Название | PRIMORDIA 2 - Die Rückkehr zur vergessenen Welt |
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Автор произведения | Greig Beck |
Жанр | Языкознание |
Серия | Primordia |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783958354210 |
Sie trugen Jeans und Leder, so mancher hätte sie vielleicht für Biker halten können. Sie hatten allerdings nur Stoppeln statt üppiger Bärte und ihre Haare waren zu Bürstenschnitten getrimmt.
Die Tür öffnete und schloss sich hinter Emma, doch sie ignorierte das und konzentrierte sich weiter auf die Männer. Für ihr Befinden sahen sie genauso aus, wie sie es erwartet hatte – ehemalige Soldaten, die entweder beurlaubt oder entlassen worden waren, oder selbst gekündigt hatten. Sie sah, dass einer von ihnen die Ärmel hochgekrempelt hatte, sodass ein auffälliges Tattoo auf seinem Unterarm sichtbar war: Ein Totenkopf, der von einem Schwert durchstoßen wurde und ein Barett trug – dieser Mann hatte zu den Special Forces gehört.
Das sind sie, dachte sie und marschierte schnurstracks auf den Tisch zu. Vier Augenpaare wandten sich ihr zu – musternd, einschätzend, amüsiert vielleicht, aber keinesfalls alarmiert oder abweisend.
»Mein Name ist Emma Wilson. Ich bin die Freundin von Ben Cartwright.«
Die Augen der Männer verengten sich. »Hat er dich hergeschickt?« Der Mann mit dem Tattoo stellte vorsichtig sein Bier ab.
»Auf eine Art schon«, antwortete sie.
»Du meinst also, du warst seine Freundin.« Seine Augen wanderten zurück zu ihr und sein Unterkiefer schob sich nach vorn.
Emma ließ sich nicht beirren. »Nein, ich bin seine Freundin. Ich bin sicher, dass er noch lebt, und ich glaube, nein, ich weiß, dass er eure Hilfe braucht.«
Ein anderer Mann, dessen Bürstenschnitt einen rotblonden Touch hatte, wandte sich ihr zu: »Jetzt weiß ich, wer du bist! Die Tante, die mit unserem guten, alten Big Ben in den Amazonas gefahren ist … und die als einzige diese Expedition überlebt hat!« Sein Blick bohrte sich in ihre Augen. »Acht gehen rein, nur eine kommt raus – du. Was für ein Glück!«
Der Tattoo-Mann hob sein Kinn. »Wie kann es sein, dass es ein Special-Forces-Mitglied wie Captain Cartwright nicht da raus schafft, aber ein kleines Mädchen wie du schon?«
»Also, erstens bin ich kein kleines Mädchen!« Sie starrte die Männer herausfordernd an. »Und zweitens lebe ich noch, weil er mich gerettet hat! Ohne ihn würde ich heute nicht mehr leben. Im Endeffekt ist er dort gefangen, weil er mir die Flucht ermöglicht hat.« Emma stützte ihre Fingerknöchel auf die Tischplatte. »Ich habe geschworen, dass ich ihn rette, und das werde ich verdammt noch mal auch tun!« Sie richtete sich auf. »Aber ich brauche Hilfe.«
Die Männer grinsten und der mit dem Tattoo schnaubte, woraufhin er sich einen Schluck Bier genehmigte – einen großen. Er schüttete beinahe ein Drittel seines Glases in sich hinein. »Wir brauchen alle Hilfe mit irgendwas, Darling.«
Emma war in den vergangenen Jahren öfter in Bens Wohnung gewesen und hatte seine Briefe, seine Aufzeichnungen und alte Fotos studiert. Dadurch wusste sie, dass diese Jungs aus seiner Einheit das waren, was besten Freunden am nächsten kam.
Sie verschränkte die Arme. »Wenn einer von euch in der Klemme stecken würde, dann würde Ben keine Sekunde verschwenden, euch zu helfen. So war er; allzeit bereit für seine Freunde.«
Der Tattoo-Mann schnaubte erneut, diesmal sah er allerdings deutlich weniger entspannt aus. »Schau mal, Ben ist so was wie ein Waffenbruder für mich. Damals wäre ich für ihn gestorben. Aber es ist neun Jahre her. Ich weiß nicht, was mit ihm passiert ist, oder mit dir und all deinen Freunden. Aber man verschwindet nicht einfach zehn Jahre im Amazonas und spaziert dann wieder raus. Weißt du, was ich damit sagen will?«
Emma grinste ihn herausfordernd an. »Was, wenn ich dir sagen würde, dass es in ein paar Monaten eine Gelegenheit gibt, ihn zu retten? Dass er dann auf uns warten wird? Ich weiß es ganz sicher.«
Für einen Augenblick saßen die Männer einfach nur da und starrten sich an. Die Mundwinkel des Special-Forces-Typen wanderten nach unten. »Gewöhne dich an den Gedanken, Kleine: Er ist tot.« Er seufzte. »Wenn es eine Chance geben würde, dass er noch lebt …« Er zuckte mit den Schultern. »Wir haben keine Zeit, auf irgendeine wilde Schnitzeljagd im sogenannten Herzen der Finsternis zu gehen.« Er schaute auf. »Der Amazonas frisst Menschen. Aber das weißt du schon, oder?«
»Ja, das weiß ich. Und genau deswegen brauche ich euch! Ich schätze mal, wir reden hier über ein paar Wochen Arbeit, plus Vorbereitung.« Sie fing an zu grinsen. »Und ich weiß, dass ein Tausender pro Tag für jeden von euch kein schlechter Lohn ist, um auf eine Schnitzeljagd zu gehen!«
Die Männer schauten sich überrascht an, doch dann landete sie einen weiteren Volltreffer: »Dazu gibt es einen Bonus von einhunderttausend Dollar für jeden von euch … wenn wir zurückkommen.«
Der Rothaarige verschluckte sich und richtete sich auf. Der Tattoo-Mann hob sein Bier und leerte es mit einem Zug, dann schob er das Glas wieder auf den Tisch. »Okay, jetzt hast du unsere Aufmerksamkeit.« Er reckte ihr eine riesige Pranke entgegen. »Drake Masterson.« Er deutet auf den Rothaarigen neben sich. »Fergus O'Reilly«, dann auf den nächsten, der die Hautfarbe dunklen Kaffees hatte und dem eine Ohrmuschel fehlte: »Brocke Anderson.« Als letzten nannte er den Jüngsten, aber vielleicht Kräftigsten. Der Mann sah deprimiert aus und hatte etwas in seinem Blick, das sie als Misstrauen interpretierte. Drake deutete mit dem Daumen auf ihn: »Last but not least, das ist Ajax Benson.«
Der Hüne lächelte, doch es war kein Funken Humor oder Freundlichkeit in dieser Geste. Als sich seine Lippen öffneten, entblößte er einen silbernen Schneidezahn.
Sie nickte jedem der Männer zu. »Emma. Emma Wilson.«
Fergus griff hinter sich und zog einen Stuhl vom Nebentisch heran. »Wir haben noch nicht ja gesagt. Aber wie Drake schon sagte, du hast unsere Aufmerksamkeit. Setz' dich und erzähle uns mehr.«
»Klar«, meinte sie und dachte, dass sie die Jungs so gut wie in der Tasche hatte. Sie wandte sich der Bar zu. »Noch eine Runde, für mich das gleiche!«
***
Camilla Ortega rutschte auf einen freien Barhocker und bestellte sich einen Scotch. Dann wechselte sie den Platz und setzte sich ans andere Ende des Raumes, von wo sie einen direkten Blick auf Emma hatte, die nun mit den Männern an einem Tisch saß.
Frau Ortega war seit zwanzig Jahren Journalistin und arbeitete bei einer der prestigeträchtigsten Zeitungen Südamerikas namens Nacional De Venezuela. Fast die Hälfte ihrer Karriere widmete sie nun schon der Frage, was mit der Cartwright-Expedition von 2018 geschehen war.
Sie nippte an ihrem Drink, während sie die anderen beobachtete. Ihre Theorie war, dass die Amerikanerin sie alle ermordet hatte, um sich in das Herz der alten Frau Cartwright zu mogeln und Alleinerbin ihres Vermögens zu werden.
Die Geschichte hatte sich jedoch als Sackgasse entpuppt, aber dann hatte ihr ein Kontakt in der Ausländerbehörde erzählt, dass Emma Wilson nun wieder Reisen nach Südamerika unternahm, und das hatte Camillas journalistische Sinne angeregt. Wilson hatte etwas vor, das spürte sie ganz genau, und sie wusste auch, dass dies vielleicht ihre letzte Chance war, die Wahrheit herauszufinden.
Camilla trank noch einen Schluck und sah weiter zu. Sie hatte zwar keinerlei Beweise, aber sie wusste, dass Mörder früher oder später immer an den Ort ihres Wirkens zurückkehrten. Und genau das hatte Emma Wilson jetzt vor.
Unauffällig zog Camilla ein Notizbuch und einen Stift aus ihrer Tasche und legte sie neben sich auf einen Stuhl. Sie tat so, als würde sie einfach nur ins Leere starren, dabei hielt sie die Gruppe genau im Blick und machte sich ununterbrochen Notizen. Es gab eine besondere Fähigkeit, die sie im Zuge ihrer Karriere erlernt hatte: das Lippenlesen. Während Emma und die Männer ihre Pläne