Die Klinik am See Staffel 2 – Arztroman. Britta Winckler

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Название Die Klinik am See Staffel 2 – Arztroman
Автор произведения Britta Winckler
Жанр Языкознание
Серия Die Klinik am See Staffel
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740939724



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blieb er an der Tür stehen.

      Dr. Lindau erhob sich. Er kam hinter seinem Schreibtisch hervor, ging auf den jungen Bauernsohn zu und gab ihm die Hand. »Ich bin froh, daß du gekommen bist. Du bist mit Fräulein Wunter befreundet, nicht wahr?«

      Andy zögerte kurz. Er hielt den Blick gesenkt und vermied es, Angela anzusehen. »Ja«, sagte er dann. »Fräulein Wunter wohnt zur Zeit bei uns.«

      »Andy, du mußt mir helfen.« Angela eilte auf ihn zu. »Ich werde hier beschuldigt…«

      »Fräulein Wunter, wir wollen nicht schon wieder die Tatsachen verdrehen. Sie haben Fräulein Brühl beschuldigt.« Dr. Lindau schüttelte den Kopf. Die Unverfrorenheit dieser jungen Frau überraschte ihn stets aufs neue. Er trat zwischen sie und den jungen Seger. »Andy, das ist Fräulein Brühl!« Er zeigte auf Susanne. »Du erkennst sie sicher wieder.«

      »Natürlich! Geht es Ihnen gut?« Andy wollte zur Couch gehen, um das Mädchen zu begrüßen, doch Angela hängte sich an ihn. Sie schlang ihm ihre Arme um den Nacken.

      »Andy! Sie ist eine ledige Mutter, hat für ihr Kind nicht einmal einen Vater. Sie hat uns wirklich schon genug Schwierigkeiten gemacht.«

      »Und?« wunderte Andy sich. Er fühlte sich unter Angelas Umarmung nicht wohl, wußte jedoch nicht, was er tun sollte.

      »Hast du es vergessen?« Angela schmiegte sich enger an ihn. »Die Polizei war ihretwegen zweimal auf dem Hof. Sie lügt, sie stiehlt.« Ihre rechte Hand streichelte seinen Haaransatz. Sie versuchte, ihn wieder in sich verliebt zu machen. »Du weißt, daß ich ins Krankenhaus wollte. Ich wollte Patrick besuchen, ihm ein Geschenk mitbringen.« Sie sah ihm ins Gesicht, wartete auf seine Bestätigung.

      Andy nickte. Da fuhr sie erleichtert fort: »Ich habe einen großen, weißen Teddybären für Patrick gekauft. Und dann, dann hat sie mich bestohlen!« Angela löste sich von ihrem Freund, anklagend zeigte sie auf Susanne. »Sie bestreitet es natürlich. Aber sie hat die hundert Mark. Ich habe sie in ihrer Handtasche gesehen.«

      Andy verstand nicht. Er trat zur Seite, um zwischen sich und Angela etwas Abstand zu bringen, dann sah er fragend den Chefarzt an.

      »Fräulein Wunter bezichtigt Fräulein Brühl des Diebstahls«, sagte dieser. »Ich habe dich um dein Kommen gebeten, weil…«

      »Lassen Sie das doch mich erklären«, fiel Angela dem Chefarzt ins Wort. Hastig sprach sie weiter: »Es geht um hundert Mark. Du weißt doch, daß ich zweihundert Mark eingesteckt habe? Hundert Mark habe ich gewechselt, den anderen Hundertmarkschein hat sie.« Wieder zeigte sie auf Susanne, um dann beschwörend Andy anzusehen.

      Andy wußte nicht, wie ihm geschah. Angelas Anblick brachte wie stets sein Blut in Wallung, doch er spürte, daß irgend etwas nicht stimmte. Er drehte den Kopf zur Seite, versuchte, alles in die richtige Reihenfolge zu bekommen.

      »Andy, was hast du? Du glaubst mir doch?«

      Irgendwie verfehlte die schmollende Stimme diesmal ihre Wirkung. Andy fiel der Vater ein, er hatte ihn vor Angela gewarnt. Er war sich dessen nicht bewußt, aber er seufzte laut und deutlich.

      Angela, die Andy nicht aus den Augen gelassen hatte, biß sich in die Unterlippe. Warum half er ihr denn nicht? Er wandte sich jetzt unsicher an Dr. Lindau. »Herr Doktor, warum haben Sie mich gebeten zu kommen?«

      Angela hielt den Atem an. Ja, begriff er denn nicht? Vergebens versuchte sie, ihm mit den Augen ein Zeichen zu geben, er sah nicht zu ihr her.

      »Es geht um die besagten hundert Mark«, sagte Dr. Lindau. »Fräulein Wunter sagte, daß du bezeugen kannst, daß sie zweihundert Mark dabei hatte.«

      »Ich… Angela wollte ein Geschenk für Patrick kaufen.«

      »Genau! Und ich hatte zweihundert Mark dabei.«

      »Kannst du das bestätigen?« fragte Dr. Lindau. Er hoffte, daß Andy das nicht konnte. Für ihn stand fest, daß Susanne Brühl keine Diebin war. Wie sollte er jedoch gegen Fräulein Wunters Behauptung ankommen?

      »Ich…« Andy sah jetzt doch zu Angela hin, dann senkte er die Lider. Seine Ehrlichkeit siegte. »Ich weiß nicht, wieviel Geld Angela, Fräulein Wunter, bei sich hatte.« Er machte ein paar Schritte auf Angela zu. »Warum sagst du, daß ich es weiß? Wir haben überhaupt nicht über Geld gesprochen.«

      »Du glaubst mir also auch nicht? Und dabei willst du mein Freund sein! Auf so eine Freundschaft kann ich verzichten. Ich reise ab. Von Auefelden habe ich endgültig genug!« Ihr Ausbruch kam unerwartet. Andy starrte sie genauso verwirrt an wie Susanne.

      In diese Situation platzte Ingo Frehner. Er hatte kurz zuvor von Angelas Besuch bei seinem Sohn erfahren. Er war ärgerlich und nahm daher kein Blatt vor den Mund. Ohne die anderen Anwesenden zu beachten, fuhr er sie an: »Was tust du hier? Ich habe angeordnet, daß man dich nicht mehr zu Patrick läßt.«

      Selbst Angela, die sich gern etwas vormachte, begriff, daß es für sie hier nichts mehr zu holen gab. Sie hätte gern das letzte Wort behalten, aber es fiel ihr nichts mehr ein. So drehte sie sich auf dem Absatz um und stürmte aus dem Büro. Laut schlug die Tür hinter ihr zu.

      *

      »Das war’s!« Dr. Lindau rieb sich die Hände. »Ich hoffe, Andy, daß du darüber hinwegkommst. Diesem Mädchen wärst du nicht gewachsen gewesen.«

      Andy nagte an seiner Unterlippe. Beinahe wäre er Angela nachgelaufen. »Papa meinte auch, daß sie eine… eine…« Er verzichtete auf den Ausdruck, grinste nur verlegen.

      »Kopf hoch, Andy!« Ingo Frehner klopfte dem jungen Burschen auf die Schulter. »Inzwischen ist mir klar, daß sie es auf mich abgesehen hatte. Sie wollte meine Frau werden. Andy, ich glaube, wir beide sind mit einem blauen Auge davongekommen. Du bist übrigens auch zu dem Fest eingeladen, das ich gebe. Da machen wir ein Faß auf! Ich finde, ich habe eine Menge Gründe zu feiern. Der wichtigste jedoch ist, daß Patrick wieder ganz gesund wird.«

      »Ich hätte da noch einen Gast für Sie, Herr Frehner«, meinte Dr. Lindau. »Darf ich Ihnen Susanne Brühl vorstellen?« Er lächelte Susanne an. »Fräulein Brühl, machen Sie nicht so ein Gesicht. Jetzt ist alles in Ordnung. Ich habe keinen Augenblick lang daran geglaubt, daß Sie eine Diebin sind.«

      Susanne, die sich erhoben hatte, ließ sich wieder auf die Couch fallen. Sie konnte nicht anders, jetzt, da alles vorbei war, kamen die Tränen. Sie verbarg das Gesicht zwischen den Händen und ihre Schultern zuckten in verhaltenem Weinen.

      »Hat Angela da auch ihre Hände im Spiel gehabt?« fragte Ingo. Er sah auf die weinende junge Frau.

      Mit wenigen Worten erzählte Dr. Lindau das Vorgefallene. Ingos Miene verfinsterte sich. Man sah ihm an, daß er Angela, hätte er sie in die Hände bekommen, am liebsten erwürgt hätte. Er trat zu Susanne.

      »Hören Sie auf zu weinen, bitte! Ich kann Sie verstehen. Angela kann einem das Leben schon schwermachen. Das alles ist meine Schuld. Ich habe sie nach Auefelden geholt, habe ihr sogar meinen Sohn anvertraut.« Seine Lippen preßten sich aufeinander, dann stieß er hervor: »Ich war ein Narr!«

      »Ich schlage vor, wir setzen uns alle, und dann, Fräulein Brühl, erzählen Sie uns von Ihren Sorgen. Von Fräulein Wunter werden Sie nicht mehr belästigt werden.«

      »Sie sind so nett, Herr Doktor!« Susanne fuhr sich über die Augen. »Sie waren auch am Telefon so freundlich. Ich habe das gar nicht verdient. Ich war so dumm!« Wieder kamen ihr die Tränen und rollten ihr über die Wangen. »Ich wollte nicht, daß mein Kind… Es sollte es gut haben. Wohin hätte ich mit ihm sollen?« Von heftigem Schluchzen immer wieder unterbrochen, mußte sie öfter innehalten.

      »Bitte, Fräulein Brühl, Sie müssen versuchen, zusammenhängend zu erzählen«, meinte Dr. Lindau.

      »Ich kann nicht! Ich schäme mich. Ich war so dumm!«

      »Da kann ich nicht widersprechen«, meinte Dr. Lindau. »Das dümmste, was Sie getan haben, war, von hier wegzulaufen.«

      »Was hätte ich sonst tun sollen? Ich dachte,