Eine Tote im Fluss. Wolfgang Breuer

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Название Eine Tote im Fluss
Автор произведения Wolfgang Breuer
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783961360635



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kommt ja wohl sonst kein Schwein hin. Die Ecke ist doch so was wie Urwald“, argumentierte der Mann.

      „Ich glaub‘s Ihnen aber nicht.“

      „Dann lass‘ es doch. Es war aber so. Dort hinten hat es an einem Baum gelehnt.“ Der Ganove zeigte aus dem Bulli heraus in das Wäldchen hinein. „Und etwas dahinter lag das Kleiderbündel unter einem Busch.“

      Klaus und dem ‚Freak‘ klingelten die Ohren. Was für eine Geschichte! Aber was hätten sie machen sollen? ‚So eine Story saugst du dir nicht so einfach aus den Fingern. Immerhin ist sie bis hierhin schlüssig‘, dachte Lukas. ‚Und dass der Typ plötzlich plaudert wie ein Wasserfall, ist nachvollziehbar. Schließlich lässt sich niemand gern des Mordes verdächtigen. Dann lieber kleinere Schandtaten zugeben.‘

      Eine gute Stunde später, erzählte der Festgenommene weiter, hätten sie sich schließlich aus dem Versteck herausgetraut und seien auf einem Wiesenweg der Straße entgegen gelaufen, die sie von dort hatten ausmachen können. Das Fahrrad hätten sie mitgenommen, um sich dann zu zweit, er auf dem Sattel, sie auf dem Gepäckträger, komfortabler fortzubewegen.

      „Wir waren nur wenige Meter auf Asphalt gefahren, als wir schon das Schild ‚Stedenhofstraße‘ sahen. Dort, wo diese, … ääh diese Hanna zu Hause ist. Einfach der Hammer! Manchmal hat man halt auch mal Glück“, grinste ‚Clyde‘ besonders schräg. Den Polizisten standen die Haare zu Berge.

      In das Haus zu kommen sei ein echtes Kinderspiel gewesen. Schließlich hätte auf der Gartenseite die Schiebetür zum Wohnzimmer einen Spalt weit offen gestanden. Nur eine Nachbarin hätte neugierig nachgefragt, wer sie denn eigentlich seien, als sie ums Haus herum in den Garten gegangen seien. „Wir haben ihr einfach ‘ne Geschichte erzählt. Von wegen Geburtstag und so. Und da haben wir von ihr erfahren, dass die Eltern im Italien-Urlaub sind.“

      Dem Kripo-Chef reichte das erst einmal. Im Übrigen dauerte ihm das alles viel zu lange. Wenn es, was er vermutete, tatsächlich die falsche Spur auf der Suche nach dem oder den Mördern war, dann gab es jetzt Wichtigeres zu tun. „Kommen Sie, wir bringen Sie jetzt nach Berleburg. Alles andere machen wir später dort im Kommissariat.“

      „Wie“, fragte ‚Clyde‘ entsetzt, „was heißt denn später?“

      „Na, heute Abend oder vielleicht auch erst morgen.“

      „Seid Ihr verrückt? Wir haben doch gar nix gemacht.“ Irgendwie wollte der Ganove nicht wahrhaben, dass sich die Kripo trotz der akuten Suche nach einem Mörder auch um Einbrüche und Diebstähle kümmert.

      „Sven, tu mir einen Gefallen und bring ihn rüber zu seiner Frau. Rüdiger und die Kollegen können jetzt hier Schluss machen. Anschließend soll Mertz mit den Festgenommenen bei dem Industriegelände vorbeifahren, sich das Fahrzeug zeigen lassen und nach Schlüssel und Zulassung gucken. Danach sollen sie sie zur Wache bringen. Die beiden kommen in Arrest. Und Du fährst bitte zusammen mit mir zu den Eltern der Studentin.

      Und bei den Laaspher Kollegen bedanke ich mich ausdrücklich für die hervorragende kollegiale Hilfe. Wir übernehmen das jetzt. Oder wollt Ihr noch mit zu den Eltern?“

      „Oh nein, bitte nicht“, antwortete Sarah Renner. Und auch der Kollege Höver verzichtete herzlich gerne darauf. „Ihr bekommt noch heute Abend unseren Bericht per Mail“, verabschiedete sich die Oberkommissarin.

      „Oh Gott, wird das bitter“, murmelte der ‚Freak‘ und brachte ‚Clyde‘ zu dem Bulli, in dem schon ‚Bonnie‘ saß. Für ihn war der Typ ein Lügenbeutel ‚Würde mich echt interessieren, welche Aktien die beiden tatsächlich in der Geschichte haben.‘

      Dann löste sich der Fuhrpark am Ederufer langsam auf. Doch als auch das KTU-Fahrzeug langsam anrollte, kam Klaiser plötzlich eine Idee. „Stopp, Herr Steiner!“, lief er laut rufend hinter dem Transporter her. „Bleiben Sie noch einen Moment stehen!“ Der Fahrer schien ihn aber nicht gehört zu haben und fuhr weiter. Klaus blieb hartnäckig und holte auf.

      Als er am Heck des Transporters war, schlug er mit der flachen Hand gegen das Rückfenster. Mit dem Erfolg, dass das Gefährt scharf abbremste und der Hauptkommissar krachend auflief.

      „Hörte sich fast an wie ‘ne Sprengung“, grinste der Kriminaltechniker, als er ausgestiegen war und Klaus kopfreibend von hinten auftauchte. „Was kann ich denn noch gegen Sie tun?“

      Der Mann hatte halt diesen schrägen Humor. Und Klaiser gefiel das in dem Moment sogar. Obwohl er der Leidtragende war. „Ich müsste mindestens ein Foto von jedem der gefundenen Kleidungsstücke haben. Damit ich den Klinkerts was vorzeigen kann. Immerhin ist es ja möglich, dass es sich bei dem Opfer doch nicht um ihre Tochter handelt.“

      „Möglich ist das“, erwiderte Steiner, während er an seinem Smartphone rumhantierte, „aber glauben Sie das nach all dem, was wir bisher wissen? Ich nicht.“

      „Ich werde nicht für‘s Glauben bezahlt, sondern …“

      „… für‘s Wissen und Beweisen. Ist mir klar“, lächelte der ältere Herr aus Siegen und sagte: „Ich hab‘ Ihnen vorhin schon ein paar Fotos auf Ihr Smartphone geschickt.“

      Klaiser bedankte sich. „Okay, hauen Sie ab und machen Sie Ihre Arbeit gründlich“, grinste er etwas verklemmt. „Wir sind wirklich auf jeden Fingerabdruck und jeden identifizierten Wollfaden angewiesen. Aber …“

      „Aber was?“

      „Sie haben natürlich recht. Es wäre ein Wunder, wenn die Tochter der Klinkerts irgendwo pumperlg‘sund herumspringen würde. Nur wer, bitteschön, ist dann die Tote?“

      „Das wäre dann wieder Ihr Spiel“, entgegnete Steiner beim Einsteigen. Dann schlug er die Tür zu und gab Gas.

      Die beiden Fahrzeuge mit den Kojak-Lampen auf dem Dach fielen in der Stedenhofstraße sofort auf. Zumal manche ihrer Bewohner dabei waren, vor den Häusern oder an ihren Gartentischen über die gefundene Leiche zu diskutieren.

      Desiree Klinkert hatte die Beamten bangen Blickes an der Haustür empfangen und erschreckt registriert, dass es sich um andere Leute handelte. Und dass die ohne die Einbrecher kamen. „Was ist? Wer sind Sie? Wissen Sie etwa, wo Hanna ist?“

      „Guten Tag, Frau Klinkert“, reagierte Klaus Klaiser so normal, wie er es in dieser Situation vermochte, „ich bin Hauptkommissar Klaus Klaiser von der Kripo Bad Berleburg und das ist mein Kollege, Kommissar Sven Lukas. Können wir bitte drinnen darüber reden?“

      „Ja, aber was ist denn mit Hanna? Wenn schon die Kriminalpolizei kommt. Ist ihr etwas passiert, oder hat sie was angestellt?“

      „Frau Klinkert, bitte. Wir sollten nicht hier draußen reden. Im Übrigen wäre es besser, wenn Ihr Mann dabei wäre. Ist er da?“

      „Ja, natürlich. Er telefoniert die ganze Zeit und versucht, Bekannte von Hanna zu erreichen.“

      Mehr sanft geschoben als freiwillig, war die Hausherrin schließlich hineingegangen und hatte ihnen einen Platz am großen Esstisch angeboten. Im Hintergrund hörte man eine Männerstimme sagen: „Gut. Dann vielen Dank. Und wenn Sie etwas hören, bitte rufen Sie uns an. Egal, zu welcher Uhrzeit.“

      Kurz darauf war auch Reinhard Klinkert mit den Neuen bekannt gemacht worden. Doch bevor einer der beiden mehr sagen konnte, fragte er: „Sagen Sie, Herr Hauptkommissar, ich habe gerade erfahren, dass in der Eder eine Frauenleiche gefunden wurde. Ist das wahr?“

      Seine Frau schaute ihn entsetzt an. „Was? Eine Frauenleiche? Wer erzählt das?“

      „Maybrit Berger. Sie hat es von einem Nachbarn erfahren.“

      „Das ist ja furchtbar. Sind Sie etwa deswegen hier?“, fragte sie bei Klaiser nach.

      „Schatz, bitte beruhige Dich“, fuhr ihr Mann dazwischen, „das muss für uns zunächst mal nichts zu bedeuten haben. Zumal die Frau schon länger im Wasser gelegen haben soll. Das stimmt doch, Herr Klaiser?“

      „Ja, das stimmt. Wir gehen davon aus, dass die Frau schon