Название | Friedens- und Konfliktforschung |
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Автор произведения | Ines-Jacqueline Werkner |
Жанр | Социология |
Серия | |
Издательство | Социология |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783846354438 |
Soll aus einem Konflikt ein manifester werden, müssen die widerstreitenden, unvereinbaren Positionsdifferenzen auch offen kommuniziert werden. Das heißt: Die Positionsdifferenzen müssen den Akteuren bewusst sein und für sie handlungsbestimmend werden. Zudem müssen sie – so Werner Link (1994, S.100) – „eine kritische Spannung im Beziehungszusammenhang bilden“. Letzteres stellt eine notwendige Bedingung dafür dar, dass „aus in sich selbst ruhenden Individuen Konfliktparteien werden“ (Meyer 2011, S.29).
4.2 Konflikte – unerwünschte Erscheinungen?
Wie ein Konflikt bewertet und ob er als destruktive oder konstruktive Kraft wahrgenommen wird, hängt wesentlich von den jeweiligen theoretischen Vorannahmen ab. Idealtypisch lassen sich vier konflikttheoretische Positionen ausmachen (vgl. Bonacker und Imbusch 2006, S.76f.):
Aus der Sicht konservativer Gesellschaftstheorien gilt Konflikt als pathologische Erscheinung, der die soziale Ordnung bedrohe und zu bekämpfen sei. Dem Konflikt kommt hier eine ausschließlich negative Funktion zu; die gesellschaftliche Konfliktrealität wird dabei weitgehend geleugnet.
In einer abgeschwächten Variante wird Konflikt als Dysfunktion betrachtet. Hier wird die gesellschaftliche Konfliktrealität zwar nicht negiert, der Konflikt aber doch weitgehend negativ bewertet, sei er ein Anzeichen für die mangelnde Effizienz beziehungsweise das Nicht-Funktionieren gesellschaftlicher Strukturen.
Andere betonen dagegen die integrative Funktion von Konflikten. Aus dieser Perspektive sei der Konflikt ein normales Phänomen von Gesellschaften. Hier erfährt der Konflikt eine positive Bewertung, insbesondere infolge seiner angenommenen systemintegrativen Funktionen.
Darüber hinaus gibt es Vertreterinnen und Vertreter, die Konflikt als Katalysator sozialen Wandels betrachten. Aus dieser Perspektive werden soziale Konflikte als für die gesellschaftliche Entwicklung notwendiges Moment und Fortschritt der Geschichte verstanden.
Was bedeutet nun aber die sozialwissenschaftliche Anerkennung der Rolle von Konflikten für den sozialen Wandel für die Friedens- und Konfliktforschung? Wie passt diese positive Funktionszuschreibung zu dem auch in der Friedens- und Konfliktforschung vorherrschenden negativen Bild von Konflikten? Hier gilt es zunächst, zwischen dem Konflikt und Formen seines Austrags zu unterscheiden (vgl. Wasmuht 1992, S.7; Bonacker und Imbusch 2006, S.68f.). Denn erfahren Konflikte – entgegen ihrer wertneutralen Beschreibung als soziale Tatbestände und ungeachtet ihrer auch positiven Funktionen – eine vorrangig negative Zuschreibung, ist dies häufig dem Umstand geschuldet, vorrangig Konflikte mit einem hohen Gewaltpotenzial im Blick zu haben. Diese Perspektive ist der Friedens- und Konfliktforschung auch eingeschrieben, befasst sie sich – wie im Kapitel 3 ausgeführt – mit der Frage, „welche Faktoren dazu beitragen, dass aus Konflikten gefährliche Konflikte werden und welche Möglichkeiten zu ihrer Einhegung bestehen“ (Struktur- und Findungskommission der Friedensforschung 2000, S.259). Ungeachtet dessen – und das ist stets mit im Blick zu behalten – werden die meisten der zwischen- wie auch innerstaatlichen Konflikte friedlich ausgetragen; nur wenige von ihnen entwickeln sich zu ernsten Krisen und von diesen wiederum enden etwa zehn Prozent im Krieg (vgl. Ruloff 2004, S.14; Bonacker und Imbusch 2006, S.75).
Das erkenntnistheoretische Interesse der Friedens- und Konfliktforschung ist es also nicht, Konflikte per se zu vermeiden. Vielmehr geht es um einen gewaltfreien Austrag von Konflikten, das heißt um eine geregelte, zivile Konfliktbearbeitung. Das folgende Zitat illustriert diesen Sachverhalt in einem sehr anschaulichen Bild:
„Konflikte sind […] das Salz in der Suppe sozialen Lebens. Weder versalzene Suppen – gewaltsam ausgetragene Konflikte – noch salzlose Suppen – völlig konfliktfreie Welten – sind wünschenswert.“ (List 2006, S.54)
4.3 Konflikte – komplexe Phänomene
Ausgehend von dem skizzierten Konfliktbegriff und -verständnis lassen sich weitere Bestimmungen vornehmen, die den Terminus näher qualifizieren (vgl. hierzu auch Bonacker und Imbusch 2006, S.69ff.). Zentrale Differenzierungen sind die nach Konfliktebenen und -akteuren, Konfliktgegenständen sowie Austragungsformen von Konflikten.
Zu Konfliktebenen und -akteuren: Konflikte können auf verschiedenen Ebenen stattfinden: von intra- und interpersonalen über intergruppale und innerstaatliche bis hin zu zwischenstaatlichen sowie transnationalen und globalen Konflikten. Angesichts von Globalisierung und Global Governance gewinnen insbesondere Letztere zunehmend an Bedeutung. Ebenso vielfältig sind die Konfliktakteure: Bei ihnen kann es sich um Individuen, Gruppen, Netzwerke und Bewegungen, Organisationen und Regime sowie Staaten handeln. Das Verhältnis zwischen den Konfliktparteien wird häufig mit dem Begriffspaar „symmetrische“ versus „asymmetrische“ Konflikte näher bestimmt. Diese Differenzierung lässt Aussagen zur Vergleichbarkeit der beteiligten Konfliktparteien hinsichtlich ihrer Größe und Stärke zu. Ein klassisches Beispiel für einen symmetrischen Konflikt stellt der im 20.Jahrhundert dominierende Ost-West-Konflikt dar, bei dem die beteiligten Akteure über annähernd gleiche Voraussetzungen, Fähigkeiten und Mittel verfügten. Dagegen verweisen asymmetrische Konflikte auf heterogene Strukturen, Fähigkeiten und Ressourcen der Konfliktparteien, die dann auch die Austragungsformen von Konflikten determinieren. Ein klassisches Beispiel stellt diesbezüglich der transnationale Terrorismus mit seinen Strategien dar.
Zu Konfliktgegenständen: Darunter werden „jene materiellen oder immateriellen Güter verstanden, die von den direkten Konfliktakteuren durch konstitutive Konfliktmaßnahmen angestrebt werden“ (HIIK 2020b). Diesbezüglich existieren verschiedene Typologien: Es kann sich beispielsweise um „objektive Konflikte“ handeln, bei denen es um die Verteilung knapper Werte und Güter geht (zum Beispiel Macht, Herrschaft, Ressourcen), oder um „subjektive Konflikte“, bei denen bestimmte Prädispositionen und sich daraus ergebene Einstellungen wie Ressentiments, Feindschaft, Aggressivität und Hass den Ausschlag geben (vgl. Meyers 1994, S.31; Bonacker und Imbusch 2006, S.73). Konfliktgegenstände lassen sich aber auch nach teilbaren und unteilbaren Konflikten differenzieren. Bei Erstgenannten handelt es sich um Konflikte, deren Ziel es ist, von einem Gut mehr als die andere Partei zu besitzen (beispielsweise Macht, Ressourcen, Territorium). Sie entsprechen der Logik des „Mehr-oder-Weniger“. Die Güter unteilbarer Konflikte wie Konflikte um Anerkennung, Werte und Normen oder Wahrheit können dagegen nur einer Partei zukommen. Sie folgen der Logik des „Entweder-Oder“. Hier schließt die Systematik verschiedener Konflikttypen von Volker Rittberger und Michael Zürn (1991, S.420) an. Sie unterscheiden zwischen:
Wertekonflikten, bei denen zwischen den Akteuren unvereinbare Positionsdifferenzen über das anzustrebende Ziel bestehen;
Mittelkonflikten, bei denen zwischen den Akteuren ein Dissens über den einzuschlagenden Weg, ein gemeinsames Ziel zu erreichen, besteht sowie
Interessenkonflikten, bei denen die Akteure um ein knappes Gut konkurrieren. Dabei ist zwischen Interessenkonflikten über absolut und relativ bewertete Güter zu differenzieren: „Charakteristisch für ein absolut bewertetes Gut ist, daß der Wert, den es für die Partei besitzt, nicht davon beeinflußt wird, über wieviel die jeweils andere Partei davon verfügt. Demgegenüber bezieht ein relativ bewertetes Gut seinen Wert erst daraus, daß man mehr davon besitzt als andere“ (Rittberger und Zürn 1991, S.420; Hervorh. im Original).
Diese Konflikttypen bieten zugleich Anhaltspunkte für Konfliktbearbeitungsmöglichkeiten. Danach seien die Chancen einer Verregelung von Interessenkonflikten über absolut bewertete Güter relativ hoch, während Wertekonflikte und Interessenkonflikte über relativ bewertete Güter weitaus schwieriger zu bearbeiten seien (vgl. Schaubild 6).
Konflikttypen | Beispiel |
Verregelungsfähigkeit
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