Science-Fiction-Romane: 33 Titel in einem Buch. Walther Kabel

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Название Science-Fiction-Romane: 33 Titel in einem Buch
Автор произведения Walther Kabel
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9788075835246



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bedauerlich, lieber Dingo. Wenn nun zum Beispiel jemand behauptete, der Ring sei gestohlen.“

      Er schaute mich klar und offen an. „Ai ai, – wer das behaupten, Lügner. Ich kein Dieb.“ Er hob die Faust. Der Ärmel des Seidenhemdes fiel zurück. Ich sah den Arm eines Athleten – nichts als Muskeln. „Wer das behaupten, muß dicke Hirnschale haben, ai ai … Meine Hand wie Schmiedehammer, Mussu … In Matrosenkneipe in Melbourne ich mußten tragen immer gepolsterte Handschuhe als Rausschmeißer … Rippen von Gäste zu schwach.“

      „Das glaube ich,“ und ich konnte mir leicht vorstellen, wie Dingo dort gewütet haben mußte.

      Er wechselte das Thema. „Mussu, du gar nicht schlafen?“

      „Nein, mein Sohn … Schlafen ist Angewohnheit. – Hast du Hunger?“

      „Ai ai, Essen sein Angewohnheit, Mussu. Erst reden über Kolonel Bluß und Polizei. – Was soll werden? Polizei warten draußen.“

      Der intelligente Schimmer in seinen Augen setzte mich abermals in Erstaunen.

      „…Polizei wollen Frau Murray fangen, Mussu. Du fangen lassen?“

      „Nein.“

      Da streckte er mir impulsiv die Hand hin. „Mussu, du anständiger Mussu sein …“

      Sein Händedruck hätte getrost weniger zärtlich sein können. Ich lege keinen Wert auf halb zerquetschte Finger.

      Er begann sich anzukleiden. „Ich kochen kann,“ meinte er mit der gewinnenden Selbstverständlichkeit seiner bescheidenen Natur. „Was kochen?“

      „Mir gleichgültig.“

      Er verduftete nach hinten zu, wo sich die Kammern befanden. Ob er mit den elektrischen Kochplatten fertig wurde, war seine Sache.

      Ein Blick auf die Uhr: Fünf Uhr morgens. – Ich gähnte matt. – Schlafen?! Würde der nahende Tag nicht vielleicht größere Anforderungen an meine Kräfte stellen? –

      Ich schlief in der Sofaecke. Ich schlief so, wie Coy mich das Schlafen gelehrt hat. Man lernt das nur in den Pampas bei den Araukanern, glaube ich: Schlafen und doch wach sein.

      Eine Tür öffnete sich. Ich war munter.

      „Habe ich gestört?“ fragte Ethel Murray, die frisch und rosig vor mir stand. Sie war verteufelt schön … Frauen zur Morgenstunde sind wie süße Babys, die blinzelnd und krähend ihr Erwachen ankünden.

      Sie fragte etwas unsicher, und ihr Blick wanderte sofort zum abgeblendeten Fenster.

      „Oh, das grüne Wasser wirkte so hübsch … Weshalb schlossen Sie die Blende, Herr Abelsen? Ist etwas geschehen?“

      Ich verneigte mich. „Scheint so. Zunächst ist das eine geschehen: Sie kennen meinen Namen.“

      „Wenn Sie in Ihrem Schlafzimmer Teile eines Manuskriptes liegen lassen, das nur Ihr Erleben behandeln kann …“

      „Ach so – indiskret!“

      „Ich wollte wissen, wo ich bin und mit wem ich es zu tun habe: Selbsterhaltungstrieb, Herr Abelsen.“

      „Ganz recht. Vor dem eigenen Ich fallen die Rücksichten. – Nehmen Sie Platz … Bell Dingo wird das Frühstück sofort servieren, Gnädigste.“

      Sie lachte. „Als Kavalier mag ich Sie nicht. Als Mann sind Sie mir lieber. – Ist nichts passiert!“

      „Nichts … Das Dynamit scheint Mr. Bluß etwas feucht geworden zu sein. Wie geht es Ihrem Bein, – verzeihen Sie?“

      Sie trug jetzt Strümpfe, Herrensocken, viel zu groß für ihre Füßchen.

      „Es geht und ich gehe,“ erklärte sie leichthin.

      Wir horchten gleichzeitig auf … Irgendwo ein Knall, – ein wildes Brüllen, das selbst durch die Eisentüren drang. Ich stürzte in die Küche … Hinter mir drein kam Ethel …

      In der Küche lag Bell Dingo auf dem Rücken, und seines Anzugs weiße Pracht und sein Gesicht waren über und über mit einer grünlichen schaumigen Masse bedeckt. Neben ihm aber lagen ein Büchsenöffner und eine Vierpfundbüchse Apfelmus – gegorenes Apfelmus, längst verdorben, und natürlich war die Büchse explodiert, als Bell Dingo kaum erst ein Löchlein in den Deckel gebohrt.

      Unser unendliches Gelächter veranlaßte den armen Kerl, sich langsam aufzurichten. Seine Blicke hätten einen Tiger rühren können. Er schämte sich. Er hatte wohl noch nie die Kraft gegorener Konserven kennen gelernt.

      „Ai ai – das großer Schreck,“ meinte er tief bekümmert und wischte sich die Augen aus.

      In demselben Moment verspürte ich ein geringes Schwanken meines Heims. Die Ebbe war vorüber, und die Flut hatte das Wasser auch hier in der Bucht so weit steigen lassen, daß die Insel jetzt schwamm.

      „Wir treiben,“ sagte ich zu Ethel. „Wenn Kolonel Bluß uns nicht gerade irgendwo und irgendwie vertäut hat, wird die Strömung uns wieder ins offene Meer führen. Kommen Sie … Öffnen wir die Blende, ich …“

      Ethel Murrays bitter enttäuschter Miene war so wenig der Sachlage angemessen, daß ich sie erstaunt musterte. „Verstehen Sie doch, Frau Murray: Die Flut bedeutet für uns die Freiheit!“ wiederholte ich nochmals. „Ich habe darauf gehofft … Ich glaube kaum, daß Bluß an das Steigen des Wassers gedacht hat.“

      Sie nickte schwach. „Nein, wohl nicht, Herr Abelsen …“ Und dann lächelte sie erfreut … „Ich bin eine Kapitänsfrau und stelle mich so töricht an …! Gehen wir … Öffnen wir die Blende.“

      Sie war offen, ich hatte sie soeben zurückgeschoben, und Ethel preßte ihre Wange dicht an das Glas und beobachtete die Seepflanzen draußen. Wir sahen nur noch die höchsten dieser Vertreter der Unterseeflora, aber diese wenigen fahlen dünnen Stengel schwankten lediglich sanft hin und her, ohne vorüberzugleiten.

      „Wir treiben leider nicht,“ erklärte ich achselzuckend. „Bluß hat uns doch vor Anker gelegt.“

      Ethel seufzte fast zu nachdrücklich. „ Halten Sie das für gewiß, Herr Abelsen?“

      Ihre Frage erschien mir überflüssig, und ich war unhöflich genug, nur mit einer schroffen Handbewegung zu antworten. Mir ging jetzt anderes durch den Kopf. Unsere Lage war keineswegs rosig. Im Gegenteil, – Coy Cala, der Unvergeßliche, hätte sicherlich ein übles Gesicht geschnitten und nach seinem Allheilmittel gegriffen. Die Eingeweidewürmer hatten ihm stets böse zugesetzt, und ein Wasserbecher voll Whisky half ihm sogar über die schwierigsten Sorgen hinweg.

      Grübelnd schaute ich in das grüne Wasser hinaus. Es hatte zarte, helle Farben. Oben mußte die Sonne scheinen. Oben, wo der Feind lauerte. Was tun?! Ich war mit meiner Weisheit am Rande. Nur eins konnte ich noch versuchen: Die Insel bei diesem höheren Wasserstand noch mehr tauchen lassen. Vielleicht, daß dann die höchsten Bimssteinklippen unter Wasser verschwanden und Kolonel Bluß dem unheimlichen Eiland den Rücken kehrte und abzog.

      „Wo wollen Sie hin?“ rief Ethel mir nach, als ich den Vorraum betrat und die Tür schon halb geschlossen hatte.

      „Ein letzter Versuch in Ihrem Interesse,“ meinte ich nur.

      Ihre Stirn krauste sich.

      „Warten Sie doch damit,“ sagte sie in einem Tone, der mir an ihr neu war. Sie merkte wohl, daß ich diese ihre Einmischung falsch beurteilen könnte. „Man soll das Letzte erst dann versuchen, wenn die Not aufs höchste gestiegen ist,“ fügte sie rasch hinzu und lächelte mich verlegen an.

      „Noch fünf Stunden, und wir ersticken hier, dann ist nämlich die Luft verbraucht,“ entgegnete ich nur und trat an die Schalttafel.

      Sie stand neben mir. „Oh, das alles müssen Sie mir erklären, Herr Abelsen …“ und sie tippte auf die verschiedenen Hebel.

      Ich wollte gerade nicht eben freundlich entgegnen, daß jeder