Название | PRIMORDIA 2 - Die Rückkehr zur vergessenen Welt |
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Автор произведения | Greig Beck |
Жанр | Языкознание |
Серия | Primordia |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783958354210 |
KAPITEL 5
1948, über dem tiefsten Amazonasdschungel – zur Zeit der Erscheinung des Kometen
Der Gefreite John Carter grinste, als er in seiner Corsair-Kampfmaschine über die Baumwipfel donnerte. Die USS Bennington, der riesige Flugzeugträger der Essex-Klasse, war auf dem Rückweg nach Bermuda, und er und ein paar andere Piloten waren ausgesandt worden, das östliche Gebiet des südamerikanischen Kontinents auszukundschaften.
Im Grunde genommen hatte er einen wirklich sicheren Arbeitsplatz. Der Krieg war seit drei Jahren vorbei und es gab nicht einmal mehr verblendete Einzelkämpfer, die ihnen noch gefährlich werden konnten. Nach dem Ende des Konflikts hatten die meisten Männer und Frauen ihren Kriegsdienst an den Nagel gehängt und ihr normales Leben weitergeführt. Für Carter war das jedoch nichts; er liebte die Navy, er liebte das Fliegen, und deswegen war das hier sein Leben.
Und in diesem Moment spürte er ganz genau, warum das so war: Er ging hinunter und kam dem dichten Urwald noch näher. Dann drückte er den Schubregler nach vorn und spürte, wie der riesige Motor von Pratt&Whitney seine 2000 Pferdestärken mobilisierte. Hier oben war er frei wie ein Vogel, und da der Krieg zu Ende war, konnte er seine Flugstunden ohne jegliche Angst genießen.
Carter war einige hundert Meilen von der Ostküste Venezuelas entfernt und befand sich über nicht kartografiertem Dschungel. Er kicherte in Gedanken – war überhaupt irgendetwas davon schon erforscht? Er machte sich jedenfalls keine Sorgen, denn die Corsair hatte eine Reichweite von tausend Meilen und war so unverwundbar wie John Wayne mit seinem Colt. Okay, die Dinger ließen sich ein bisschen schwer auf dem Flugzeugträger landen, deswegen nannte man sie die Witwenmacher mit den schiefen Flügeln, aber er und seine Maschine waren sich so vertraut wie ein altes Ehepaar.
Carter und fünf seiner Kollegen waren über einen Radius von 250 Meilen verstreut und würden noch 200 weitere fliegen, bevor sie zur Bennington zurückkehrten. Bisher war der Himmel strahlend blau, abgesehen von einem kleinen Fleck am Horizont.
Er kniff die Augen zusammen; das war merkwürdig. Es sah ein bisschen wie ein Sturm aus, befand sich jedoch nur über einem vergleichsweise winzigen Teil des Dschungels. So eine Wetterformation hatte er noch nie gesehen. Er meldete es über Funk und bekam die Freigabe, einen genaueren Blick darauf zu werfen.
Carter stieg auf eine Flughöhe von etwa 500 Metern auf und sah, dass die dicken, lilafarbenen Wolken an einer bestimmten Stelle des Dschungels festzuhängen schienen. Als er näher kam, sah er, dass diese Wetterformation auch nach oben hin begrenzt war. Und was am merkwürdigsten war, sie rotierte, wobei sie nach innen immer dichter wurde. Er flog weiter darauf zu und beschloss, über sie hinwegzufliegen, um einen Blick ins Zentrum dieses schleichenden Wirbelsturms zu werfen.
Das sollte sich als keine gute Idee herausstellen. Sobald er sich über den wogenden Wolken befand, sprangen alle möglichen Warnlampen an und zu seinem Entsetzen fing der Motor an zu stottern.
»Tu mir das nicht an, Baby!«
Doch sie tat es – die Maschine schaltete sich einfach ab.
»Mayday, Mayday, ich stürze ab!« Er warf einen kurzen Blick auf seine Instrumente, um seine Position durchzugeben, doch die Zeiger hingen alle fest.
»Mein Gott!« Er wusste, dass das Funkgerät vermutlich auch nicht mehr funktionieren würde, doch die Dinge, die er in seiner Ausbildung gelernt hatte, übernahmen jetzt das Kommando. Auf etwas anderes konnte er sich auch nicht mehr verlassen.
»Hier ist Leutnant John Carter, letzte bekannte Position 5.9701 Grad nördlich, 62.5362 Grad westlich, etwa 240 Meilen von der venezolanischen Küste entfernt. Der Motor ist ausgefallen, ich stürze ab. Ich wiederhole: Ich stürze ab.«
Carter schaute aus dem Cockpitfenster, als sein Flugzeug in die Wolkenschicht eintauchte. Die Sichtweite sank sofort auf null.
Die Corsair war ein fantastisches und effektives Kampfflugzeug, aber sie konnte nicht gut gleiten. Schnell drehte sich die Nase nach unten und sie nahm Tempo auf.
»Was zum …?« Carter hatte das Gefühl, in den Nebelschwaden die Umrisse anderer Flugzeuge fliegen zu sehen, die jedoch größer waren als seine Maschine.
Er war nun nur noch zweihundert Meter über dem Boden und wusste, dass er keine andere Chance hatte, als auszusteigen. Doch in dem Moment, als seine Hand nach oben ging, um das Glasdach zurückzuschieben, brach er durch die Wolken und sah den Dschungel unter sich.
Aber das war nicht der Dschungel, über den er eben noch geflogen war. Um genau zu sein, sah es wie keiner der Dschungel aus, über die er im Verlaufe seiner Karriere geflogen war. Er bestand aus komischen, riesigen Stämmen, deren Blätter eher aussahen wie überdimensionale Grashalme. Dazu gab es fleischige Farne, spindeldürre Zikaden und in der Ferne einen glitzernden See, der das Licht aus einem langsam wachsenden Loch in der Wolkendecke reflektierte.
Carter war erleichtert, dass die anderen Flugzeuge, die er gesehen hatte, immer noch über die Baumwipfel flogen. Aber Moment, das waren gar keine Flugzeuge, das waren gottverdammt riesige Vögel! Oder besser gesagt riesige Fledermäuse mit Krallen an ihren Flügeln!
Ich verliere den Verstand, dachte Carter.
»Mayday, Mayday«, rief er erneut ins Funkgerät, biss die Zähne zusammen und kämpfte mit dem Steuerhebel. Er war ja schon dankbar, dass er überhaupt noch lenken konnte, doch er brauchte einen Ort, an dem er landen konnte. Er stellte alle Klappen auf, um die schwere Nase der Maschine auszugleichen.
Da – in der Ferne sah er eine Lichtung, die sich direkt an einem Abgrund befand und er begann zu beten, als er darauf zuflog. Im letzten Moment erhob sich etwas aus dem Baumkronendach – ein Kopf auf einem Hals, der bestimmt fünf Stockwerke hoch war. Er wandte sich ihm zu und schaute ihn mit feuchten Augen an, woraufhin Carter erschrocken einen Schrei ausstieß und das Ruder herumriss, um auszuweichen.
Doch die Zeit war um und die Schwerkraft obsiegte. Die Maschine prallte hart auf, säbelte erst noch ein paar Baumwipfel ab und stürzte dann auf die mit Geröll übersäte Lichtung zu. Die Nase war zu tief, und statt zu rutschen, bohrte sie sich in den Boden. Dadurch war die Bremskraft viel zu groß, als dass ein fragiler menschlicher Körper sie hätte aushalten können. Mit unbarmherziger Gewalt wurde Carters Kopf gegen die Instrumentenkonsole geschleudert.
Ich hoffe, sie finden mich, war sein letzter Gedanke, bevor die Dunkelheit ihn für immer umfing.
KAPITEL 6
Universität von Kalifornien, digitales Archiv
Emma saß an einem Schreibtisch und durchsuchte historische Zeitungsartikel. Die Daten, die die Universität zur Verfügung stellte, stammten aus ihren eigenen Sammlungen und reichten hunderte Jahre zurück. Inzwischen war das alles dankenswerterweise digitalisiert, deswegen musste sie nicht mehr mit zusammengekniffenen Augen vor einer riesigen Mikrofilmmaschine sitzen und im Schneckentempo eine Seite nach der anderen betrachten.
Stattdessen konnte sie ganz klare Suchparameter eingeben, und so beschränkte sie sich auf Artikel, die aus Südamerika stammten und nicht älter als dreihundert Jahre waren – beschränkt auf Jahre, die mit einer Acht endeten. Denn das war in Bezug auf Primordia die magische Zahl; die elliptische Umlaufbahn ließ den Kometen exakt alle zehn Jahre wiederkehren. Obwohl das Ereignis nur ein paar Tage dauerte, war sie den Einheimischen schon immer als die feuchteste Regenzeit bekannt.
Bei ihrem letzten Vorkommen war Emma im Amazonas gewesen und sie hatte mit eigenen Augen den Schweif des Kometen am Himmel gesehen, er hatte ausgesehen wie eine silberne Augenbraue. Wenn Primordia seinen erdnächsten Punkt erreicht, den man das Perihelion nennt, geschieht etwas Unglaubliches: Raum und Zeit werden verzerrt, und zwar genau über einem riesigen Tafelberg in Venezuela. Das wollte ihr niemand glauben, doch sie wusste, dass es stimmte. Sie hatte es ja selbst