Science-Fiction-Romane: 33 Titel in einem Buch. Walther Kabel

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Название Science-Fiction-Romane: 33 Titel in einem Buch
Автор произведения Walther Kabel
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9788075835246



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      Ein mißtrauischer Blick traf die schöne Frau, aber sie hatte nur Interesse für die große Schalttafel.

      „Ihre Insel ist ein technisches Wunder,“ flüsterte sie begeistert.

      „Allerdings,“ sagte ich ironisch. „Und es geschehen immer mehr Zeichen und Wunder, Frau Murray …“

      Nein, sie hatte die Täfelchen nicht losgeschraubt. Sie nicht. Wer sonst?! Bell Dingo etwa?!

      Ich packte den einen Hebel, drückte ihn noch weiter nach links.

      „Was bedeutet das, Herr Abelsen?“ wollte Ethel wissen.

      „Die Tanks füllen sich noch mehr, und die Insel sinkt tiefer …“

      Hinter uns eine rauhe, laute Stimme:

      „Ai ai, Mussu, – das doch falsche Hebel sein …! Mussu sich irren …“

      Ich wandte mich um. Bell Dingo schaute mich auffällig scharf an.

      „Du hast recht,“ nickte ich und warf den Hebel nach der anderen Seite. „Frau Murray, vielleicht helfen Sie unserem Freunde ein wenig in der Küche. Sein Verbrauch an weißen Anzügen dürfte sonst meine Vorräte übersteigen … Er könnte noch eine gegorene Büchse öffnen.

      Bell Dingo erstrahlte schon wieder in reinstem Weiß.

      Die beiden entfernten sich. Ethel sehr zögernd.

      Ich blickte lange auf die leeren Stellen, wo sich die Schildchen befunden hatten. Die Schrauben waren sauber in die Löcher eingefügt. – Bell Dingo etwa?! Und weshalb?! Wer war Ethel Murray?!

      6. Kapitel

       Die fünf Gräber

       Inhaltsverzeichnis

      Wir hatten gefrühstückt. Freund Dingo hatte erneut bewiesen, daß seine sauberen Finger keine bloße Äußerlichkeit waren. Er benahm sich beim Essen durchaus gebildet, mehr noch, er spielte sogar Kavalier, bediente Ethel Murray mit Aufmerksamkeit und Geschick und heimste dafür ein paar anerkennende Worte und einen freundlichen Blick ein. Er war für Ethel kein verächtlicher Nigger mehr.

      Es war jetzt zehn Uhr. Mein Versuch, die Insel von der Verankerung zu befreien, war fehlgeschlagen. Kolonel Bluß hatte wahrscheinlich Stahltrossen benutzt, und wir lagen bereits so gut wie in Eisen. Was Ethel über ihn beim Frühstück erzählt hatte, vervollständigte nur das Charakterbild eines rücksichtslosen Draufgängers, der unter der glühenden Sonne Australiens alle weichen Empfindungen von sich geworfen hatte wie höchst überflüssige Kleidungsstücke.

      Und das Schlimmste: Ich merkte schon seit einer Stunde, daß die Luft, die wir atmeten, immer sauerstoffarmer wurde. Da halfen auch die überall geöffneten Türen nichts, – die Luft war verbraucht, und das Gefühl der Benommenheit und Müdigkeit steigerte sich immer mehr.

      Ethel hatte matte Augen, Bell Dingo schlich müde mit dem Geschirr in die Küche, und ich zermarterte mir den Kopf, wie uns zu helfen sei. Als allerletzte Reserve war noch eine Stahlflasche Sauerstoff vorhanden. Aber ich wollte sie nicht öffnen, sie mußte unbedingt für die Stunde äußerster Not zurückgelegt werden.

      Der Schwarze klapperte in der Küche mit den Tellern, ich stand vor dem Fenster und beobachtete die neugierigen Fische. Sie hatten es besser wie wir, sie waren frei, sie tummelten sich eifrig in ihrem Element und machten sich keine Sorgen Frau Ethels wegen.

      Und Ethel war so still und bedrückt geworden.

      „Würden Sie sich mit Bluß in Unterhandlungen einlassen?“ fragte sie leise.

      „Vielleicht …“

      „Und – mich preisgeben?“

      „Niemals!“

      Da trat sie neben mich, und der Duft ihres Leibes umwehte mich mit lockendem Zauber. Sie legte mir die Hand leicht auf die Schulter. „Sie sollen mich preisgeben,“ sagte sie fest. „Im schlimmsten Falle wird man mich ein paar Jahre wegen Gefangenenbefreiung einsperren. Was liegt daran?!“

      Ihre Nähe war mir unbehaglich. Ich hatte noch keine Gelegenheit gehabt, mit Bell Dingo über das Schaltbrett zu sprechen, und ich traute ihr nicht.

      „Aber an meiner Freiheit liegt mir sehr viel,“ meinte ich brüsk. „Ich habe Bluß’ Befehle bereits genügend mißachtet. Er wird auch mich nicht schonen, und auf eine Kerkerzelle und Handschellen lege ich keinerlei Wert.“

      Sie war feinfühlig genug, zurückzutreten und wieder ihren Sofaplatz aufzusuchen. Ich ging zu Freund Dingo in die Küche und schloß die Tür. Er rieb einen Teller trocken, er hatte eine große Schürze vorgebunden und sein Gesicht verriet keinerlei Schuldbewußtsein.

      „Weshalb hast du die Schilder abgeschraubt?“

      Sein harmloser Augenaufschlag hätte einem Schauspieler Ehre gemacht.

      „Ai ai, – wollten Schilder putzen,“ sagte er mit erstaunlicher Frechheit.

      Ich war dicht vor ihm. Meine Blicke durchbohrten ihn.

      „Sollte Ethel Murray die Schilder nicht sehen?“ fragte ich schärfsten Tones.

      Er grinste beängstigend breit.

      „Warum Frau nicht sollen sehen, ai ai, Mussu?! Warum nicht?! Sind schon geputzt … Da liegen … Ich nachher sie anschrauben.“

      Auf dem Tische lagen die zehn in Messing gefaßten Schildchen und auch die zehn Richtungsanzeiger halb unter einem Handtuch. Sie waren blitzsauber.

      „Bell Dingo, du bist entweder ein ganz geriebener Schwindler oder ein Sauberkeitsfanatiker,“ meinte ich, bereits überzeugt, daß mein Argwohn lächerlich gewesen sei. „Du glaubst also wirklich, daß unsere Kameradin Ethel Murray ist?“

      „Ai ai, Mussu, – Bild in Zeitung beweisen alles … Warum sollten Frau so lügen?! Kein Grund, ich denken …!“

      Er stellte den Teller weg, und ich begab mich in den Vorraum. Mein Entschluß war gefaßt. Ich würde die Insel nun emportauchen lassen und alles auf eine Karte setzen. So schnell wie möglich sollte sie emporsteigen, bevor noch der Polizeikutter vom Ufer heranschießen konnte.

      Und sie stieg empor. Die Druckpumpen arbeiteten, – ich beobachtete den Tiefenmesser …

      Jetzt mußte die Falltür bereits über dem Wasser liegen, jetzt war es Zeit. Ich sprang die Eisentreppe empor, löste die Schrauben, drückte die Tür hoch, war droben auf dem feuchten Gestein im gleißenden Sonnenlicht … Ein Blick rundum …

      Vor mir nach Süden in zweihundert Meter Entfernung ein heller Sandstreifen, dahinter Sanddünen, vermischt mit nackten dunklen Felsen und einigen Streifen Gestrüpp …

      Ich hatte das Fernglas mitgenommen, ich stellte es ein, suchte das Ufer ab …

      Leer … Keine Menschenseele. Nur Vögel …

      Doch halt: Dort an der einen Stelle, – ja, dort lagen zwei Leute im Schatten der Büsche. Und die schlichte Uniform kannte ich. Es waren Buschpolizisten. Aber sie schliefen. Sie hatten sich sogar zum Schutz gegen fliegendes Ungeziefer ihre bunten Taschentücher über die Gesichter gedeckt.

      Nach einer Falle sah das nicht aus. Wenn Kolonel Bluß etwas gegen mich hätte unternehmen wollen, mußte er unbedingt ein Boot bereithalten. Es war kein Boot da.

      Ich rief Dingo. Im Nu hatten wir das kleine Aluminiumboot nach oben geschafft. Ethel Murray war derweil unten am Inselstrand und empfing uns hier mit der Meldung, daß das Eiland mit zwei Stahltrossen verankert sei. Sie war glückselig, weil der Kolonel hier offenbar nur die beiden Wachen zurückgelassen hatte. Sie drückte mir die Hand, sie trieb Dingo zur Eile an, denn er wollte zunächst allein hinüberrudern und die beiden Gegner entwaffnen …

      „Mussu, – ich das können,“ hatte er schlicht erklärt. „Ich sein zweibeiniger