Название | Buchstäblichkeit und symbolische Deutung |
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Автор произведения | Matthias Luserke-Jaqui |
Жанр | Документальная литература |
Серия | |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783772002151 |
In der zweiten Werkgruppe der lyrischen oder empfindsamenEmpfindsamkeit Gedichte27 begegnen wir Titeln wie An Herrn LeibMed. L., Bey einer Schlittenfahrt, An den Mond, Bey Wiederkunft des Mond im Monat May, An den Mond. 2, Den 1ten Aug., Lila an ihr Lämmchen, Lila über ihren Stab, Bey einer OhnMacht oder Bey den Klagen Lila’s über die Langsam ankommenden Briefe. Diese Gedichte sind überwiegend situationsgebunden, Gelegenheitsgedichte eben, Gebrauchsgedichte, Widmungsgedichte, Huldigungs- und Auftragsgedichte und im Rollenspiel versteckte Liebesgedichte. Verglichen mit den Liebesgedichten von Jakob Michael Reinhold LenzLenz, Jakob Michael Reinhold, denen MerckMerck, Johann Heinrich immerhin wahre LeidenschaftLeidenschaften bescheinigt (vgl. Br, S. 145), ist dies ein Ton, den er selbst nie getroffen hat, möglicherweise auch nicht treffen wollte.
Das erste Gedicht der Sammlung kann gleichsam als Introitus gelesen werden, der rückblickend Bilanz zieht.
Elegie
„Wohin? – was seh ich weit und breit?
Verflogne Jugendträume –
Mein liebster Wunsch war Eitelkeit
und ew’ger Gram im Keime!
O Gott! sein volles Hertz so sehn
in bittrer ThränenFluth zergehn!
Komm, Gruftkleid! mich mit Freuden
in Brautgewand zu kleiden.“ (W, S. 111)
Diese ElegieElegie könnte durchaus nachträglich als Eingangsgedicht von Merck in seiner handschriftlichen Gedichtsammlung platziert worden sein, gleichsam als Rückblick auf die vor ihm ausgebreitete poetische Produktion, eben seine verflogenen Jugendträume. Die Datierung von Bräuning-Oktavio auf Herbst 1774 wäre demnach wenig überzeugend. Auch Henkel zweifelte diese Jahreszahl schon an, schließt aber nicht aus, dass das Gedicht gar nicht von Merck, sondern von HerderHerder, Johann Gottfried sei (vgl. dazu W, S. 637).
Man könnte etwas despektierlich den jungen Merck – oder, wie er von Herder genannt wurde, den „Herrn Kriegs- und LustVersezahlmeistern Merk“28 – jener Jahre auch den Lila-Launebär der Darmstädter EmpfindsamenEmpfindsamkeit nennen, der schon zeitgenössisch die Grenze zum Kitsch überschritt.29 Er lebe wie ein Schwärmer unter den Rosen der Freundschaft, lässt er Höpfner wissen (vgl. Br, S. 65), gesäumt von zwei Freundinnen, deren körperliche Gestalt und deren Esprit er lobend erwähnt. Gemeint waren damit Luise von ZieglerZiegler, Luise von, die Lila der Gedichte und des empfindsamen Zirkels, und Caroline Flachsland, genannt Psyche, Herders spätere Frau. Im Grunde ist diese empfindsameEmpfindsamkeit Phase aber schon in dem Moment vorbei, wo HerderHerder, Johann Gottfried an Caroline Flachsland unter dem Datum des 20. April 1771 schreibt: „Der Mensch ist zu Etwas beßerm in der Welt da, als eine Empfindungspuppe, oder ein Empfindungströdler zu seyn“30. Ende 1771 kündigt Merck Höpfner an, dass er ihm bald den ersten Band seiner Gelegenheitsgedichte schicken werde. Darunter befänden sich „nicht weniger als Vier MondOden“ (Br, S. 59). Allerdings sind nur drei Mond-Oden überliefert. Zum Druck dieser Gelegenheitsgedichte kam es nie. Die Handschrift hat sich aber erhalten und befindet sich heute noch in Familienbesitz.
In Mercks empfindsamen Gedichten findet sich – neben dem eher zeit- und genrebedingten tändelnden Ton einiger Verse – aber auch ein politischer, gesellschaftskritischer Akzent. Beispielsweise wenn es am Ende des Gedichts Als Lila zwey junge Bäume in ihren Gärten fällen saheAls Lila zwey junge Bäume in ihren Gärten fällen sahe heißt:
„Aber die Welt des Hofes glaubt
Weil rothes Bluth nicht floß – kein Stöhnen
Kein Zuken folgt – sie wähnen
Daß sie nichts übels thun“ (W, S. 138).
Das Gedicht Im Merz. An A. + W.Im Merz ist nur vordergründig ein Naturgedicht, wie der Titel vielleicht suggerieren könnte:
„Des Sehers Blik, der in dem MeeresSchoos
der Zukunft, sich der Ahndung Zauberschloß
Erschaft, und in dem öden Labyrinth
dich ferne schon in EngelsKlarheit findt!
Sieh wie er dämmert! Von der Wahrheit
Fernen Sonnenfahrt! Und von der Menschheit
Tasten wir ermüdet! Hingebeugt
Zur Brust ersinkt sein Haupt! Und ihm entsteigt
der Hofnung Lächeln, ihre Zähne nie!
Nur sie, der Wehmuth bittre Thräne, sie
die trübe Mahlerin der Schöpfung nur
Füllt ihm sein Aug, und mahlt ihm die Natur
Im Nebel! deine Mutter! die so schön
In allen ihren Kindern ist! Verwehn
will seinem Ohr ihr Schluchzen schon
der Sympathie und Liebe Lauten Ton.
Sein Arm in Wüsten taumeln, tastet kalt
Statt KörperSchöne, flache WandGestalt!
Gewebe des verkehrten Teppichs! Sie
die HimmelsSchön’ auf Erden wandelnd, wie
sie Plato dachte, Alcamenes Hand
Erschuff, wie sie in Coischem Gewand
sich deinem Gang, und deinem Aug enthüllt
die sah er niemals im verklärten Bild!
Drum blik’ ihm in sein adelgläubig Hertz
den süßten HofnungsStrahl; den bittren Schmertz
der Menschheit, der sein inneres verzehrt
den halt an seinem Ort, wies WürgeSchwerd!
Die Balsamthräne, die dir gern entfliest
Heil eh’ er friedsam seine Straße zieht
Des Pilgers Wunden, die ihm Wahn und Trug
der grosen Sklav’ u. NarrenErde schlug!
Sey ihm ein Quell des Lebens in dem Sand
der Wüste, wo das Schiksal dich verbannt!
dein Bild geh’ ihm nicht wie ein Wetterstrahl
Vorüber, es begleit ihn in dem Thal
des Lebens, wenn er WolkenHöhen klimmt,
da wo er des Abgrunds Steinweg nimmt
Da auch wo gebeugt er stille steht
Schein es ihm in TugendMajestät
Reich ihm hohes Lächeln, BeyfallDank
Und Liebe deines Augs zum Labetrank.
Und geht er jenseits hin, woher er kam
So seys dein Bild, das ihn der Erd’ entnahm
den