PRIMORDIA 2 - Die Rückkehr zur vergessenen Welt. Greig Beck

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Название PRIMORDIA 2 - Die Rückkehr zur vergessenen Welt
Автор произведения Greig Beck
Жанр Языкознание
Серия Primordia
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783958354210



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für diese wenigen Tage entstand ein Portal, das direkt in die Hölle führte.

      Emma saß wie gelähmt da, als ihre Gedanken sie in ihre Expedition aus dem Jahr 2018 zurückführten. Sie und ihre Freunde waren 100 Millionen Jahre in die Vergangenheit transportiert worden oder diese Vergangenheit war zu ihnen gebracht worden.

      Sie hatte in den letzten Jahren versucht, Antworten von Physikern, Theoretikern und sogar Science-Fiction-Autoren zu bekommen und sich selbst in Quantenmechanik einzulesen. Doch all das hatte sie eher noch mehr verwirrt, als dass es geholfen hätte. Was auch immer die Erklärung war, dieses Höllenloch hatte in kaum mehr als 24 Stunden alle ihre Freunde umgebracht, und sie war die Einzige gewesen, der die Flucht gelungen war.

      Emma hatte längst aufgegeben, Menschen von ihrer Version der Geschehnisse überzeugen zu wollen. Nur Bens Mutter, Cynthia, hatte ihr geglaubt, und so war Emma schnell klar geworden, dass es ganz allein an ihr lag, Ben zu retten. Als sich das Portal geschlossen hatte, war Ben vom Rest der Welt abgeschnitten worden, und das nur, weil er ihr die Flucht ermöglicht hatte. Nun musste er jeden Tag mit diesen urzeitlichen Monstern verbringen, und sie betete jeden Tag, dass er überleben möge.

      Sie schüttelte den Kopf, um auf andere Gedanken zu kommen, und schaute sich die Ergebnisse ihrer Suche an. Sie war sich nicht einmal sicher, wonach sie überhaupt schauen sollte, doch nun hatte sie über zweihundert Ergebnisse, die bis ins 18. Jahrhundert zurückreichten. Schnell überflog sie jeden einzelnen Artikel und warf alles heraus, wo es um Handel, Politik oder Kriege ging. Nach dreißig Minuten hatte sie die Liste auf Daten reduziert, in denen es um merkwürdige Wettervorkommnisse ging, verschwundene Personen oder unerklärbare Funde im Dschungel.

      Sie fand sogar einen Artikel über die Benennung eines neuen Kometen im späten 18. Jahrhundert. Primordia. Sie flüsterte den Namen und hasste seinen Klang sofort.

      Dann öffnete sie einen Artikel aus der New York Times, der aus dem Jahr 1908 stammte. Die Überschrift lautete: Präsident Roosevelt lobt Belohnung für Riesenschlange aus.

      Sie las weiter. Theodore ›Teddy‹ Roosevelt war der 26. Präsident der Vereinigten Staaten gewesen, außerdem ein Entdecker, Soldat und Naturfreund. Offenbar hatte er Gerüchte von einer gigantischen Schlange im Amazonas gehört und eintausend Dollar Belohnung auf dieses Tier ausgesetzt. Faszinierenderweise wurde dieses Angebot erst im Jahre 2002 zurückgezogen und stand zu dieser Zeit bei 50.000 Dollar.

      Sie erinnerte sich daran, wie Ben und sie darüber sinniert hatten, ob so ein prähistorisches Tier von dem Plateau entkommen könnte. Es wäre dann ein Einzelgänger, aber potenziell auch der Stoff, aus dem Legenden entstehen. Die rankten sich schließlich um jeden Dschungel.

      Als Nächstes fand sie eine Kolumne aus dem Jahr 1928, die sich um eine Expedition drehte, die den im Amazonas verschollenen Entdecker Percy Fawcett wiederfinden sollte. Besonders spannend daran war, dass Fawcett behauptet hatte, eine Anakonda erlegt zu haben, die über zwanzig Meter lang gewesen sein soll. Zudem wollte er riesige Fußabdrücke gefunden haben, die seiner Schilderung zufolge vom Anbeginn der Zeit stammten.

      Vom Anbeginn der Zeit. Emma spürte, wie ihr ein Schauer den Rücken herunterlief. Sie glaubte ihm auf jeden Fall, doch vermutlich war sie damit allein.

      Auch die nächste Geschichte aus dem Jahr 1948 war höchst spannend: Leutnant John Carter von der USS Bennington war mitsamt seines Corsair-Kampfflugzeugs verschwunden. Emma seufzte, als sie sich an ihn erinnerte. »Für mich bist du nicht verschwunden, ich weiß ganz genau, wo du bist«, dachte sie und lächelte traurig berührt. »Danke, dass du uns dein Flugzeug geliehen hast, Leutnant Carter. Wir haben es zumindest versucht.«

      Emma legte den Kopf in den Nacken und schloss die Augen, die sie sich daraufhin zu reiben begann. »Wonach suche ich überhaupt?«, fragte sie in Richtung Decke.

      Etwas, irgendwas. Sie brauchte Informationen über Wege, die auf den Tafelberg führten – oder von ihm herunter. Oder einen Hinweis darauf, dass man auch schon früher das unsichtbare Portal durchqueren konnte, ohne eine Dekade zu warten. Ein winziger Beweis für das alles würde ihr schon reichen.

      Doch sie fand nichts.

      Daraus schloss sie, dass ein solches Vorkommnis, so haarsträubend es auch sein mochte, einfach unter dem Radar blieb, wenn es nur alle zehn Jahre einmal im entlegensten Winkel der Welt passierte.

      Sie öffnete ein weiteres Fenster auf ihrem Computer und suchte nach Informationen über Südamerika vor 100 Millionen Jahren. Eines der Ergebnisse führte zu einer Simulation, die die Bewegung der tektonischen Platte anzeigte, und sie startete das Programm. Es zeigte die Formation des letzten Superkontinents, den man Pangäa nannte. Vor etwa 175 Millionen Jahren fing er an, auseinanderzubrechen. Vor 100 Millionen Jahren hatte Südamerika bereits seine heutige Form, doch faszinierenderweise war es nur einige wenige hundert Kilometer von der Westküste Afrikas entfernt.

      Sie lehnte sich näher an den Bildschirm und betrachtete die Landmasse, die mit tropischem Dschungel bedeckt war. Da bist du, Ben, irgendwo da drin, dachte sie.

      Emma selbst beherrschte die Kunst des Extremkletterns, deswegen war es für sie kein Problem, auf das Plateau und wieder herunter zu kommen. Doch sie musste einen Weg finden, ein Team mitzunehmen, das nicht so beweglich war. Sie legte eine Hand auf ihr Kinn und überlegte.

      »Wir können nicht wieder klettern.« Sie massierte ihren Unterkiefer und starrte ins Leere, wobei ihr Hirn arbeitete. »Fliegen geht auch nicht, weil alle Instrumente ausfallen. Es muss doch eine andere Möglichkeit geben«, überlegte sie.

      Emma trommelte mit ihren Fingern auf der Tischplatte, dann sprang sie plötzlich auf, schnappte sich ihre Sachen und stürmte nach draußen. Plötzlich hatte sie eine Idee und nur noch ein paar Monate, alles vorzubereiten. Die Uhr tickte, denn der Komet war bereits auf dem Weg.

      KAPITEL 7

      Ben hob langsam seinen Kopf aus dem Schlamm und öffnete ein Auge. Raubtiere jagten nach Formen, die sie kannten, und dazu gehörte alles, was zwei Augen hatte. Vor allem solche mit weißen Augäpfeln wirkten selbst im Dunklen wie Neonreklame.

      Um zu überleben hatte er all sein Wissen reaktiviert, das er bei den Special Forces erlangt hatte. Er wusste jedoch, dass die Gegner, denen er hier gegenüberstand, hundert- oder sogar tausendfach empfindlichere Sinne besaßen als jeder menschliche Feind, mit dem er je zu tun gehabt hatte.

      Er öffnete auch noch das andere Auge und suchte erst den Boden mit seinen Blicken ab, dann schaute er nach oben in die Baumwipfel, von denen riesige Farnblätter wie grüne Wasserfälle herunterhingen.

      Schließlich wanderte seine Aufmerksamkeit zurück zu den drei Kreaturen in Truthahngröße, die sich über heruntergefallene Beeren hermachten. Sie hatten Schnäbel, ihre Körper waren jedoch plump und mit schuppiger Haut statt Federn bedeckt. Ihre Stummelbeine endeten in dreistrahligen Klauen, die mit Krallen bewehrt waren. Ihre stumpfen Augen rotierten ständig auf eine merkwürdige Art, die ihn an Chamäleons erinnerte. Pausenlos hielten sie Ausschau nach Raubtieren.

      Ben ging gedanklich noch einmal seinen Plan durch: Er würde sich näher heranschleichen, einen von ihnen aufspießen und dann mit der Beute zurück in seinen Unterschlupf verschwinden. Sein Magen knurrte schon, er brauchte etwas zu essen. Und selbst wenn er ein paar Beeren und Grünzeug gefunden hatte, die er verdauen konnte, brauchte er Proteine als Energielieferant, vor allem, um seine Muskelmasse zu erhalten. Hier überlebten nur die Stärksten.

      Langsam arbeitete er sich voran, wobei er seine Bewegungen immer wieder stoppte, um nicht als Jäger wahrgenommen zu werden. Als er in Reichweite war, erhob er sich langsam auf ein Knie. Den Fuß platzierte er sicher im Schlamm, der zwischen seinen Zehen schmatzte. Er spannte die Muskeln in seinem Arm an, nahm all seine Konzentration zusammen, und dann … brach plötzlich etwas durch die Farne und kreischte so laut, dass Ben vor Schreck hintenüberkippte. Er warf sich in den Schlamm.

      Das Ding war gute zwei Meter hoch und bestand aus einem eckigen Kopf mit messerscharfen Zähnen sowie einem Körper, der mit einem braun-grünen Tigermuster überzogen war,