Название | Die Klinik am See Staffel 2 – Arztroman |
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Автор произведения | Britta Winckler |
Жанр | Языкознание |
Серия | Die Klinik am See Staffel |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783740939724 |
»Ich habe mein Kind noch immer nicht gesehen. Bitte, Herr Doktor!« Bisher hatte Susanne keinen der beiden Männer angesehen, jetzt suchte ihr Blick den des Chefarztes. »Ich will mein kleines Mädchen nur ein einziges Mal sehen, dann gehe ich wieder.«
»Natürlich dürfen Sie Ihr Kind sehen, aber Sie werden sich auch um das Kind kümmern müssen.« Dr. Lindau hob den Kopf. Er sah zu Ingo Frehner hin. Dieser verstand und nickte.
»Fräulein Brühl«, wandte er sich freundlich an die junge Mutter. »Sie haben in den letzten Wochen einiges mitgemacht. Ihr Freund war ein Betrüger. Sie müssen ihn vergessen, das Leben ist für Sie noch nicht zu Ende.«
Zum ersten Mal sah Susanne den Hotelier richtig an. Erneut schoß ihr das Blut ins Gesicht. Auch dieser Mann meinte es gut mit ihr. Das hatte sie nicht verdient. So begann sie erneut zu sprechen. Sie wollte, daß der Mann wirklich alles von ihr wußte.
»Es war nicht schwer, mir etwas vorzumachen. Ich träumte von einer Karriere als Sängerin. Ich sah mich bereits auf der Bühne stehen, umgeben von jubelnden Fans. Natürlich war ich auch in Ralf verliebt. Er konnte so wunderbare Komplimente machen.« Sie schwieg kurz. »Ich hätte selbstverständlich schon vor Monaten bemerken müssen, daß mit Ralf etwas nicht stimmt. Heute ist mir klar, daß ich es gar nicht merken wollte. In mir wuchs ein neues Leben. Ich wollte das Kind und so machte ich mir weiter etwas vor. Ralf hatte nie daran gedacht, mich zu heiraten. Als er mein restliches Geld gehabt hat, da war er weg. Einen Monat saß ich noch in der Wohnung herum und wollte es nicht glauben. Ich hatte kaum noch Geld. Damals wollte ich nicht mehr weiterleben.«
Dr. Lindau hatte so etwas bereits vermutet, doch Ingo Frehner war entsetzt. »Wie konnten Sie so etwas nur denken! Das dürfen Sie nie wieder tun. Es geht immer irgendwie weiter, glauben Sie mir!«
Susanne fuhr sich erneut über die Augen, dann nickte sie. »Ich saß auf der Bank in der Nähe des Sees. Alles schien aus zu sein. Doch dann half mir dieser junge Mann,« Wieder mußte Susanne sich über die Augen wischen, die Tränen wollten schon wieder rinnen. »Er brachte mich hierher, und der Doktor sorgte dafür, daß mein Kind lebt.«
Andy saß mit rotem Kopf da. Seitdem Angela das Zimmer verlassen hatte, hatte er nicht mehr viel gesagt. Er hatte das Gefühl, nicht mehr erst einundzwanzig Jahre alt zu sein, sondern viele Jahre älter. Wie wenig hatte er doch vom Leben gewußt!
»Sie sind so anders als Angela. Sie denken nicht nur an sich. Ich wünsche Ihnen, daß Sie noch sehr glücklich werden.« Ungeschickt erhob er sich. »Es ist besser, wenn ich jetzt gehe. Ich habe über so vieles nachzudenken.«
»Schon gut, Andy! Es war wirklich etwas viel.« Der Chefarzt verabschiedete ihn mit einem Händedruck.
»Was er gesagt hat, stimmt nicht«, sagte Susanne, nachdem er gegangen war. »Ich habe nur an meine Karriere gedacht. Ich wollte berühmt werden.«
»Sie dürfen sich nicht länger Vorwürfe machen.« Ingo Frehner beugte sich ihr entgegen. Er wollte nicht, daß sie weinte. In diesem Augenblick nahm er sich vor, alles zu tun, damit sie wieder lachen lernte. »Es wird alles gut! Ich werde dafür sorgen.«
Susanne sah den Mann an, von dem sie nur wußte, daß er der Vater des kleinen Jungen war. »Das ist sehr nett, aber ich…«
Ingo ließ sie nicht ausreden. »Es geht Patrick gut und es geht Ihrem Kind gut. Das ist doch das wichtigste.« Er griff nach ihrer Hand. »Dafür müssen wir dem Schicksal dankbar sein.« Nun drückte er ihre Hand. »Sie wollen sich doch um Ihr Kind kümmern?«
Susanne senkte den Kopf. Natürlich wollte sie, aber sie konnte es nicht. Sie mußte arbeiten. Da mischte sich Dr. Lindau ein: »Sie sind in die Klinik gekommen, weil Sie Sehnsucht nach Ihrem Kind hatten«, meinte er.
Da nickte sie. »Ich wollte es nur einmal sehen. Ich muß heute noch nach München zurück. Morgen muß ich wieder arbeiten. Ich weiß nicht, wie lange, aber zur Zeit kann ich in einer Pizzeria die Gäste bedienen.«
»Dort werden Sie nicht mehr arbeiten«, sagte Ingo spontan. Er fing ihren erstaunten Blick auf. »Ich meine, Ihr Kind wird Sie brauchen. Und außerdem, arbeiten können Sie auch bei mir. Ich habe ein Hotel. Da gibt es immer etwas zu tun.«
»Das kann ich doch nicht annehmen. Das geht doch nicht!« Susanne sah von ihm zu Dr. Lindau.«
»Herr Frehner hat recht, arbeiten können Sie in seinem Hotel auch. Damit wäre dieser Punkt geklärt. Da wäre noch Ihr Kind. Es ist höchste Zeit, daß es einen Namen bekommt. Haben Sie darüber schon nachgedacht?«
»Es sollte Manuela heißen.«
»Gut, dann werden wir es in Zukunft Manuela nennen. Das Kind muß doch einen Namen bekommen. Es muß behördlich gemeldet werden.
Das kann jedoch bis morgen warten. Ich bringe Sie jetzt zu Ihrer Tochter.«
»Darf ich mitkommen?« fragte Ingo. »Ich möchte die kleine Manuela auch gern sehen.«
Der Chefarzt hatte nichts dagegen, und so kam es, daß Ingo sich ein kleines Mädchen ansah, und etwas später ging Susanne mit ihm auf die Kinderstation, um einen Blick auf seinen schlafenden Sohn zu werfen.
*
Susanne Brühl beugte sich über die Wiege. Da lag ihr kleines Mädchen und schlief friedlich. Die Hände hatte es zu Fäustchen geballt. Sie konnte nicht anders, vorsichtig berührte sie den dunklen Flaum, der sich auf dem Köpfchen bildete. Sie hatte das Gefühl, nie ein schöneres Kind gesehen zu haben. Ihre Augen wurden feucht. Es waren Tränen des Glücks. Sie hatte für sich und ihr Kind ein Zuhause gefunden.
»Manuela«, flüsterte sie leise, dann hob sie den Kopf. Durch das geschlossene Fenster drang nur gedämpft die Musik ins Zimmer. Ihr Lächeln vertiefte sich. Ingo hatte es sich nicht nehmen lassen, sein Versprechen wahrzunehmen. Heute fand am Ufer des Sees ein großes Fest statt. Wenn es dunkel war, sollte es mit einem Feuerwerk enden.
Leise verließ Susanne das Zimmer. Sie wußte, daß sie bereits ungeduldig erwartet wurde. Und so war es auch. Patrick saß mit einer Hotelangestellten auf der Bank vor dem Haus. »Tante… Tante«, rief er, als er sie sah. Dann rutschte er blitzschnell von der Bank und lief auf sie zu. Susanne konnte gerade noch rechtzeitig ihre Arme ausbreiten, um ihn aufzufangen.
Patrick schmiegte sich an sie, und Susanne wurde es warm ums Herz. Sie hatte den Kleinen sofort liebgewonnen, und es war sehr schön für sie zu sehen, daß dieser ihre Zuneigung erwiderte.
»Komm!« Patrick zappelte nun in ihren Armen. »Sehen will…« Er legte das Köpfchen schief, sah sie dabei so treuherzig an, daß Susanne ihm rasch noch ein Küßchen gab.
»Gehen Sie nur«, meinte die Hotelangestellte. »Ich bleibe hier. Ich sehe schon nach der kleinen Manuela.«
»Danke!« Susanne wußte, daß Ingo Frehner dies angeordnet hatte. Er wollte, daß sie am Fest teilnahm.
Susanne wußte nicht, wie schön sie aussah, als sie mit Patrick an der Hand über die Wiese lief. Sie war aufgeblüht, sie mußte keine Angst mehr vor der Zukunft haben. Da Angela Wunter nicht mehr hier war, hatte Patrick ein neues Kindermädchen gebraucht. Nur zu gern hatte Susanne eingewilligt, als Herr Frehner ihr diese Stelle angeboten hatte, bedeutete dies doch, daß sie auch für ihr Kind sorgen konnte.
Susanne sah den Chefarzt, der ihr freundlich zulächelte. Es waren auch viele Leute hier, die sie noch nicht kannte. Trotzdem hatte sie nicht das Gefühl, hier eine Fremde zu sein.
»Papi«, krähte Patrick plötzlich. Er ließ Susannes Hand los, sprang seinem Vater entgegen. Ehe sein Vater nach ihm greifen konnte, kehrte er jedoch um und eilte zu Susanne zurück.
»Papi«, rief er erneut. Er hatte wieder Susannes Hand ergriffen, die andere streckte er nun nach seinem Vater aus. Er strahlte über das ganze Gesicht, als er nun zwischen Susanne und seinem Vater stand.
»Papi!« Glücklich sah er zu seinem Vater hoch, dann wandte er den Kopf, sah Susanne an. »Su…« Er hatte Schwierigkeiten mit dem Aussprechen ihres Namens. Er probierte es noch einmal und dann sagte er: »Mami?«