Название | Togt |
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Автор произведения | Edeltraud-Inga Karrer |
Жанр | Контркультура |
Серия | |
Издательство | Контркультура |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783347144729 |
Sein Bekanntheitsgrad wuchs enorm und wo er auftauchte, war er der Mittelpunkt, umgeben von einem Schwarm menschlicher ›Schmeißfliegen‹, die sich durch die Nähe zu ihm aufgewertet glaubten und ein kleines bisschen des ihm entgegengebrachten Ruhmes erheischen wollten. Er wurde umjubelt, mit allen erdenklichen Ehrungen überschüttet und räkelte sich in dieser Ovationswonne.
Als ihm eines Tages die eigene Anbetungswürdigkeit zu Kopf gestiegen war, wurde er leichtsinnig und eine von ihm kurzerhand in den hörigen Orbit gerufene Idee erwies sich für die reichlich vorhandenen Profitgeier, die bis dahin sehr viel Geld durch ihn verdient hatten, als riesengroßer Flop. In kürzester Zeit waren deren Ehrbezeugungen und ihre fast schon hündische Unterwürfigkeit beendet. Sie ließen ihn fallen, so wie die berühmte ›heiße Kartoffel‹.
Die Rechnung, die ihm nun präsentiert wurde für all die Macht und Ehre, die er von allen Seiten her erfahren hatte, war sehr hoch.
Er verschwand wieder in seiner Bedeutungslosigkeit und sein Tod war kaum eine Randnotiz in der Regionalzeitung wert.
Kurze Zeit später betrat der nächste ›Star‹ die Bühne der Welt!
* * *
»Ich bin froh, dass du endlich da bist! In meinem Kopf drehen sich die Gedanken wie ein Karussell! Ich hab keine Ahnung, wie wir das hinkriegen sollen.«
»Du bist doch Vollblutpolitiker. Bis heute warst du noch niemals an meiner Meinung interessiert. Also, jetzt hast du mich aber neugierig gemacht, wenn selbst du nicht mehr weiter weißt.«
»Ich hab dich gebeten, zu mir zu kommen, weil ich in der falschen Partei bin!«
»Hab ich dir doch schon immer gesagt!«
»Mensch, Wolfgang, nun hör mir doch erst einmal zu! Der Typ von der chemischen Industrie war wieder bei mir. Du weißt doch, der, der den Unfall beobachtet hat. Hab dir doch damals von dem erzählt.«
»Ach, du meinst diese Geschichte, wo du den Jungen umgenietet hast und einfach abgehauen bist? Das war schon ein Hammer. Ich hätte gar nicht gedacht, dass du so ein Schwein sein kannst und das alles für die Kohle, die du für dein Abgeordnetenamt abkassierst! So, und nun hast du den Kerl im Nacken! Viel Spaß!«
»Ja, Mann, ich verstehe gar nicht, warum der gerade jetzt damit kommt. Warum hat der bloß so lange geschwiegen?«
»Echt, das fragst du dich? Das liegt doch wohl auf der Hand. Der hat das Ass bis heute schön im Ärmel gelassen, damit er dich mit dieser Sache erpressen kann, wenn er es braucht. Ein kluges Kerlchen! Und der Zeitpunkt ist nun gekommen. Das ist doch wohl alles sonnenklar.«
»Ja, ist ja alles recht und schön, aber was soll ich machen? Er will unbedingt, dass die Genehmigung für sein neues Teufelszeug durchgeht. Das krieg ich doch in meiner grünen Partei niemals hin! Du bist mein Freund. Fällt dir was ein?«
Sein Partner kann sich das Lachen nicht mehr verkneifen. »So, so, ich bin also dein Freund!«, prustet er los. »Komisch, dass dir das immer einfällt, wenn du was von mir willst. Ansonsten sagst du mir den Kampf an. Was soll ich bloß davon halten?«
»Werner, komm, du weißt doch genau, wie das bei meinen Parteigenossen ankommt, wenn ich mit dir Händchen halte. Lass mal deine Kontakte spielen. Ihr von den Schwarzen habt doch sicher irgendeine Möglichkeit. Wenn es darüber zur Abstimmung kommen würde, könnte ich bestimmt den einen oder anderen aus meiner Partei überreden, sich zu enthalten. Wenn ihr dann so ziemlich alle geschlossen für den Antrag seid, müsste es klappen!«
»Dir geht aber der Hintern ganz schön auf Grundeis! Du, ich kann dich gut verstehen. Aber wo wir gerade so schön dabei sind, mein lieber Jürgen: Wie sieht es eigentlich mit dem Bauplatz für die Mülldeponie aus? Das geht ja gar nicht – angeblich! Wenn ich mir das so recht überlege, bekommt die Sache ja gerade eine ganz neue Wendung. Ich bin sicher, du wirst es hinbiegen, dass ihr doch zustimmt. Kann ja ruhig zähneknirschend sein, Hauptsache, es funktioniert. Denk mal darüber nach. Du weißt doch, eine Hand wäscht die andere.«
Natürlich gingen beide Vorhaben in Ordnung. Es gibt immer Mittel und Wege. Man muss nur ein bisschen phantasievoll und pfiffig sein.
Dann war da noch das kaum zu lösende Problem der Koalitionäre, die schon seit bestimmt zehn Jahren miteinander verbandelt waren. Es war die Opposition, die plötzlich aus dem Nichts auftauchte und viel zu viel Zuspruch aus dem Volk bekam. Sie wurde bei jeder Umfrage stärker und stärker und das kurz vor der Wahl! Die Stimmung bei den Wählern hatte sich zu Ungunsten der bisherigen Parteien verändert.
Wie konnte man dieser Entwicklung Einhalt gebieten? An Eigenverantwortlichkeit für diese Quittung der Wähler dachte man natürlich nicht. Sie mussten irgendeine Möglichkeit finden, sie kaltzustellen, ohne dass ihre Taktik von jedermann durchschaut werden würde.
Die Medien wurden zuerst instruiert. Sie berichteten fast durchweg regierungsfreundlich. Jetzt reichte das allein nicht mehr aus. Sie mussten sich auf die Opposition stürzen und sie irgendwie diskriminieren oder Gerüchte in die Welt setzen, die diese in eine sehr üble Ecke stellen würden.
Natürlich war die rebellische Partei, so wurde sie von den Etablierten gesehen, nicht blauäugig. Sie traf Vorkehrungen, damit dem Wahlbetrug möglichst der Boden entzogen werden konnte. So entsandten sie in alle Wahllokale Beobachter.
Es dachten sich die Regierenden aus, die Briefwahl zum Betrug zu nutzen. Wer wusste schon, wer wo sein Kreuz hingesetzt hatte?
Dazu brauchten sie nur folgsame Wahlhelfer. Die waren unter den jungen Leuten schnell ausgemacht, die ebenfalls daran interessiert waren, die gemeinsamen Feinde zu erledigen. Es hatte sich bei den Nichtsnutzen herumgesprochen, dass mit dem Eintritt der gehassten Partei in die Regierung ein ganz neuer Wind wehen würde. Nicht nur für die bisherigen Nutznießer der Laissez-faire-Haltung im jetzigen Parlament, auch und eben für die bislang sehr gut von dieser Einstellung lebenden jungen Faulenzer, die durch die Regierung subventioniert wurden, drohte eine ganz unangenehme Situation einzutreten. Das konnten sie nicht zulassen! Da waren sich beide Seiten einig.
Der schöne hinterhältige Plan der Etablierten ging nicht auf. Und so saßen sie da, die nie da sitzen sollten, und die übrigen Mitglieder des Parlaments mussten sich unangenehmen Fragen stellen. Es wurden Lügen aufgedeckt, Vetternwirtschaft ans Licht gebracht und das ganze politische Leben machte den Abgeordneten der bisherigen Parteien keinen wirklichen Spaß mehr.
Mit dem Hin- und Herschieben der Ämter und günstigen Positionen klappte es auch nicht mehr so recht. Das ganze Parlamentstheater wurde stetig durchschaubarer. Die Menschen verloren zusehends das Vertrauen in ihre Volksvertreter. Einzig die lange Zugehörigkeit oder die Tradition hielten manche Wähler noch bei der Stange. Aber auch das würde sich mit der Zeit und der Menge der Fehlentscheidungen, die die neue Fraktion aufdeckte, überleben.
Da eine Fortsetzung der bisherigen Parlamentsarbeit in dem Stil, den sie gewohnt waren, nicht mehr stattfinden konnte, fand man einen perfiden undemokratischen Weg, die »Ungeliebten« wieder loszuwerden. Man versuchte, sie lächerlich zu machen. Vor allem in den öffentlichen Sitzungen wurden ihre Gesetzesvorlagen als stümperhaft und nicht ausgereift hingestellt. Sie waren eben die Neuen, die von der korrekten Vorgehensweise in der Oppositionsarbeit keine Ahnung hatten. Gönnerhaft wurden ihre kleinen Patzer von den etablierten Abgeordneten wieder ›ausgebügelt‹ oder als bösartige Provokationen diffamiert.
Demokratisch gewählte Abgeordnete wurden attackiert, zusammengeschlagen, an genehmigten Kundgebungen gehindert, ihre Autos abgefackelt, Häuser beschmiert und Familienmitglieder bedroht. Der Phantasiereichtum der parasitären Masse war fast unbegrenzt und wurde gut dotiert.
Der Initiator dieser Entwicklung sagte zufrieden: »Na endlich fällt ihnen etwas Sinnvolles ein.«
Doch schon Mahatma Gandhi hatte vorhergesehen: »Zuerst ignorieren sie dich, dann lachen sie über dich, dann bekämpfen sie dich und dann gewinnst du.« Durch diese Worte inspiriert und ihren Idealen nachstrebend hielten die Gegner der Regierung alle Angriffe und Schäden aus.