Название | Friedens- und Konfliktforschung |
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Автор произведения | Ines-Jacqueline Werkner |
Жанр | Социология |
Серия | |
Издательство | Социология |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783846354438 |
Schaubild 6:
Konflikttypen nach Volker Rittberger und Michael Zürn (1991, S.406) mit zum Teil veränderten Beispielen
Das Heidelberger Konfliktbarometer wiederum differenziert die Konfliktgegenstände danach, „welches Gut von den Konfliktakteuren angestrebt wird:
Ideologie/System: Veränderung der ideologischen, religiösen, sozioökonomischen oder rechtlichen Ausrichtung des politischen Systems oder Änderung des Regimetyps.
Nationale Macht: Herrschaftsgewalt in einem Staat.
Autonomie: Erlangung oder Ausweitung der politischen Selbstbestimmung einer Bevölkerung in einem Staat oder eines abhängigen Gebiets ohne Unabhängigkeitsbestrebungen.
Sezession: Trennung eines Teils eines Staatsgebiets mit dem Ziel der Errichtung eines neuen Staates oder des Anschlusses an einen bestehenden Staat.
Dekolonialisierung: Unabhängigkeit eines abhängigen Gebiets.
Subnationale Vorherrschaft: De-facto-Kontrolle einer Regierung, einer nicht-staatlichen Organisation oder einer Bevölkerung über ein Gebiet oder eine Bevölkerung.
Ressourcen: Besitz natürlicher Ressourcen oder Rohstoffe beziehungsweise der hieraus erzielte Profit.
Territorium: Veränderung des Verlaufs einer zwischenstaatlichen Grenze.
Internationale Macht: Veränderung der Machtkonstellation im internationalen System oder in einem seiner Regionalsysteme.
Anderes: Residualkategorie“ (HIIK 2020b).
Zu Austragungsformen von Konflikten: Konflikte können sich destruktiv entwickeln und zu einer Eskalation – bis hin zu ihrem gewaltsamen Austrag – führen. Sie können aber auch einen konstruktiven Verlauf nehmen, indem Unvereinbarkeiten transformiert werden. Die Bandbreite reicht damit von Kriegen und bewaffneten Konflikten bis hin zu gewaltfreien und integrativen Handlungen (vgl. Schaubild 7).
Ausrottungskrieg begrenzter Krieg punktueller Konfliktaustrag mit militärischen Mitteln Abschreckung einseitige Anpassung Schlichtung Verhandlung wechselseitige Anpassung Interessenausgleich im Kompromiss Zusammenarbeit Bündnis Konföderation Integration Vereinigung | |
Abnahme gewaltsamer | |
und | |
Zunahme gewaltfreier Modi des Konfliktaustrags |
Schaubild 7:
Formen politischen Konfliktverhaltens nach Reinhard Meyers (1994, S.29)
Der Konfliktaustrag unterliegt auch Dynamiken. Gelingt es den Konfliktparteien nicht, rechtzeitig und mit einem angemessenen Verhalten auf Konflikte zu reagieren, kann eine Eskalationsspirale einsetzen, die sich verselbständigen kann:
„Wir geraten in den Strudel der Konfliktereignisse und merken plötzlich, wie uns eine Macht mitzureißen droht. Wir müssen all unsere Sinne wach halten und sehr überlegt handeln, damit wir uns nicht weiter in die Dynamik des Konflikts verstricken“ (Glasl 1997, S.34).
Der österreichische Trainer für Konfliktmanagement Friedrich Glasl entwickelte ein 9-stufiges Modell der Konflikteskalation (vgl. Schaubild 8). Danach verengen sich mit jeder neuen Eskalationsstufe die Handlungsmöglichkeiten der Konfliktakteure. Bei Konflikten, die sich auf den ersten Eskalationsstufen (Stufen 1-3) befinden, ist eine (begrenzte) Kooperation der beteiligten Parteien noch möglich. Das erlaubt inhaltliche und produktive Auseinandersetzungen sowie das Erreichen von win-win-Situationen. Bei weiterer Konflikteskalation (Stufen 4-6) schwinden die Chancen einer konstruktiven Konfliktbearbeitung. Der Konflikt wird zunehmend auf der Beziehungsebene ausgetragen:
„[D]er ursprüngliche Konfliktgegenstand verliert an Bedeutung, während das Verhältnis der Parteien zueinander selbst zum zentralen Gesichtspunkt ihrer Auseinandersetzung wird“ (Meyer 2011, S.37).
Kritisch erweist sich nach Glasl das Überschreiten der Stufe 5, die mit einem Gesichtsverlust bei zumindest einer Konfliktpartei einhergeht. Im letzten Stadium (Stufen 7-9) schließlich können alle beteiligten Konfliktparteien nur noch verlieren.
Konflikteskalation in 9 Stufen nach Friedrich Glasl (1997, S.216, 218f.)
Die Konflikteskalation nach Glasl kann unmittelbar an die Galtungsche Konflikttheorie anschließen. Das Modell stützt seinen triadischen Ansatz; insbesondere betont es die Bedeutung der Beziehungsebene der Konfliktakteure und hebt damit auf die Einstellungen und Wahrnehmungen der Akteure im Konfliktgeschehen ab.
4.4 Kriegsdefinitionen
Kriege stellen eine bestimmte Form gewaltsamer Konflikte dar, gekennzeichnet durch „großräumig organisierte Gewalt“ (Münkler 2002, S.11). Die wohl bekannteste Definition stammt vom preußischen Militärtheoretiker Carl von Clausewitz: Krieg als Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln – beziehungsweise in der Originalfassung:
„So sehen wir also, daß der Krieg nicht bloß als politischer Akt, sondern ein wahres politisches Instrument ist, eine Fortsetzung des politischen Verkehrs, ein Durchführen desselben mit anderen Mitteln“ (Clausewitz 2000 [1832], S.44).
Des Weiteren bestimmt Clausewitz (2000 [1832], S.27) Krieg als einen „Akt der Gewalt, um den Gegner zur Erfüllung unseres Willens zu zwingen“. Damit sind Mittel (Gewalt) und Zweck („dem Feinde unseren Willen aufzudringen“) des Krieges benannt. Diese funktionalistische Kriegsdefinition kann an Thomas Hobbes anschließen, hat dieser „das Konfliktpotenzial aus dem Inneren der Gesellschaft in das äußere verlagert“ und Krieg „als Motor dieser Transformation“ (Bonacker und Imbusch 2006, S.108) angesehen. Mit der Aufklärung hat sich ein rationalistischer Kriegsbegriff herausgebildet (vgl. Bonacker und Imbusch 2006, S.108). Danach sei Krieg irrational und eine Folge absolutistischer Herrschaftsstrukturen. Ein wesentlicher Vertreter dieses Ansatzes ist Immanuel Kant. Ihm zufolge sei der Mensch – ist er einmal durch eine republikanische Ordnung von seiner Unmündigkeit befreit – aufgrund seiner Vernunft in der Lage, Konflikte mit nicht-kriegerischen Mitteln zu lösen:
„Wenn (wie es in dieser Verfassung nicht anders sein kann) die Beistimmung der Staatsbürger dazu erfordert wird, um zu beschließen, ob Krieg sein solle, oder nicht, so ist nichts natürlicher, als daß, da sie alle Drangsale des Krieges über sich selbst beschließen müßten […], sie sich sehr bedenken werden, ein so schlimmes Spiel anzufangen“ (Kant 1968 [1795], S.351).
Seit den Weltkriegen dominiert die völkerrechtliche Definition. Danach stellen Kriege mit Waffengewalt und über einen längeren Zeitraum ausgetragene Konflikte zwischen zwei oder mehreren organisierten und zentral gelenkten Gruppen dar, bei denen es sich mindestens auf einer Seite um reguläre Streitkräfte eines Staates handeln muss. Im Völkerrecht kommt der Kriegsbegriff allerdings immer seltener zum Tragen. Stattdessen wird von „internationalen bewaffneten Konflikten“ (Formen zwischenstaatlicher Anwendung von Waffengewalt) beziehungsweise von „nicht-internationalen bewaffneten Konflikten“ (Formen innerstaatlicher Anwendung von Waffengewalt)