Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2). Hans Kneifel

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Название Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2)
Автор произведения Hans Kneifel
Жанр Языкознание
Серия Atlan classics Paket
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783845347400



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Hosen.«

      Doyrirkhra wischte sich die roten Pflanzen, die pausenlos mit dem Regen herabkamen, von den Armen und aus dem Gesicht.

      »Bei diesem Wetter scheint mir das nicht ganz unpraktisch zu sein«, sagte er. »Und das Wetter scheint nicht nur heute so zu sein – warm und feucht.«

      Der Tag neigte sich seinem Ende zu, und die beiden Männer überlegten, ob es ratsam war, sich den Wesen am Turmbau jetzt zu zeigen, oder ob sie lieber bis zum nächsten Morgen warten sollten. Doch dann vernahmen sie das Gebrüll einiger großer Tiere, und sie beobachteten einige echsenähnliche Wesen, die sich auf der Futtersuche durch den Sumpf schoben. Sie zogen es vor, bis zum Turm zu gehen.

      Als sie aus dem Unterholz hervortraten, wären sie beinahe mit einigen der Eingeborenen zusammengeprallt, die große Steinquader auf Ladepritschen beförderten, um sie für den Transport in die Höhe vorzubereiten. Die Arbeiter fuhren erschrocken zurück, und einige von ihnen erhoben drohend ihre Werkzeuge.

      »Wir kommen in friedlicher Absicht«, erklärte Mrothyr, und erstaunlicherweise verstanden sie ihn. Sie ließen ihre Werkzeuge sinken.

      Die Evutuumer hatten weit vorspringende Wülste über den Augen. Diese sahen fast aus wie Mützenschirme. Die Nasen waren doppelrückig und führten in weiten Bögen von der Augenwurzel bis hin zu den beiden Ohrmuscheln. Die Oberlippen waren leuchtend rot, schimmerten wie Perlmutt und reichten dreieckig bis zu der Stelle hoch, an der sich die Nasen spalteten. Die Augen waren klein und lagen so tief in den Höhlen, dass sie kaum zu erkennen waren, zumal den Männern das Regenwasser über die Stirn lief, so dass es ständig von den Augenwülsten herabtropfte.

      Einer der Evutuumer kam zu Mrothyr. Er zeigte auf den Kombitraf, entblößte grinsend große, rote Zähne und verkündete: »Auf euch haben wir gewartet.«

      »Ihr seid sicher in der Lage, uns bei unseren Problemen zu helfen«, erklärte ein anderer.

      »Kommt mit«, forderte sie ein dritter auf. »Ich bringe dich zu A'thruif.«

      Mrothyr und Doyrirkhra blickten sich an und waren sich einig darin, dass sie diesen Männern vertrauen mussten.

      »Genau zu dem wollten wir«, erklärte der Wonko.

      Sie schritten an dem Turm entlang, dessen Spitze mittlerweile in den tiefhängenden Wolken verschwunden war, so dass nicht mehr zu erkennen war, wie hoch er war. Doyrirkhra sah, dass von einigen Steinquadern Stücke abgeplatzt waren. Risse hatten sich gebildet, in die das Regenwasser eindringen konnte. Rote Flechten überdeckten weite Flächen des Turmes. Unter zyrpherischen Verhältnissen hätte der Freiheitskämpfer daraus schließen können, dass das Bauwerk wenigstens einige Jahre alt war. Hier aber schlossen sich derartige Folgerungen aus.

      Als sie den Turm zur Hälfte umkreist hatten, blieben die beiden Zyrpher überrascht stehen. Sie blickten von einer felsigen Anhöhe auf eine weite Ebene hinaus, auf der sich eine Reihe von Siedlungen befanden. Alle bildeten eine große Einheit miteinander. Eine breite Straße führte vom Turm auf die Ebene hinaus. Sie verzweigte sich immer mehr bis hin zu den feinsten Verästelungen, an denen die jeweiligen Siedlungen lagen. So glich die gesamte Anlage aus dem Blickwinkel der beiden Zyrpher einem riesigen Baum, bei dem die Siedlungen die Blätter bildeten.

      Die gesamte Anlage demonstrierte, dass ihre Bewohner auf einer hohen Kulturstufe standen.

      Mrothyr erinnerte sich nicht, jemals einer städtebaulichen Architektur von derartiger Vollkommenheit begegnet zu sein.

      »Die Evutuumer sind alles andere als primitiv«, flüsterte Doyrirkhra. »Ganz sicher nicht.«

      Über die Straße und über eine seitlich davon gelegene Seilbahn wurden pausenlos sorgfältig behauene Felsquader herangeführt und vor dem Turm abgelegt. Von hier aus wurden sie entweder in das Innere des Turmes gebracht oder mit Hilfe von einfachen Hebevorrichtungen außen am Turm in die Höhe befördert.

      Tausende von Evutuumern arbeiteten mit größtenteils primitiven Werkzeugen an den Steinquadern und den Maschinen, die für den Transport nötig waren. Mrothyr entdeckte nirgendwo eine Maschine, die der neuen Technik entsprochen hätte.

      »Ich weiß wirklich nicht, was ich davon halten soll«, sagte Doyrirkhra. »Ich kann die Evutuumer nicht einschätzen.«

      Sie betraten ein aus Holz errichtetes Haus, in dem zahlreiche Männer und Frauen an Zeichentischen und Modellen von Türmen arbeiteten. Die Frauen waren ebenso wie die Männer bekleidet. Auch sie verzichteten auf eine Verhüllung des Oberkörpers.

      An einem Tisch, aus dem mehrere Metallrohre aufstiegen, saß ein korpulenter Mann, dessen Arme mit Hunderten von blitzenden Metallringen verziert waren. Auch die Finger dieses Mannes trugen schimmernden Schmuck, und auf der behaarten Brust leuchtete ein großer Edelstein, in dem sich alles Licht dieser Planeten gefangen zu haben schien.

      »A'thruif«, rief der Evutuumer, der sie begleitet hatte. »Das sind zwei Fremde, die zu uns gekommen sind, um uns bei der Bewältigung unserer Probleme zu helfen.«

      »Moment«, protestierte Mrothyr. »Ganz so ist es nicht. Wir sind froh, dass wir ...«

      A'thruif sprang auf, breitete Arme und Tentakel aus und kam auf sie zu.

      »Meine Gebete wurden erhört«, jubelte er. »Welch ein Geschenk der göttlichen Mächte!«

      »Ich habe keine Ahnung vom Bauen«, beteuerte Doyrirkhra.

      »Und ich auch nicht«, unterstrich Mrothyr, doch keiner der Evutuumer hörte ihnen zu. Die Männer und Frauen im Raum erhoben sich von ihren Plätzen und redeten wild durcheinander. Sie alle schienen fest davon überzeugt zu sein, dass zwei Turmbauexperten zu ihnen gekommen waren, mit deren Hilfe alle anstehenden Schwierigkeiten überwunden werden konnten.

      »Ich werde wahnsinnig«, stöhnte Doyrirkhra. »Was reden die denn da?«

      A'thruif legte ihnen die Hände auf die Schultern und blickte sie mit leuchtenden Augen an.

      »Ihr glaubt gar nicht, wie sehr ich mich freue«, sagte er.

      »Nur der Ordnung halber«, entgegnete Doyrirkhra. »Was passiert, wenn wir euch nicht helfen können?«

      Der Baumeister der Evutuumer lachte herzlich.

      »Ein Spezialist am Bau, der versagt, ist des Todes. Er wird vom Turm gestürzt«, erklärte er. »Aber das kommt für euch natürlich nicht in Frage.«

      »Uns würde man nicht vom Turm stürzen?«, fragte der Wonko.

      »Selbstverständlich würde man das«, antwortete A'thruif. »Aber darüber brauchen wir doch gar nicht zu reden, weil ihr nicht versagen werdet.«

      5.

      »Es hat keinen Sinn«, sagte Mrothyr resignierend. »Sie wollen einfach nicht hören, dass wir keine Spezialisten sind. Weiß der Teufel, wer sie auf diesen Gedanken gebracht hat.«

      Sie befanden sich in einem geradezu luxuriös eingerichteten Haus mitten in der Stadt. Von draußen klang das eintönige Rauschen des Regens herein. Hin und wieder rollte knarrend und knatternd ein Fuhrwerk vorbei, das bergauf von einem einfachen Explosionsmotor angetrieben und abwärts von bulligen Tieren gezogen wurde.

      »Wir haben keine andere Möglichkeit«, entgegnete Doyrirkhra. Er ruhte auf einer mit weichem, roten Leder bezogenen Liege. »Wir müssen so tun, als ob wir wirklich etwas vom Bau verstünden.«

      Mrothyr blickte ihn fassungslos an.

      »Bist du verrückt?«, fragte er. »Wir beide haben nicht den blassesten Schimmer.«

      »Das ist nicht ganz richtig. Immerhin entstammen wir einer Kultur, die andere Bauten erstellt hat, als man sie hier findet. Wir haben eine höhere Bildung als die Evutuumer.«

      »Ja – und? Deshalb kann ich noch lange keinen Turm bauen.«

      »Wir haben keine andere Wahl. Wir müssen es zumindest versuchen, wenn wir die nächsten Tage überleben wollen. Wir müssen Zeit gewinnen, damit wir einen Fluchtplan ausarbeiten können.