitgeber. Einer der Kreditnehmer ist verschwunden, Daniel wurde verhaftet und wartet auf das Verfahren.

      Zur menschlichen Seite unserer Verbindung: Bei meinem Abschied aus dem rumänischen Knast durfte er bis zum Büro mitgehen und hat geweint, so etwas gibt es auch.

      Einen ähnlich sentimentalen Abschied mit Tränen hat es ein Jahr später auch in Italien gegeben, ich wusste wirklich nicht, welchen Einfluss ich auf Menschen habe, mit denen ich freundschaftlich, kameradschaftlich verbunden bin.

      Das ganze Gegenteil zu Daniel war Elio, ein 70-jähriger Italiener, neben mir der einzige Ausländer im Gefängnis.

      Elio lebte bereits 6 Jahre in Rumänien und hatte, neben seinem Haus in Italien, ein großes Haus in der Gegend von Suecava gebaut. Er pendelte zwischen Italien und Rumänien. Er lief nervös herum und mich begrüßte er sofort, mit strammer Haltung (wie die vielen Bilder Mussolinis zeigen), den rechtem Arm hoch und „Heil Hitler“ rufend. Das erste Mal seit meiner Kindheit schallte mir der Gruß entgegen. Das ging etwa eine Woche so, mindestens zweimal am Tag, auch draußen in der Freistunde. Erst habe ich ihn freundlich verwarnt, er hörte nicht auf.

      Elio verfolgte genau mein Sportprogramm, Laufen und Liegestütze, ich erklärte ganz ruhig, ich würde ihn verprügeln, dass er im Krankenhaus landet.

      Das zeigte bei diesem Faschisten Wirkung. Der Hitlergruß hörte auf.

      Grund für Inhaftierung, er habe, scheinbar mit Erfolg, ein Porno-Studio aufgebaut und verkaufte in Westeuropa seine Pornofilme.

      Bekanntermaßen gibt es in Rumänien viele Darstellerinnen für seine Filme, für wenig Geld.

      Sein Fehler war, immer junge Mädchen und Frauen einzusetzen.

      Ein 14-jähriges Mädchen hatte den Filmemacher Elio angezeigt. Resultat: 5 Jahre.

      Tage vor seiner Verlegung in eine Justizvollzugsanstalt wurde er sehr unruhig, er wusste natürlich, was ihn in 20-Mann-Zellen erwartete.

      Nach dem Italiener kam Mihail, ein sehr guter Agrarunternehmer, mit der Spezialität Rinderzucht von Angus Rindern für Steaks, in Konkurrenz zu Argentinien.

      Hauptkunde die deutschen Restaurant-Ketten,