Potsdamer Abgründe. Carla Maria Heinze

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Название Potsdamer Abgründe
Автор произведения Carla Maria Heinze
Жанр Языкознание
Серия Enne von Lilienthal
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783960416838



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fragen.

      Sie legte das abgerissene Papierstück zusammen mit ihren Notizen in eine Klarsichthülle, schob diese in einen Aktendeckel, beschriftete ihn mit »Masonica« und verstaute ihn in ihrer Tasche.

      16

      »Mein Täubchen.« Liebevoll fuhr Wendt seiner Frau über das trockene, glanzlose Haar. »Wie geht es dir?«

      »Wie immer. Bist du weitergekommen mit deiner Forschung?«, hörte er ihre zarte Stimme.

      »Ja, weiter, als ich dachte. Aber das Wichtigste fehlt mir immer noch. Es ist ein einziger Punkt, aber auf dieses Detail kommt es an, weißt du?« Besorgt schaute er sie an. »Du isst ja gar nichts. Das ist nicht gut.« Er versuchte zu lächeln. »Zart bist du, aber immer noch so schön wie früher«, flüsterte er, deponierte die Einkaufstasche auf dem Küchentisch und fing an auszupacken. »Schau mal«, sagte er und hielt eine Packung Tiefgefrorenes hoch. »Königsberger Klopse, die magst du doch.«

      »Soll ich dir helfen?«, hörte er sie fragen.

      »Ich erledige das schon. Du sollst dich schonen, das hat auch der Arzt gesagt.« Er holte einen Topf aus dem Schrank, füllte ihn mit Kartoffeln aus dem Glas, gab Wasser dazu, stellte den Topf auf das Ceranfeld und drehte den entsprechenden Knopf auf die höchste Stufe.

      »Ich vermisse meinen Talisman, Marco. Die Kette mit dem Anhänger, die mir deine Mutter zur Hochzeit geschenkt hat. Hast du sie gesehen?«, drang ihre Stimme an sein Ohr.

      Er schnitt die Plastikpackung mit den Königsberger Klopsen auf, gab die Fleischbällchen mit der Flüssigkeit in einen zweiten Topf und erhitzte sie auf kleiner Flamme.

      »Nein«, sagte er unwirsch und vermied es, sie anzusehen. »Bestimmt hast du sie nur verlegt.«

      Er nahm die inzwischen erhitzten Kartoffeln von der Herdplatte und goss das Wasser ab.

      »Sie weint wieder, unsere Kleine«, hörte er ihre Stimme.

      »Vielleicht sollten wir besser den Arzt holen?«

      »Du weißt ja, was ich von den neumodischen Methoden halte. Immer nur Antibiotika, davon bekommt sie nur Ausschlag«, hörte er ihren Kommentar.

      Wendt schaute seine Frau liebevoll an. »Du hast schon immer das Richtige getan, mein Täubchen.«

      »Du musst dich immer um sie kümmern, Marco.« Sie starrte ihn an, sodass er den Blick senkte. »Das hast du mir versprochen.«

      »Wie könnte ich das vergessen«, murmelte er, und eine Träne rollte über seine welken Wangen.

      17

      Susanne war mit Heike und Kalumet noch mal das Wenige durchgegangen, was sie bisher über Holm herausgefunden hatten. Hatte sich dabei bemüht, sich ihren Ärger über Lilienthals Benehmen nicht anmerken zu lassen. Aber sein albernes Getue bei der Begrüßung mit dieser Katie McLaren hatte Kalumet natürlich mitbekommen. Wie stand sie denn jetzt da. Wieder stieg Ärger in ihr hoch. Allerdings waren Befindlichkeiten das Letzte, was man bei Ermittlungen brauchen konnte.

      Sie holte sich einen Becher Kaffee. Dachte an Katie McLaren, die so attraktiv und erotisch war, dass sie wahrscheinlich die meisten Männer anzog. Nahm einen Schluck und stellte den Becher angewidert weg. Ungenießbar. Kalumet hatte mal wieder viel zu viel Kaffee genommen. Erinnerte sich wieder an die Szene, als Katie McLaren sie zornig hinausgeworfen hatte. Völlig zu Recht, wie sie fand. Sie hatten ihre Kompetenzen überschritten, ohne richterlichen Beschluss im Haus herumgeschnüffelt. Und sie hatte Katie McLaren weinen gehört. Was hatte Maik getan oder gesagt, dass diese selbstbewusste junge Frau die Fassung verloren hatte?

      Sie musste noch mal mit ihr sprechen, das verlangte ihre Professionalität. Susanne wählte die Festnetznummer des Holm’schen Anwesens, aber nur der AB sprang an. Kurz entschlossen nahm sie ihre Tasche und lief zu den Einsatzfahrzeugen auf dem Parkplatz, um sich eins davon auszuleihen.

      Direkt vor dem Haus in der Seestraße fand sie einen Parkplatz, klingelte an dem imposanten Einfahrtstor und wartete. Alles blieb ruhig, nur das weit entfernte Geräusch einer Säge durchbrach die Stille. Erneut klingelte sie und drückte diesmal den Finger länger auf den Messingknopf. Hinter sich hörte sie, wie Kieselsteine aufspritzten, und wandte sich um.

      Eine schmale Frau mittleren Alters schwang sich von einem älteren Fahrrad und blickte sie neugierig an. »Zu Holm?«, fragte sie in dem kehlig tiefen Ton der Osteuropäer.

      Susanne nickte. »Scheint aber niemand da zu sein.«

      »McLaren da. Immer, wenn Danuscha putzt. Komm.« Einladend winkte die Frau ihr zu, ging zum Tor, griff durch das gewundene Metall und drückte von innen auf einen Öffner. Summend schwang das Tor auf.

      Zögernd folgte ihr Susanne. An der Haustür klopfte sie energisch, aber es wurde nicht geöffnet.

      »Muss da sein«, erklärte Danuscha. »Vorhin erst telefoniert. Vielleicht auf Klo«, meinte sie pragmatisch und stellte das Rad neben dem Eingang ab. Grinste vielsagend, verschwand um die Ecke, erschien kurz darauf mit einem Schlüssel in der Hand und öffnete die Tür.

      Dass die Putzfrau wusste, wo die Besitzer ihren Schlüssel deponierten, falls diese ihren vergessen haben sollten, fand Susanne nicht ungewöhnlich. Die Menschen waren leichtsinnig, das erlebte sie berufsbedingt jeden Tag aufs Neue.

      Gemeinsam betraten sie das Haus, und Danuscha ging voran in die Küche.

      »Chefin nicht hier, aber dort steht Tasse mit Kaffee«, sagte sie. »Muss also sein im Haus.« Sie tauschte ihre Straßenschuhe gegen Stoffschuhe, die sie aus ihrer Tasche nahm, ging zur Kellertür und verschwand.

      Susanne war in der Diele stehen geblieben. »Frau McLaren!«, rief sie laut. Unbehaglichkeit machte sich in ihr breit. Wie sollte sie ihre Anwesenheit diplomatisch erklären? Katie McLaren würde es wieder als Eindringen auffassen. Nein, das hier war keine gute Idee gewesen.

      Sie ging zur Kellertür. »Frau Danuscha?«, rief sie nach unten.

      »Kommen gleich«, hörte sie die Antwort und gleich darauf ein schepperndes Geräusch, als würde etwas umfallen. Susanne fuhr zusammen, horchte. Das musste man im ganzen Haus gehört haben, so laut, wie das gewesen war.

      Sie lief hinaus und die Eingangsstufen hinunter. Nahm ihr Handy, rief die letzte gewählte Nummer auf und drückte auf Wahlwiederholung, als hinter ihr ein erstickter Laut ertönte. Sie drehte sich um. Danuscha stand im Türrahmen, die Augen weit aufgerissen. Sie sagte etwas, was Susanne nicht verstand. Durch das gekippte Küchenfenster konnte sie die Ansage des Anrufbeantworters hören, der angesprungen war.

      »Kommen«, sagte Danuscha jetzt, und Susanne folgte ihr zurück ins Haus. Vor der Kellertreppe blieb die Haushaltshilfe stehen und schaute sie wortlos an.

      Susanne ging hinunter. Die Tür zum Heizungskeller war nur angelehnt. Davor lagen verstreut Plastikeimer, Lappen, Papierrollen und diverse Flaschen mit Putzmitteln. Mit dem Fuß schob sie alles beiseite und wollte die Metalltür aufziehen. Doch etwas steckte in dem unteren Türspalt. Susanne beugte sich hinunter. Im dämmerigen Licht erkannte sie einen roten Ballerinaschuh.

      18

      Unwirsch starrte Dr. Enderlein Lilienthal an.

      »Sie stören«, nuschelte der Rechtsmediziner, nahm den Kugelschreiber aus dem Mund und steckte ihn in seine Hosentasche. »Darf man erfahren, was Sie hier verloren haben?«

      Lilienthal überhörte die Provokation. Körner und Enderlein hatten sich seit dem letzten Fall angefreundet, vermutlich hatte der Mediziner Probleme mit seiner Beförderung.

      Lilienthal betrachtete den toten Körper. War immer noch fassungslos. Vor ihm lag seine witzige, gescheite Katie, mit der er unzählige Nächte lang durch die Portobello Road gezogen war. Die ihm die unmöglichsten Pubs gezeigt, ihm die Türen zu den angesagtesten Clubs Londons geöffnet hatte. Mit ihr hatte er den ersten Joint geraucht und auch vieles andere zum ersten Mal gemacht. Und jetzt lag sie in diesem Keller. Er spürte,