Science-Fiction-Romane: 33 Titel in einem Buch. Walther Kabel

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Название Science-Fiction-Romane: 33 Titel in einem Buch
Автор произведения Walther Kabel
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9788075835246



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zum Gallegos brachten – auch mit einem bösen Lungenschuß! Jahre schien das zurückzuliegen, und es waren doch nur Monate … Und Coy war tot. Was mir lieb und wert geworden, hat mir das Leben stets wieder genommen.

      Die Drahtzäune mehrten sich. Sie waren halb verschüttet, zum Teil waren die Pfähle umgefallen. Meine Phantasie bevölkerte diese Hürden mit tausenden und abertausenden von Schafen … Ich sah die Schafscherer mit den flinken elektrischen Scheren an der Arbeit … Ich sah noch die elektrischen Leitungen, an den Stangen die weißen Steckdosen. Die Schafe und die Scherer fehlten. Die Farm war tot. Der Drehwurm hatte alles vernichtet.

      An einer Stelle, wo Bell Dingo den Zaun im Sprung genommen, mußte ich einen Umweg machen. So kam ich auf einen Sandberg und konnte durch eine schmale Lücke eines Waldstücks eine flache weite Lichtung überblicken. Ich stand wie angewurzelt. Ich rieb mir die Augen … Hier gab es doch kaum eine Luftspiegelung dieser Art … Nein, das war keine Fata Morgana, das war Wirklichkeit.

      Dort drüben mitten in der Lichtung erhob sich ein riesiges Holzkreuz, an dem irgend etwas Weißes hing.

      Die flimmernde Hitze über dem Boden verzerrte die Konturen, und ich erkannte nicht, was das Weiße war. Aber schon das Kreuz allein stimmte mich nachdenklich. Ob dort Graf Alfonso Ruxa begraben lag?! – Zu Füßen des Kreuzes im hellen Sande bemerkte ich Reihen großer dunkler Steine. Und oben auf dem Mittelbalken gewahrte ich noch etwas, und das war zweifellos ein verrosteter Schiffsanker.

      Ich setzte meinen Weg fort, ich kam in einen dichten Wald, und hier stieß ich wieder auf die Schmalspurbahn.

      Noch zehn Minuten, und dann vor mir ein grünes Tal, eine wundervolle Oase …

      Rote Ziegeldächer in Grün gebettet, weiße Häuserfronten, ein Park mit sauberen Wegen … mit Terrassen, Springbrunnen, Treppen, Pavillons.

      Ich bog in dem Hauptweg ein und schritt dem Wohnhause zu, – ich hatte viele Überraschungen hinter mir, traurige und freudige: Diese tote Farm verschlug mir den Atem!

      Wohnhaus?!

      Nein – ein schlichter, wuchtiger Palast war’s mit blinkenden Fenstern, freundlichen Fenstervorhängen … Vor der mächtigen Flügeltür auf der Terrasse stand Ethel Murray, neben ihr vier schwarze Diener. Zwei kamen mir entgegengelaufen mit einer Tragbahre. Der Oberst wurde von der Schleife gehoben. Man trug ihn ins Haus, man nahm mir die Pferde ab, und dann begrüßte mich Ethel mit einem lieben Lächeln …

      „Seien Sie mir willkommen, Mr. Abelsen …

      Ihre Hand lag in der meinen, und ich bracht kein Wort hervor.

      Denn diese Frau hier war niemals Ethel Murray, mochte sie ihr auch noch so ähnlich sehen.

      Ich war klug und verheimlichte meine Zweifel.

      „Ich habe mich sehr um Sie gesorgt,“ sagte ich nur.

      „Das war lieb von Ihnen, aber überflüssig,“ meinte sie herzlich und senkte den Blick.

      Ihre Stimme war weicher als die Ethels … Ethel freilich war rassiger und schöner.

      Was dies Paloma Ruxa?!

      „Kanarra, führe Mr. Abelsen auf seine Zimmer,“ befahl sie einem der tadellos in Weiß gekleideten Nigger. „Wir sehen uns in einer Stunde beim Frühstück wieder, lieber Mr. Abelsen … Bis dahin können Sie auch das Bad hinter sich haben. Es ist alles bereit.“

      Wir betraten die Vorhalle.

      In demselben Moment erscholl drinnen irgendwo in dem großen Hause ein wahnwitziger Schrei. Ich hörte dieselbe Stimme noch verzweifelter gellen:

      „Robb – – Robb, – – er stirbt!“

      Mich überlief es kalt, ich schaute die Frau neben mir forschend an, und sie erklärte merklich unsicher:

      „Es ist meine Zofe, Mr. Abelsen … Sie ist schwerkrank.“

      Dann öffnete sie rasch eine Tür und verließ mich. Der Diener Kanarra deutete auf die breite Treppe.

      „Bitte, Mr. Abelsen …“ –

      So hielt ich meinen Einzug in den Ruxa-Palast.

      Die tote Farm lebte noch …

      10. Kapitel

       Ein Frühstück zu dreien

       Inhaltsverzeichnis

      Und doch war der Palast nur eine leere Attrappe. Pietätvolle Hände hatten hier nach dem Zusammenbruch eines Riesenvermögens zu erhalten gesucht, was den Gläubigern entgangen war. – Meine beiden Zimmer waren dürftig möbliert. Das Bad zeigte deutliche Spuren schlecht verhehlten Verfalls, – dieselbe Beobachtung machte ich überall. Trotzdem: für mich war dieses Quartier mit seiner weiten Fernsicht über das fruchtbare Tal Rückkehr zu alledem, was ich aufgegeben hatte, weil ich es aufgeben mußte. Hier vereinte sich außerdem die Unberührtheit der Wildnis mit modernen Kulturerrungenschaften in so überaus glücklicher Art, daß wenige hundert Meter mich bereits wieder vollkommen frei machten von den Anwandlungen des Überdrusses, die nicht ausbleiben konnten.

      Kanarra, der Diener, kam und bat zu Tisch. Dieser Schwarze, ein älterer Mann, besaß das tadellose Benehmen eines Bediensteten aus vornehmem Hause. Er schritt mir voran über die Bastläufer der Flure und Treppen und öffnete im Erdgeschoß eine Tür, die in einen dreifenstrigen Speisesaal führte. Der große Raum lag nach der anderen Seite des Parkes zu, die ich noch nicht kannte. Ich sah durch die Fenster einen künstlichen Teich, von Palmen umrahmt, und jenseits des Wassers ein düsteres quadratisches Bauwerk mit einem goldenen Kreuz auf dem flachen Dach.

      In diesem Saale standen nur ein mittelgroßer Tisch, darum drei Stühle und daneben ein zweiter Tisch als Anrichte.

      Der Speisetisch war dafür um so kostbarer gedeckt. Uraltes Familiensilber, ein Tafelaufsatz mit Blumen und Früchten, – – aber all das bedeutete nichts gegenüber Ethel Murrays verwirrender Schönheit, – wenn diese Frau wirklich dieselbe war, die vorgestern als pudelnasser Flüchtling auf meine Insel kam. Vorhin, als sie mich vor dem Hause empfangen hatte, trug sie ein fußfreies Sportkostüm aus gelbem Leinen, das schon durch seinen unmodernen Schnitt den eigenartigen Liebreiz dieses jungen Weibes herabgesetzt haben mochte. Jetzt in diesem Stunde und Gelegenheit gut angepaßten fast überschicken, leicht seidenen Hauskleid in zartestem Lila mit einem schmalen Kragen fraglos echter Valenciennes-Spitzen erschien sie mir weit schöner als die andere, wenn sie eben eine andere sein sollte. Ganz sicher war ich mir meiner Sache nicht.

      Olaf Karl Abelsen, bist du nach Australien gekommen, um wieder einmal für Tage die Hände sehnsuchtsvoll nach einem unerreichbaren Glücksphantom auszustrecken …?! – so schoß es mir durch den Kopf, als ich mich über ihre Hand beugte und …

      Man verfällt zuweilen wieder in die entwürdigenden Narrheiten gesellschaftlicher Gebräuche.

      Zum Glück hatte ich auch Bell Dingo mit einem aufnahmefreudigen Blick gestreift, und seine feierliche Würde in einem leidlich sitzenden und etwas speckigen Smoking (ausgerechnet geblümter Schleife dazu!) bog meinen Kopf noch rechtzeitig von einem zart duftenden Frauenhandrücken hoch und zauberte ein Abelsen-Lächeln um meine frisch rasierten Lippen.

      „Frau Murray,“ sagte ich nur, „diese Überfülle von Kultur macht mich befangen … Ich bin das gar nicht mehr gewöhnt …“

      „Meinen Sie Freund Bell?“ fragte sie schlagfertig, und ein schalkhaftes Zucken um den frischen Mund besagte alles Weitere.

      Wir nehmen Platz. Dingo ließ sich von einem seiner schwarzen Landsleute bedienen, als wäre er selbst von unverfänglichster Hautfarbe.

      All das, was ich vorhin in der Badewanne als Schlachtplan mir zurechtgelegt hatte, reservierte ich mir für später, denn sobald ich auch nur den Versuch machte, das Gespräch auf die Angelegenheiten zu bringen, die uns doch wohl am nächsten lagen, bog entweder Ethel oder Bell wie auf Verabredung in