Название | Literaturvermittlung und Kulturtransfer nach 1945 |
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Автор произведения | Группа авторов |
Жанр | Документальная литература |
Серия | Edition Brenner-Forum |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783706561228 |
Ob ein Schriftsteller heutige Literatur macht, ist […] nicht nach der Modernität seiner Mittel zu beurteilen, sondern allein danach, ob er weiß, was er tut, und sich entschieden hat. Jeder Fortschritt in der Kunst ist mit Verlusten verbunden, die zuweilen größer sind als das Gewonnene. Wer bedeutende Inhalte zu vermitteln hat, wird vielfach den Preis der Allgemeinverständlichkeit nicht zu zahlen bereit sein, den die auf die Enge der Existenz zugeschnittenen modernen Formen von ihm fordern, und sich lieber traditioneller Darstellungsmittel bedienen. Die Übertragung der Kategorie des Fortschritts vom Felde der Technik, wo sie legitim ist, auf das Gebiet von Kunst und Literatur ist fragwürdig. Wo aus Verantwortung Traditionen bejaht werden, kann der ‚Fortschritt‘ auch in einem Zurückgreifen liegen, in einer freien Anerkennung übergeschichtlicher Bindungen.74
Versuchen wir ein abschließendes Fazit – mit Fragezeichen: „Pastorale Mummelgreise“ oder „Führer in der Welt des Geistes“? Das erste, eine Versammlung „pastoraler Mummelgreise“, war Hochland sicher nicht. Aber „Führer in der Welt des Geistes“? Wenn dieses Ansinnen pluralismustheoretisch nicht ohnehin fragwürdig ist, so hat Hochland zur Übernahme einer führenden publizistischen Rolle in den Debatten der Nachkriegszeit in seinem Gegenwarts- und Geschichtsverhältnis vielleicht etwas gefehlt, was der eingangs genannte Karlfried Gründer so pointiert hat: dass nämlich „Reflexion der Kontinuitäten“ nie etwas anderes sein könne als „Reflexion einer gebrochenen Kontinuität“.75 Solche Reflexion eines grundsätzlich veränderten Geschichtsverhältnisses mag es vereinzelt auch im Hochland gegeben haben; man müsste die Zeitschrift daraufhin noch einmal durchgehen. Profilbildend auf sie im Ganzen hat sie aber sicher nicht gewirkt; „50 Jahre ungebrochene Überlieferung 1903–1953“ lautete ja, wie erinnerlich, die Devise. Mit anderen Worten:
Die Zeitschrift fuhr dort fort, wo sie 1933 bzw. 1941 aufgehört hatte. […] Sie gehörte zu jenen Zeitschriften, die wie die Stimmen der Zeit und die Deutsche Rundschau Rudolf Pechels die Nachkriegssituation zu bewältigen suchten, indem sie im Hinblick auf Autoren, Themen und Aufmachung an ihre durch die Nationalsozialisten unterbrochene oder unterdrückte Arbeit anknüpften. Das war für traditionsreiche Blätter naheliegend und zunächst eine ausreichende Legitimation für die Herausgabe einer Nachkriegszeitschrift: Dadurch konnten möglicherweise verschüttete Werte für einen Neuanfang nutzbar gemacht werden.76
Anders als Hochland aber „gelang es den Stimmen der Zeit gerade dank ihrer jesuitischen Tradition, sich den Zeitfragen flexibel – für manchen zu flexibel – zu öffnen“ und „auch nach 1945 den Anschluss an aktuelle Diskussionen zu finden.“77
Anmerkungen
1 Dazu vgl. den Überblick bei Gerhard Hay, Hartmut Rambaldo u. Joachim W. Storck unter Mitarbeit von Ingrid Kußmaul und Harald Böck: „Als der Krieg zu Ende war“. Literarisch-politische Publizistik 1945–1950. Katalog zur Ausstellung des Deutschen Literaturarchivs im Schiller Nationalmuseum Marbach a.N. 1973.
2 Zum Ruf zuletzt Friedrich Kießling: Die undeutschen Deutschen. Eine ideengeschichtliche Archäologie der alten Bundesrepublik 1945–1972. Paderborn u.a. 2012, 48 u. 51f. (Gründungsgeschichte/Autorenkonstellationen), 78–80 u. 84 (intellektuelle Selbstbilder), 87f. (Sprache), 109f. u. 113f. (Literaturverständnis), 138–141 (Schulddebatte), 149, 152f., 159, 162f., 167f. (Staats-, Gesellschafts- und Demokratieverständnis), 179–181 (Modernedebatte), 192, 194–198, 213–217 (Vorstellungen von kulturellen und politischen Räumen), 226, 228–235 (Geschichte des Ruf in seiner Endphase), 285 (Skepsis gegenüber dem Grundgesetz).
3 Michel Grunewald: „Christliche Sozialisten“ in den ersten Nachkriegsjahren: Die Frankfurter Hefte. In: Ders. u. Uwe Puschner in Zusammenarbeit mit Hans Manfred Bock